BAD HERSFELD (dpa-AFX) - Mit einem erneuten Streik in Bad Hersfeld und vier weiteren Standorten bundesweit versucht die Gewerkschaft Verdi, neuen Schwung in den festgefahrenen Tarifkonflikt beim Versandhändler Amazon (XETRA:AMZn) (NASDAQ:AMZN) zu bringen. In den beiden Logistikzentren in Osthessen sowie in Leipzig, Rheinberg und Werne (beide NRW) wurde für Montag und Dienstag bis zum Ende der Spätschicht zum Ausstand aufgerufen. Der Standort Koblenz sei für Dienstag aufgerufen, teilte Verdi am Montag mit. An den beteiligten Standorten streikten am Montagmorgen rund 530 Mitarbeiter, wie Amazon erklärte.
Eine Gruppe von rund 60 Amazon-Mitarbeitern aus Bad Hersfeld und Leipzig reiste nach Wroclaw in Polen. Dort wollen sie den Beschäftigten und Mitgliedern der Gewerkschaft Solidarnosc ihre Solidarität ausdrücken im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen. In Polen verdienen die meisten Amazon-Beschäftigten laut Verdi nur 3,50 Euro pro Stunde. Amazon-Sprecherin Anette Nachbar erwiderte, die Bezahlung liege höher. Die Mitarbeiter verdienten "einen wettbewerbsfähigen Grundlohn im Vergleich zum Sektor und zum Industriebereich".
Mechthild Middeke von Verdi Hessen sagte: "Wir fordern gute und gesunde Arbeitsbedingungen, existenzsichernde und tariflich verbindlich vereinbarte Löhne und Gehälter. Wir fordern dies für alle Beschäftigten bei Amazon. Da von Polen aus deutsche Kunden beliefert werden, ist hier die grenzüberschreitende Solidarität besonders wichtig." Der 3. Mai sei in Polen ein Feiertag. Die Verlagerung von Warenströmen bei Streiks in Deutschland nach Polen liefe deshalb ins Leere. Das erhöhe die Wirksamkeit des Streiks.
Amazon sagte, die Streiks könnten pünktliche Lieferung an die Kunden nicht stören, da der Konzern über ein Netz von 29 Logistik-Standorten in Europa verfüge. Zudem arbeite die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland und nehme nicht am Streik teil.
Verdi will seit rund drei Jahren für die mittlerweile mehr als 10 000 festangestellten Vollzeit-Mitarbeiter des US-Konzerns in Deutschland einen Tarifvertrag auf dem Niveau des Einzel- und Versandhandels durchsetzen. Verhandlungen darüber lehnt Amazon aber ab. Das Unternehmen sieht sich als Logistiker und verweist auf eine Bezahlung am oberen Ende des branchenüblichen Lohns.