MÜNCHEN (dpa-AFX) - Ifo-Präsident Clemens Fuest hat schärfere Regeln gegen die ausufernde Schuldenpolitik in der Eurozone gefordert. In Frankreich, Italien, Spanien und Portugal stiegen die Defizite wieder. Das sei "eine Gefährdung der Eurozone", sagte Fuest am Donnerstag auf der Ifo-Jahresversammlung in München. Damit die Kosten vertragswidrig hoher Staatsverschuldung nicht mehr auf die Steuerzahler anderer Länder abgewälzt werden können, sollten nachrangige Staatsanleihen eingeführt werden, die nicht von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekauft werden können.
Ab einer Neuverschuldung von 0,5 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung sollten Staaten nur noch nachrangige Anleihen ausgeben können, sagte Fuest. Wenn die Schuldenquote 120 Prozent überschreite, fielen die Zinszahlungen aus. Wenn ein Land den ESM-Rettungsschirm beanspruche, fielen die Anleihen ganz aus. Damit würde es "für die Staaten der Eurozone deutlich schwerer und teuer, Vorgaben zu übertreten oder zu ignorieren", und statt der Steuerzahler hafteten die Gläubiger.
Den Gegnern des europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommens TTIP warf der Ifo-Chef vor, den Wohlstand Deutschlands aufs Spiel zu setzen. "Ich habe wenig Verständnis dafür, dass Freihandel so skeptisch gesehen wird. Wir leben davon!", sagte Fuest. Für eine Exportnation sei es gefährlich, TTIP in Bausch und Bogen abzulehnen. Allerdings müssten die Verhandlungen transparenter laufen.
Bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU wäre Deutschland der große Verlierer: Großbritannien sei der drittwichtigste Exportmarkt für Deutschland, und der deutsche Einfluss in der EU werde sinken, sagte Fuest. Protektionistische Vorstöße wären aussichtsreicher.
Vor dem Antrittsvortrag des neuen Ifo-Präsidenten hatte sein Vorgänger Hans-Werner Sinn seinen letzten Rechenschaftsbericht vorgelegt. Damit ist der Stabwechsel an der Spitze des Instituts abgeschlossen.