Die in Malaysia seit Monaten schwelende Korruptionsaffäre um Regierungschef Najib Razak hat die Schweiz erreicht - und das mit Wucht. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma ordnete am Dienstag die Auflösung des Traditionshauses Banca Svizerra Italiana (BSI) in Lugano wegen ihrer Verwicklung in die Affäre an. Die BSI habe "schwer gegen die Geldwäschereibestimmungen" verstoßen, erklärte die Finma. BSI-Chef Stefano Coduri trat mit sofortiger Wirkung zurück.
Die Finma zog außerdem "ungerechtfertigt erzielte Gewinne" der Bank in Höhe von 95 Millionen Franken (85,5 Millionen Euro) ein, die an den Staat gehen. In Singapur schloss die dortige Zentralbank die BSI-Niederlassung und ordnete Ermittlungen gegen sechs Manager an.
In Malaysia hatte Regierungschef Najib Razak 2009 einen staatlichen Fonds namens 1 MDB (Malaysia Development Berhad) aufgelegt, der Modernisierungsprojekte im Land finanzieren sollte. Vier Milliarden Dollar verschwanden in dunklen Kanälen; ein Teil fand sich auf Schweizer Konten und wurde mittlerweile eingefroren.
Das "Wall Street Journal" enthüllte im Juli 2015 zudem, dass Najib seit 2013 rund 681 Millionen Dollar (608 Millionen Euro) auf persönliche Konten überwiesen bekam. Er sagte, das Geld sei ein Geschenk der saudiarabischen Königsfamilie und zahlte das meiste zurück. Korruptionsvorwürfe und Rücktrittsforderungen wies der Regierungschef zurück.
Die Schweizer Finma ermittelte seit vergangenem Jahr gegen die BSI wegen ihrer Geschäftsbeziehungen und Transaktionen im Umfeld der Korruptionsaffäre des Staatsfonds 1MDB, wie sie erklärte. Demnach gab es von 2011 bis April 2015 "gravierende Mängel" bei Geschäften mit erhöhten Risiken. Die Herkunft von Vermögenswerten sei nicht abgeklärt, Transaktionen im Wert von hunderten Millionen Dollar seien nicht hinterfragt worden.
Die BSI nahm für ihre Leistungen "überdurchschnittlich hohe und nicht marktübliche Gebühren". Das Management habe nicht hinterfragt, warum ausländische Staatsfonds wie der 1MDB eine Bank wählten, die auf Privatkunden spezialisiert war, und warum sie dafür mehr zahlten als üblich.
Die Schweizer Bank zweifelte zudem nicht, als der Staatsfonds Geschäfte machte, deren "wirtschaftliche Gründe" die Bank nicht "in genügendem Ausmaß abgeklärt hatte". So seien zum Beispiel 20 Millionen Dollar eingegangen, die der Kunde als "Geschenk" deklarierte. Auf ein anderes Konto seien 98 Millionen Dollar eingezahlt worden, "ohne dass der wirtschaftliche Hintergrund erhellt wurde".
Mittel des Staatsfonds wurden laut Finma "typischerweise" über extra aufgesetzte Zwischenstrukturen investiert. Die BSI habe dies unterstützt, um eine "erhöhte Vertraulichkeit zu erreichen".
Die Finma winkte nun die Anfang des Jahres angekündigte Übernahme der BSI durch die Bankengruppe EFG International durch und machte zur Auflage, dass die Traditionsbank innerhalb eines Jahres aufgelöst wird. Zuvor gehörte die 1873 gegründete BSI der brasilianischen Bankengruppe BTG Pactual. Deren Chef war Ende 2015 wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung in den Korruptionsskandal beim staatlichen Ölkonzern Petrobras ins Gefängnis gewandert.
BSI-Chef Stefano Coduri trat zurück. Seinen Posten übernimmt Aufsichtsratsmitglied Roberto Isolani, wie die BSI mitteilte.