Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Der Ausverkauf am US-Anleihenmarkt strahlt auf die Weltbörsen aus, aber die Wall Street dürfte sich zur Börseneröffnung am Freitag leicht erholen. Die Entscheidung der OPEC, die Fördermenge nicht zu erhöhen, ließ den Ölpreis in die Höhe schnellen. Daraufhin erhöhten die Analysten ihre Ölpreis-Prognosen. Und China hat sein BIP-Wachstumsziel für dieses Jahr niedriger angesetzt als viele erwartet hatten. Das sind die wichtigsten Themen an den Finanzmärkten am Freitag, den 5. März.
1. Powells Aussagen bringen Weltbörsen ins Wanken
Der Ausverkauf am US-Anleihenmarkt, ausgelöst durch die Kommentare des US-Notenbankchefs Jerome Powell in einer Rede am Donnerstag, hallte an den globalen Märkten nach, obwohl vor allem europäische Aktien nach einer schwachen Börseneröffnung ein Comeback schafften. Der Dollar Index erreichte unterdessen den höchsten Stand seit November.
Powell hatte erneut bekräftigt, dass die Fed es nicht eilig habe, die Geldpolitik zu straffen, solange es keine wesentlichen Fortschritte beim Abbau der Arbeitslosigkeit gebe. Seine Äußerungen schickten die 10-jährige Treasury-Rendite auf bis zu 1,55% und die 30-jährige auf bis zu 2,35%. Beide zogen sich später wieder zurück, aber der Zinsanstieg stellt eine klare Gefahr für die Refinanzierungen von Hypotheken dar. Die 30-jährigen Hypothekenzinsen stiegen am Donnerstag auf über 3%.
Powell deutete an, dass die Fed sich durch steigende Renditen nicht aus der Ruhe bringen lassen würde, solange die Märkte "geordnet" bleiben.
2. China legt die Messlatte niedriger
China hat ein neues Wachstumsziel für 2021 ausgegeben, das deutlich unterhalb der meisten Erwartungen lag.
Auf dem jährlichen Nationalen Volkskongress, der die wirtschaftlichen Prioritäten für das Jahr festlegt, nannte Premier Li Keqiang ein Wachstumsziel von 6% für die Wirtschaft. Im Vergleich dazu prognostiziert der Internationale Währungsfonds in seinem jüngsten Weltwirtschaftsausblick ein Wachstum von 7,9%.
Das Wachstumsziel deutet darauf hin, dass Peking angesichts des starken Anstiegs der öffentlichen und privaten Verschuldung in den letzten zwölf Monaten einen Teil der im letzten Jahr beschlossenen starken Konjunkturmaßnahmen zurückfahren will. Erst kürzlich warnte die oberste Bankenaufsicht des Landes vor Blasen an verschiedenen Märkten, darunter auch am heimischen Immobilienmarkt.
Die Preise für Basismetalle, die am Donnerstag deutlich gefallen waren, erholten sich am Freitag.
3. Wall Street mit Erholung
Nach den jüngsten Verlusten dürften die US-Aktienmärkte leicht höher in den letzten Handelstag der laufenden Woche starten. Vorsicht ist dennoch geboten, denn das Muster in dieser Woche war, dass freundliche Börseneröffnungen fast sofort mit heftigen Abverkäufen quittiert wurden.
Gegen 12.40 Uhr lag der Dow Jones Future knapp 81 Punkte oder 0,3% im Plus, während der S&P 500 Future um 0,2% stieg. Der Nasdaq 100 Future, der in dieser Woche am stärksten unter Druck stand und am Donnerstag auf dem niedrigsten Stand seit fast drei Monaten schloss, erholte sich um 0,1%.
Zu den Aktien, die später im Fokus stehen dürften, gehören Broadcom (NASDAQ:AVGO), Costco (NASDAQ:COST) und Gap (NYSE:GPS), die alle mit ihren Quartalsberichten nach Börsenschluss am Donnerstag die Erwartungen geschlagen haben.
4. Robuster US-Arbeitsmarktbericht erwartet
Im Vorfeld der US-Arbeitsmarktdaten, die um 14.30 Uhr auf der Agenda stehen, dürften sich die Kursbewegungen an den Aktien- und Anleihemärkten in Grenzen halten.
Analysten erwarten, dass die US-Wirtschaft bis Mitte Februar 182.000 neue Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen hat. Dies entspräche dem zweiten Monatszuwachs in Folge. Größerer Beachtung bedarf jedoch der Entwicklung der Beteiligungsquote, die im Januar auf den niedrigsten Stand seit Juni gefallen war.
Die Zahlen kommen einen Tag nach einem leichten Anstieg der wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenunterstützung.
Zur gleichen Zeit steht auch die US-Handelsbilanz per Februar zur Veröffentlichung an.
5. Ölpreis baut Gewinne nach OPEC-Entscheidung aus
Die Preise für Rohöl stiegen angesichts der überraschenden Entscheidung der OPEC+, die Fördermenge im April praktisch unverändert zu lassen, auf den höchsten Stand seit Januar 2020. Analysten hoben daraufhin eilig ihre Preisprognosen an. Viele Marktbeobachter hatten einen Anstieg der Produktion um 1,5 Mio. Barrel pro Tag oder mehr erwartet.
Die Entscheidung der OPEC+ bedeutet, dass sich der Abbau der weltweiten Lagerbestände voraussichtlich beschleunigen wird, wenn die Konjunktur in der nördlichen Hemisphäre nach der Covid-19-Krise wieder anspringt. Die Citigroup (NYSE:C) erwartet nun, dass die Brent-Preise bis Ende des Monats die Marke von 70 Dollar pro Barrel erreichen werden, während die Experten von Goldman Sachs (NYSE:GS) für das dritte Quartal des Jahres einen Ölpreisanstieg auf 80 Dollar sehen.
Die Meldung sorgte auch für steigende Öl- und Gasaktien: einige der großen europäischen Öl- und Gaskonzerne sowie Ölfelddienstleister erreichten am Morgen in Europa 13-Monats-Hochs.
Mit großer Spannung gehen die Blicke der Ölmarktbeobachter nun auf die Zahl der aktiven Bohranlagen, schließlich impliziert die Entscheidung der OPEC+, dass es in den USA in naher Zukunft kein größeres Comeback der Schieferindustrie geben wird.