Potsdam (Reuters) - Mit verhärteten Fronten sind die Tarifparteien im öffentlichen Dienst in ihre vorerst letzte Verhandlungsrunde gestartet.
Verdi-Chef Frank Bsirske sagte am Donnerstag in Potsdam, das bisherige Angebot der Arbeitgeber sei in den Betrieben als "Ausdruck von Geringschätzung und Missachtung" sowie als "Ignoranz gegenüber der Leistung der Beschäftigten" empfunden worden. Ohne Einigung auf spürbare Lohnsteigerungen drohe eine Eskalation. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere sagte, die Beschäftigten verdienten eine angemessene Lohnerhöhung, "aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel". Die Arbeitgeber seien "abschlussfähig und abschlussbereit". Nach den seiner Ansicht nach unverhältnismäßigen Warnstreiks müsse man nun nach vorne schauen.
Die Gewerkschaften fordern für die mehr als zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen sechs Prozent mehr Geld und eine Anhebung der Ausbildungsvergütung um 100 Euro pro Monat. Nicht ausgeschlossen wird, dass sich die bis Freitag angesetzten Gespräche in das Wochenende hineinziehen.
Bsirske sagte, eine Eskalation der Auseinandersetzung wäre von den Rahmenbedingungen her nicht erklärbar. Denn Konjunkturlage und Einnahmesituation der Haushalte seien außergewöhnlich günstig. Der Verhandlungsführer des Beamtenbundes (dbb), Willi Russ, sagte, das bisherige Angebot der Arbeitgeber sei "Lichtjahre von der Gewerkschaftsforderung entfernt. Die Beschäftigten ließen sich nicht über den Tisch ziehen.
Die Arbeitgeber haben ein Plus von drei Prozent verteilt auf zwei Jahre angeboten. Verdi und dbb beklagen jedoch, das Angebot sei mit einem Reallohnverlust verbunden, da die Erhöhung in zwei Stufen jeweils zum 1. Juni dieses und nächsten Jahres geplant sei. Auf das Jahr bezogen bedeute das Angebot 0,6 Prozent mehr Gehalt im laufenden Jahr und 1,2 Prozent 2017.
Verdi hatte in den vergangenen Tagen mit massiven bundesweiten Warnstreiks den Druck erhöht. Durch Ausstände an sechs Airports war auch der Flugverkehr stark behindert worden. Auch vor dem Tagungshotel demonstrierten zahlreiche Angestellte des öffentlichen Dienstes und begrüßten die Arbeitgebervertreter mit der Plakataufschrift "Wir lassen uns nicht rupfen".
Streitthemen der Verhandlungen sind auch die betriebliche Zusatzvorsorge und die Eingruppierung von Beschäftigten in bestimmte Entgeltgruppen. Das Ergebnis der Tarifverhandlungen wird in der Regel auf die etwa 180.000 Beamten und Richter sowie die 179.000 Versorgungsempfänger des Bundes übertragen.