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Japan vor Rechtsruck - Regierungswechsel bei Unterhauswahl erwartet

Veröffentlicht am 14.12.2012, 09:03
TOKIO (dpa-AFX) - Gut drei Jahre nach dem klaren Sieg der Demokratischen Partei DPJ von Ministerpräsident Yoshihiko Noda bahnt sich in Japan ein erneuter Regierungswechsel an. Die oppositionelle Liberaldemokratische Partei LDP des rechtskonservativen früheren Premiers Shinzo Abe kann sich nach ihrer historischen Niederlage 2009 zumindest laut Umfragen Hoffnung machen, bei der Wahl zum Unterhaus des Parlaments am 16. Dezember wieder an die Macht zu kommen.

Andererseits sind rund 40 Prozent der Wähler noch unentschlossen, sicher kann sich die LDP daher nicht sein. Die Zustimmungswerte sind mit rund 20 Prozent zudem nicht gerade berauschend; viele Japaner haben noch nicht die Jahre der LDP-Regierungen voller Skandale, Vetternwirtschaft und politischer Trägheit vergessen. Genau dafür hatten die Wähler sie vor drei Jahren auch abgestraft.

Lediglich die inzwischen noch schlechteren Zustimmungswerte für die regierenden Demokraten von Premier Noda lassen die LDP besser dastehen. Abes Rückkehr als Partei- und möglicherweise bald auch als Regierungschef sehen Kritiker jedoch als einen Rückfall in eine alte Ära, als die jahrzehntelang regierende LDP Milliarden in öffentliche Bauprojekte pumpte und Japan so zum Schuldenstaat machte.

'Die Frage bei dieser Unterhauswahl ist, ob wir weitermachen mit dem, was wir tun sollten, oder zurückkehren zur alten Politik', wird der amtierende Premier Noda nicht müde, seinem Volk bei seinen Wahlkampfauftritten die Bedeutung des Urnengangs zu vermitteln. Japan stehe vor einer Richtungswahl. Bewahrheiten sich jüngste Umfragen, wird Nodas Demokratische Partei eine katastrophale Niederlage erleiden. Drei Ministerpräsidenten haben das Land seit der Machtübernahme der DPJ vor drei Jahren regiert. Doch die Hoffnung auf große Veränderungen, die der Partei 2009 zu ihrem spektakulären Wahlsieg verholfen hatte, ist längst breiter Desillusion gewichen.

'Die DPJ hat kaum etwas von dem verwirklicht, was sie versprochen hat', erklärt der politische Analyst Minoru Morita. Im Gegenteil, die Wähler fühlten sich von der DPJ 'hintergangen'. Dazu trug die Verdopplung der Verbrauchssteuer von 5 auf 10 Prozent bis Oktober 2015 bei - was nicht im Wahlmanifest der DPJ 2009 gestanden hatte. Doch Noda bewegte echte Sorge um sein Land zu diesem Schritt, denn Japans Staatsverschuldung ist bereits die höchste unter den Industriestaaten und die Sozialversicherungskosten steigen weiter.

Nodas Vorgänger hatten sich vor einer solchen Steuererhöhung stets gedrückt oder waren darüber gestürzt. Doch Noda gelang es, das Oppositionslager zur Zustimmung zu gewinnen mit dem Versprechen, im Gegenzug dafür vorzeitig Neuwahlen anzuberaumen. Und das mitten in einem Umfragetief. Dutzende Abgeordnete der DPJ kehrten der Partei aus Protest über Nodas Vorgehen den Rücken. Doch Noda nahm dies hin. Nicht nur, weil er nicht als Lügner dastehen wollte. Sondern vielleicht auch, wie manche Beobachter vermuten, um die Spreu vom Weizen zu trennen und das Profil seiner Partei zu schärfen.

Die Regierungszeit der DPJ stand von Anbeginn unter keinem guten Stern. Sie musste ebenso mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise kämpfen wie mit den Folgen der Atomkatastrophe in Fukushima nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami vom 11. März 2011. Hinzu kommen die angespannten Beziehungen zu China, Südkorea und dem eigenen Bündnispartner USA, die jedoch zum Teil selbstverschuldet sind.

Gerade die in jüngster Zeit wiederaufgeflammten Inselstreitigkeiten mit China und Südkorea spielen Politikern wie LDP-Chef Abe in die Hände, die eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung und eine härtere Linie gegenüber den Nachbarstaaten befürworten. Der 58 Jahre alte frühere Premier, der 2007 nach nur einem Jahr wenig ruhmvoller Regierungsarbeit wegen stressbedingter Verdauungsstörungen zurückgetreten war, will unter anderem die Rolle der Selbstverteidigungsstreitkräfte stärken.

Abe, der es ablehnt, die vom japanischen Militär im Zweiten Weltkrieg erzwungene sexuelle Sklaverei anzuerkennen, hatte sich als Premier für mehr Disziplin und Patriotismus an Schulen eingesetzt. Neben seinem Auftreten als außenpolitischer Hardliner sorgte er im laufenden Wahlkampf zudem für Aufsehen mit seiner Forderung nach einer drastischen Lockerung der Geldpolitik, um Japan aus der Deflation und Wirtschaftskrise zu reißen, was jedoch bei Kritikern bereits Sorgen über die Unabhängigkeit der Notenbank auslöste.

Behalten Umfragen recht, kann die LDP mit einer Mehrheit der Sitze im Unterhaus rechnen - jene Partei, die Verantwortung für eine Atompolitik trägt, bei der jahrzehntelang Sicherheitsfragen wie in Fukushima vernachlässigt wurden und die auch weiter an der Kernenergie festhält. Trotzdem könnte sie bei der Wahl stärkste Kraft werden. Sollte es der LDP allerdings entgegen jüngsten Umfragen nicht gelingen, sich die Mehrheit im Unterhaus zu sichern, wäre sie auf Koalitionspartner angewiesen.

Für diesen Fall bietet sich die vom charismatischen Bürgermeister von Osaka, Toru Hashimoto, gegründete Protestpartei an, die Restaurationspartei für Japan. Er und Abe teilen viele konservative Ansichten. Hashimotos Partei, deren Vorsitzender der glühende Nationalist Shintaro Ishihara ist, hofft, zur wahlentscheidenden dritten Kraft zu werden. Beobachter erwarten denn auch, dass es bei der Unterhauswahl zu einem Rechtsruck kommt./ln/DP/kja

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