FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat sich am Mittwoch mit weiteren kräftigen Kursgewinnen für eine potenzielle Jahresendrally in Stellung gebracht. Weil Anleger auf die geldpolitische Großzügigkeit der Europäischen Zentralbank setzten, erklomm der Dax (DAX) eine neue Jahresbestmarke bei knapp 10 989 Punkten. Mit einem Plus von 1,96 Prozent ging er knapp darunter bei 10 986,69 Punkten aus dem Handel. Erstmals seit einem Jahr ist die psychologisch wichtige Marke von 11 000 Punkten damit wieder in greifbare Nähe gerückt.
Satte Gewinne sah auch der breitere Markt: Den MDax (MDAX) der mittelgroßen deutschen Unternehmen zog es erstmals seit Anfang November wieder über die Marke von 21 000 Punkten. Am Ende hatte er ein Plus von 1,48 Prozent auf 21 202,40 Punkte vorzuweisen. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) rückte um 1,06 Prozent auf 1718,42 Punkte vor. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) als Leitindex der Eurozone rückte um 1,34 Prozent auf 3142,24 Zähler vor.
REFERENDUM ENTFACHT GELDPOLITISCHE FANTASIE
Die Hausse im Dax hatte bereits zu Wochenbeginn begonnen, als die gescheiterte Verfassungsreform in Italien die Märkte weitgehend kalt gelassen hatte. In einer nunmehr dreitägigen Rally hat der Leitindex seit Freitag nicht nur mehr als vier Prozent zugelegt, sondern auch erstmals die seit Monaten umkämpfte Marke von 10 800 Punkten klar hinter sich gelassen. Für die Chartexperten vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar hat er sich damit in eine gute Ausgangsposition für einen möglichen Jahresendspurt gebracht.
Rückenwind erhielt der Markt vor allem von der Hoffnung, dass die Europäische Zentralbank ihre lockere Geldpolitik fortsetzen wird. Wenn bei den Währungshütern am Donnerstag der Leitzinsentscheid ansteht, sind die Erwartungen laut Dirk Gojny von der National-Bank einmal mehr sehr hoch. So spekuliert der Markt etwa auf eine zeitliche Verlängerung der milliardenschweren Anleihekäufe und eine helfende Hand für Italiens unterkapitalisierte Banken.
BANKEN WEITER IM AUFWIND
Trotz der politischen Krise in Italien, die eine Sanierung der kriselnden italienischen Finanzhäuser nicht erleichtert hat, waren Aktien aus dem Finanzsektor am Mittwoch europaweit auf dem Vormarsch. Neben der Hoffnung auf die EZB verwiesen Börsianer als Anlageargument auf ein verbessertes Zinsumfeld. Im Dax verteuerten sich Aktien der Deutschen Bank (4:DBKGn) um 5,40 Prozent und Commerzbank (4:CBKG) rückten um 3,82 Prozent vor.
Über kräftige Kursgewinne konnten sich außerdem die Anleger von Thyssenkrupp (4:TKAG) freuen, die an der Dax-Spitze um 6,65 Prozent anzogen. Die Aktien profitierten dabei nicht nur von einer zuletzt verbesserten Branchenstimmung, sondern Börsianern zufolge auch von einem Medienbericht, der neue Fantasie in die Gespräche mit Tata Steel über eine Zusammenlegung der europäischen Stahlwerke bringe. Thyssenkrupp-Papiere erreichten den höchsten Stand seit August 2015 und zogen auch andere Branchenwerte mit nach oben. Salzgitter (4:SZGG) etwa gewannen im MDax fast 5 Prozent.
LINDE BESTÄTIGT GESPRÄCHE MIT PRAXAIR
Über eine Zusammenarbeit gesprochen wird nun auch wieder bei Linde (4:LING). Zwei Monate nach dem Abbruch der Verhandlungen nimmt der Industriegase-Konzern einen neuen Anlauf für eine Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair (1:PX). Nachdem Linde die erneuten Gespräche bestätigte, legten die Aktien am Ende um 2,40 Prozent zu.
Fest zeigten sich auch die Autowerte, die im Einklang mit einem europaweit starken Trend anzogen. Vorne weg zogen die Anteile von Continental (4:CONG) und Volkswagen (4:VOWG_p) mit Kursgewinnen von mehr als 4 Prozent. Dagegen konnten die Aktien von RWE (4:RWEG) nicht nachhaltig davon profitieren, dass dem Energiekonzern am Vortag in Sachen Atomausstieg ein Ausgleich zugesprochen wurde. Sie verloren am Indexende 2,64 Prozent.
STEINHOFF SPRINGEN AN
Unter den Nebenwerten im MDax standen jene des Möbelhändlers Steinhoff (22:SNHJ) mit einem Aufschlag von fast 10 Prozent im Mittelpunkt. Hier kamen die Zahlen für das im September beendete Geschäftsjahr bei den Anlegern ebenso gut an wie der zuversichtliche Ausblick.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,11 Prozent am Vortag auf 0,13 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) fiel um 0,10 Prozent auf 141,54 Punkte. Der richtungweisende Euro-Bund-Future kletterte um 0,37 Prozent auf 160,44 Punkte. Der Euro stieg bis zuletzt auf 1,0757 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,0730 (Dienstag: 1,0734) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9320 (0,9316) Euro.