Die letzten Stunden haben geschlagen! Sparen Sie bis zu 50 % auf InvestingProJETZT ZUGREIFEN

ROUNDUP 2: Deutschland droht Verlust der Topbonität - S&P geißelt Eurozone

Veröffentlicht am 06.12.2011, 05:50
Aktualisiert 06.12.2011, 05:52
(Neu: Weitere Details, Reaktion Märkte)

FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die grassierende Schuldenkrise könnte Deutschland seine Topbonität kosten. Angesichts wachsender Probleme hat die US-Ratingagentur Standard & Poor's auf einen Schlag die Kreditwürdigkeit von 15 Staaten der Eurozone unter Beobachtung gestellt. Je nachdem, wie der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag ausfällt, droht eine massenhafte Herabstufung. Die Folge könnten höhere Zinsen für neue Schulden sein. Das würde die ohnehin angespannte Lage weiter verschlimmern.

S&P erklärte am Montagabend, Deutschlands Spitzenrating von 'AAA' möglicherweise um eine Stufe zu senken. Dem zweiten wirtschaftlichen Schwergewicht in Europa, Frankreich, droht sogar die Absenkung um bis zu zwei Stufen. Ein gutes Rating ist aber die Voraussetzung, um sich an den Kapitalmärkten zu günstigen Konditionen frisches Geld zu besorgen. Der Euro fiel nach der Nachricht zurück und rutschte wieder unter die Marke von 1,34 US-Dollar. In Asien sanken die Aktienkurse leicht.

MERKEL UND SARKOZY REAGIEREN GELASSEN

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy reagierten betont unaufgeregt. Es würden alle notwendigen Maßnahmen getroffen, 'um die Stabilität der Eurozone zu gewährleisten', erklärten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sie hatten am Nachmittag in Paris eine rasche Verschärfung der Euro-Spielregeln vereinbart. Beim EU-Gipfel sollen nach ihrem Willen die Weichen für die nötige Änderung der EU-Verträge gestellt werden. Bis März 2012 sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein.

Die Analysten von S&P scheinen aber nicht überzeugt, dass die Versprechen auch fruchten. Die Probleme in der Eurozone hätten in den vergangenen Wochen ein Maß erreicht, das die Zone als Ganzes unter Druck setze, schrieben sie und beklagten, dass sich die europäischen Politiker weiterhin uneins seien, wie sie mit der Krise umgehen sollten.

S&P beschränkte sich bei dem Warnschuss nicht darauf, den Ausblick für das Rating auf 'negativ' zu senken, wie es üblich ist. Die Agentur wählte die schärfere Form des 'CreditWatch with negative implications', was eine höhere Dringlichkeit der Überprüfung bedeutet. S&P hat nun maximal 90 Tage Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Die Agentur will auf jeden Fall noch den EU-Gipfel Ende der Woche abwarten.

S&P SIEHT GEFAHR EINER REZESSION IN DER EUROZONE

Neben Deutschland und Frankreich besitzen auch die Niederlande, Österreich, Finnland und Luxemburg eine Topbonität von 'AAA'. Die meisten anderen Länder der Eurozone verfügen immerhin noch über eine gute oder sehr gute Bonität. Ein 'befriedigend' haben Irland, Portugal und Zypern, wobei S&P das Rating von Zypern schon zuvor unter besondere Beobachtung gestellt hatte. Griechenland ist schon auf Ramschstatus abgerutscht; S&P hält die Wahrscheinlichkeit eines Bankrotts in naher Zukunft für 'relativ hoch'.

Im Falle von Deutschland begründete S&P die mögliche Herabstufung mit der engen Verflechtung innerhalb Europas und den damit einhergehenden Gefahren für die deutsche Wirtschaft und den staatlichen Schuldenabbau. S&P erklärte, es gebe das Risiko, dass die Eurozone als Ganzes im kommenden Jahr in die Rezession rutsche. Die Wahrscheinlichkeit liege bei 40 Prozent. Für Staaten wie Spanien, Portugal und Griechenland geht S&P ganz sicher von einem Wirtschaftsabschwung aus.

'Wir müssen uns beeilen, wir haben nicht so viel Zeit', hatte zuvor Sarkozy nach einem Treffen mit Merkel am Montag in Paris gesagt. Notfalls komme für die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone auch ein Alleingang der 17 Euroländer infrage. Merkel betonte mit Blick auf den EU-Gipfel: 'Wir sind fest entschlossen, die Entscheidung jetzt genau bei diesem Rat herbeizuführen.' Natürlich werde aber auch mit dem Europaparlament und den anderen Partnern gesprochen.

REAKTION AN ANLEIHEMÄRKTEN IM FOKUS

In Gefahr ist das entscheidende sogenannte Langzeit-Rating. Darauf schauen all jene Investoren, die Staaten oder auch Unternehmen ihr Geld ein Jahr und länger leihen wollen. Als Faustregel gilt: Je schlechter die Bonität eines Schuldners ist, desto höhere Zinsen muss er zahlen. Bereits jetzt müsste eine steigende Zahl von Mitgliedern der Eurozone trotz guter Kreditwürdigkeit tiefer in die Tasche greifen, erklärte S&P.

Doch es gibt keinen Automatismus: S&P hatte im Sommer die USA wegen ihrer überbordenden Schulden mit einer Herabstufung ihrer Bonität auf die zweitbeste Note 'AA+' geschockt. Dennoch ist der Zinssatz eher gesunken, den die Vereinigten Staaten für neue Kredite zahlen müssen. Denn die Angst vor weiteren Verwerfungen in der Eurozone hatte viele Investoren ihr Geld in US-Anleihen stecken lassen.

Seit jeher gelten US-Staatsanleihen als 'sicherer Hafen' in Krisenzeiten; auch Anleihen der Bundesrepublik Deutschland haftet dieser Ruf eigentlich an. Die Sorgen um eine Ausweitung der Eurokrise haben das Vertrauen an den Kapitalmärkten allerdings beschädigt. Seit Monaten ist Europa das Thema an der Wall Street.

Deutschland hatte im vergangenen Monat bei einer Platzierung wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus für deutsche Staatspapiere enorme Probleme gehabt, frisches Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Am Montag verlief der Verkauf von Anleihen dagegen problemlos. Auch die zuletzt angespannte Lage bei italienischen Papieren entspannte sich zum Wochenauftakt deutlich, nachdem der neue Ministerpräsident Mario Monti sein Sparpaket auf den Weg gebracht hatte./das/fi/DP/zb

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.