BERLIN (dpa-AFX) - Thomas Oppermann spricht von einem Ei, das sich die Kanzlerin da ins Nest gelegt habe. 'Wir wollen mal schauen, was da am Ende ausgebrütet wird', sagt der SPD-Fraktionsgeschäftsführer. Dann verspricht er sich in fast Freudscher Manier. Man gehe mit der klaren Forderung, eine Finanzmarktsteuer einzuführen, 'in den Wahlkampf', sagt Oppermann. Meinen tut er aber die Verhandlungen über den EU-Fiskalpakt. Da Angela Merkel dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag braucht, ist gerade die SPD das Zünglein an der Waage.
Unklar ist, ob sich die Regierung nicht so recht bewusst war, dass für die Zustimmung zum Fiskalpakt eine solche Hürde zu nehmen ist. Das Kabinett segnete am Mittwoch den Gesetzentwurf ab, mit dem strengere Haushaltsregeln für fast alle EU-Staaten bis Mitte Juni auch in deutsches Recht umgesetzt werden sollen. Da aber damit auch andere EU-Staaten Deutschland bei schluderiger Haushaltsführung vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen können, muss Merkel nun mit SPD und Grünen um deren Zustimmung ringen.
Gerade die Sozialdemokraten sind dabei in einer unangenehmen Lage. Die Basis will kein weiteres Signal für eine große Koalition, also das pflichtbewusste Absegnen von Merkels Europapolitik. Die Devise lautet hier: Egal, wie viel eine Besteuerung von Finanzgeschäften letztlich bringen mag - die Mitverursacher der Krise sollen endlich zur Kasse gebeten werden. Gleichwohl kann es sich die Partei nicht leisten, den Fiskalpakt durchfallen zu lassen und Merkel mit einem Scheitern ihres Lieblingsprojektes in ganz Europa zu blamieren.
Der SPD ist die Steuer, die zunächst auch nur in der Eurozone eingeführt werden könnte, so wichtig, weil deren Einnahmen für ein milliardenschweres Wachstumspaket in Europa genutzt werden könnten. Das Ziel: Staaten wie Griechenland sollen nicht kaputtgespart werden und in einen Teufelskreis von immer weiteren Hilfspaketen geraten. Letztlich würde davon auch Deutschland profitieren, heißt es. Die EU-Kommission hält jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden Euro für möglich.
'Haushaltsdisziplin ist notwendig, aber sie ist nicht hinreichend, um die Krise in Europa zu lösen', betont Oppermann. Der Fiskalpakt müsse daher um Finanzsteuer und ein Wachstumspaket ergänzt werden. Union und FDP warnen die SPD vor parteitaktischen Spielchen. 'Das sind unsittliche Geschäfte', sagt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle.
Ein 'Junktim' - also Zustimmung nur gegen Finanzsteuer - wollen SPD und Grüne bisher nicht aufstellen. Details über die Steuer sollen Verhandlungsmasse sein. 'Vorher keine Pflöcke einzuschlagen ist eine Grundregel für moderne Verhandlungsführung', wird betont. 'Wir werden sehen, ob wir oder Union und FDP die besseren Nerven haben', sagt ein führender Genosse. Gerade die SPD sieht sich ein klein wenig als Pokerspieler. Wer zu früh die Karten offenlegt, verliert.
Die SPD setzt darauf, dass Merkel den FDP-Widerstand gegen eine umfassende Börsensteuer bricht - und sich so ein wenig für die ihr von den Liberalen bei der Nominierung von Bundespräsidentenkandidat Joachim Gauck beigefügte Niederlage rächen könnte. 'Die FDP weiß, sie muss springen, das macht sie nervös', heißt es im Willy-Brandt-Haus mit Blick auf Aussagen von FDP-Chef Philipp Rösler.
Der hatte versucht, den Druck an die SPD weiterzureichen und an ihr europäisches Ehrgefühl zu appellieren. 'Jetzt müssen die Sozialdemokraten Farbe bekennen - oder lassen Sie Europa im Stich?', sagte Rösler wörtlich. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier betont, auch die Finanzakteure müssten endlich ihren 'gerechten Beitrag' leisten. 'Die EU-Mitgliedsstaaten dürfen nicht weiter bluten.'
Anders als auf die SPD kommt es auf die Grünen - gemessen an den Sitzanteilen im Bundestag - nicht an. Aber die SPD will sich eng mit der Partei abstimmen, um den Druck zu erhöhen. Die Grünen machen klar: Die Kanzlerin soll die Finanztransaktionssteuer im Euroraum noch im Mai auf den Weg bringen. Aber die Partei will dies nur als Forderung, nicht als Bedingung verstanden wissen.
