Börsen-Zeitung: Flickwerk statt Reform, Kommentar zu den
US-Staatsfinanzen von Peter De Thier
Frankfurt (ots) - Mit einem faulen Kompromiss konnten US-Präsident
Barack Obama und die republikanische Opposition zwar den Sturz von
der Fiskalklippe abfedern. Zeit, um sich auf dem Lorbeer auszuruhen,
bleibt aber kaum. Denn nun hat die nächste Hiobsbotschaft den Druck
auf die Politiker in Washington verstärkt, sich rasch zu einer
tragfähigen Lösung der Schuldenkrise durchzuringen. Das gesetzliche
Schuldenlimit von derzeit 16,4 Bill. Dollar wird nämlich nicht, wie
zunächst angenommen, im März erreicht sein, sondern einen Monat
früher. Bereits Mitte Februar hören jene Bilanztricks, mit denen
US-Finanzminister Timothy Geithner seit Silvester die Staatsfinanzen
manipuliert, auf zu wirken. Dann könnte das Budget der USA
eingefroren werden, der staatliche Verwaltungsapparat wäre so gut wie
lahmgelegt.
Natürlich ist anzunehmen, dass Regierung und Opposition in letzter
Sekunde wieder zähneknirschend ein Maßnahmenbündel vereinbaren
werden, mit dem Schlimmeres abgewendet werden kann. Unweigerlich
drängt sich aber der Verdacht auf, dass es sich wie immer um
Flickwerk handeln wird. So will Obama die Debatte um die
Schuldengrenze für längere Zeit aussetzen. Die Republikaner werden
aber bestenfalls bereit sein, das Limit geringfügig zu erhöhen, und
werden im Gegenzug tiefe Einschnitte bei gesetzlichen
Ausgabenprogrammen verlangen. Sicher ist nur eines: Bis zur Deadline
im Februar wird es auf keinen Fall gelingen, jene umfassende und
dringend notwendige Haushaltsreform zu verabschieden, die sich eignen
könnte, die Staatsfinanzen langfristig wieder ins Lot zu bringen.
Bemerkenswert ist, wie Politiker beider Parteien mittlerweile
einen kollektiven Verdrängungsmechanismus entwickelt haben, mit dem
sie das drohende Schuldendesaster immer wieder verharmlosen. Statt im
eigenen Hinterhof zu kehren, sprechen sie schon wieder von jenen
Risiken, die von der Euro-Krise ausgehen. Dabei steuert die
Verschuldungsquote der weltgrößten Volkswirtschaft ebenfalls längst
auf griechische Verhältnisse zu.
Die Augenwischerei kann nur so lange weitergehen, wie die Märkte
und vor allem die Notenbank mitspielen. Ohne das durch Staatsanleihen
aufgeblähte Portfolio der Fed hätte Geithner große Probleme, den
wachsenden Schuldenberg zu finanzieren, glaubt eine wachsende Zahl
von Ökonomen. Zwar will Notenbankchef Ben Bernanke die
Anleihenkaufprogramme vorläufig fortsetzen. Doch der Widerstand in
den eigenen Reihen wächst. Die Schuldenkrise kann die Fed ohnehin
nicht lösen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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US-Staatsfinanzen von Peter De Thier
Frankfurt (ots) - Mit einem faulen Kompromiss konnten US-Präsident
Barack Obama und die republikanische Opposition zwar den Sturz von
der Fiskalklippe abfedern. Zeit, um sich auf dem Lorbeer auszuruhen,
bleibt aber kaum. Denn nun hat die nächste Hiobsbotschaft den Druck
auf die Politiker in Washington verstärkt, sich rasch zu einer
tragfähigen Lösung der Schuldenkrise durchzuringen. Das gesetzliche
Schuldenlimit von derzeit 16,4 Bill. Dollar wird nämlich nicht, wie
zunächst angenommen, im März erreicht sein, sondern einen Monat
früher. Bereits Mitte Februar hören jene Bilanztricks, mit denen
US-Finanzminister Timothy Geithner seit Silvester die Staatsfinanzen
manipuliert, auf zu wirken. Dann könnte das Budget der USA
eingefroren werden, der staatliche Verwaltungsapparat wäre so gut wie
lahmgelegt.
Natürlich ist anzunehmen, dass Regierung und Opposition in letzter
Sekunde wieder zähneknirschend ein Maßnahmenbündel vereinbaren
werden, mit dem Schlimmeres abgewendet werden kann. Unweigerlich
drängt sich aber der Verdacht auf, dass es sich wie immer um
Flickwerk handeln wird. So will Obama die Debatte um die
Schuldengrenze für längere Zeit aussetzen. Die Republikaner werden
aber bestenfalls bereit sein, das Limit geringfügig zu erhöhen, und
werden im Gegenzug tiefe Einschnitte bei gesetzlichen
Ausgabenprogrammen verlangen. Sicher ist nur eines: Bis zur Deadline
im Februar wird es auf keinen Fall gelingen, jene umfassende und
dringend notwendige Haushaltsreform zu verabschieden, die sich eignen
könnte, die Staatsfinanzen langfristig wieder ins Lot zu bringen.
Bemerkenswert ist, wie Politiker beider Parteien mittlerweile
einen kollektiven Verdrängungsmechanismus entwickelt haben, mit dem
sie das drohende Schuldendesaster immer wieder verharmlosen. Statt im
eigenen Hinterhof zu kehren, sprechen sie schon wieder von jenen
Risiken, die von der Euro-Krise ausgehen. Dabei steuert die
Verschuldungsquote der weltgrößten Volkswirtschaft ebenfalls längst
auf griechische Verhältnisse zu.
Die Augenwischerei kann nur so lange weitergehen, wie die Märkte
und vor allem die Notenbank mitspielen. Ohne das durch Staatsanleihen
aufgeblähte Portfolio der Fed hätte Geithner große Probleme, den
wachsenden Schuldenberg zu finanzieren, glaubt eine wachsende Zahl
von Ökonomen. Zwar will Notenbankchef Ben Bernanke die
Anleihenkaufprogramme vorläufig fortsetzen. Doch der Widerstand in
den eigenen Reihen wächst. Die Schuldenkrise kann die Fed ohnehin
nicht lösen.
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