Merkel, so das Kalkül der Grünen, möchte mit deutscher Geschlossenheit bei den anderen EU-Regierungschefs trumpfen. Auch in Europa habe man zur Kenntnis genommen, wie stark es im Berliner Regierungsgebälk knirscht. Da könnte ein breiter Rückhalt der Opposition, so denkt man bei den Grünen, die Kontinuität Deutschlands zeigen - wer weiß schon, wer ab 2013 regiert?/ir/bw/DP/tw
Unklar ist, ob sich die Regierung nicht so recht bewusst war, dass für die Zustimmung zum Fiskalpakt eine solche Hürde zu nehmen ist. Das Kabinett segnete am Mittwoch den Gesetzentwurf ab, mit dem strengere Haushaltsregeln für fast alle EU-Staaten bis Mitte Juni auch in deutsches Recht umgesetzt werden sollen. Da aber damit auch andere EU-Staaten Deutschland bei schluderiger Haushaltsführung vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen können, muss Merkel nun mit SPD und Grünen um deren Zustimmung ringen.
Gerade die Sozialdemokraten sind dabei in einer unangenehmen Lage. Die Basis will kein weiteres Signal für eine große Koalition, also das pflichtbewusste Absegnen von Merkels Europapolitik. Die Devise lautet hier: Egal, wie viel eine Besteuerung von Finanzgeschäften letztlich bringen mag - die Mitverursacher der Krise sollen endlich zur Kasse gebeten werden. Gleichwohl kann es sich die Partei nicht leisten, den Fiskalpakt durchfallen zu lassen und Merkel mit einem Scheitern ihres Lieblingsprojektes in ganz Europa zu blamieren.
Der SPD ist die Steuer, die zunächst auch nur in der Eurozone eingeführt werden könnte, so wichtig, weil deren Einnahmen für ein milliardenschweres Wachstumspaket in Europa genutzt werden könnten. Das Ziel: Staaten wie Griechenland sollen nicht kaputtgespart werden und in einen Teufelskreis von immer weiteren Hilfspaketen geraten. Letztlich würde davon auch Deutschland profitieren, heißt es. Die EU-Kommission hält jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden Euro für möglich.
'Haushaltsdisziplin ist notwendig, aber sie ist nicht hinreichend, um die Krise in Europa zu lösen', betont Oppermann. Der Fiskalpakt müsse daher um Finanzsteuer und ein Wachstumspaket ergänzt werden. Union und FDP warnen die SPD vor parteitaktischen Spielchen. 'Das sind unsittliche Geschäfte', sagt FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle.
Ein 'Junktim' - also Zustimmung nur gegen Finanzsteuer - wollen SPD und Grüne bisher nicht aufstellen. Details über die Steuer sollen Verhandlungsmasse sein. 'Vorher keine Pflöcke einzuschlagen ist eine Grundregel für moderne Verhandlungsführung', wird betont. 'Wir werden sehen, ob wir oder Union und FDP die besseren Nerven haben', sagt ein führender Genosse. Gerade die SPD sieht sich ein klein wenig als Pokerspieler. Wer zu früh die Karten offenlegt, verliert.
Die SPD setzt darauf, dass Merkel den FDP-Widerstand gegen eine umfassende Börsensteuer bricht - und sich so ein wenig für die ihr von den Liberalen bei der Nominierung von Bundespräsidentenkandidat Joachim Gauck beigefügte Niederlage rächen könnte. 'Die FDP weiß, sie muss springen, das macht sie nervös', heißt es im Willy-Brandt-Haus mit Blick auf Aussagen von FDP-Chef Philipp Rösler.
Der hatte versucht, den Druck an die SPD weiterzureichen und an ihr europäisches Ehrgefühl zu appellieren. 'Jetzt müssen die Sozialdemokraten Farbe bekennen - oder lassen Sie Europa im Stich?', sagte Rösler wörtlich. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier betont, auch die Finanzakteure müssten endlich ihren 'gerechten Beitrag' leisten. 'Die EU-Mitgliedsstaaten dürfen nicht weiter bluten.'
Anders als auf die SPD kommt es auf die Grünen - gemessen an den Sitzanteilen im Bundestag - nicht an. Aber die SPD will sich eng mit der Partei abstimmen, um den Druck zu erhöhen. Die Grünen machen klar: Die Kanzlerin soll die Finanztransaktionssteuer im Euroraum noch im Mai auf den Weg bringen. Aber die Partei will dies nur als Forderung, nicht als Bedingung verstanden wissen.
Merkel, so das Kalkül der Grünen, möchte mit deutscher Geschlossenheit bei den anderen EU-Regierungschefs trumpfen. Auch in Europa habe man zur Kenntnis genommen, wie stark es im Berliner Regierungsgebälk knirscht. Da könnte ein breiter Rückhalt der Opposition, so denkt man bei den Grünen, die Kontinuität Deutschlands zeigen - wer weiß schon, wer ab 2013 regiert?/ir/bw/DP/tw