LONDON/FRANKFURT (dpa-AFX) - Anleger in Deutschland haben im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund steigender Zinsen deutlich weniger Gold gekauft. Im Gesamtjahr 2023 seien die Nettokäufe von Goldbarren und Goldmünzen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zur Goldnachfrage des Branchenverbands World Gold Council (WGC) hervorgeht. Die Nachfrage sank demnach von 185 Tonnen 2022 auf 47 Tonnen. "Die hohe Inflation, die schwache Konjunktur und die hohen Zinsen haben die Nachfrage nach Goldbarren und Goldmünzen belastet", sagte WGC-Marktstratege John Reade der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX.
Generell habe sich die Einstellung der Deutschen zur Goldanlage nach Einschätzung von Reade nicht geändert, allerdings dürften die Konjunktursorgen die Goldnachfrage "auch im laufenden Jahr bremsen, und vielleicht auch darüber hinaus." Zudem sei der Preis für Gold derzeit zu hoch für viele Käufer in Deutschland, sagte Reade und es habe es im vergangenen Jahr verstärkt Gewinnmitnahmen gegeben. Einen überdurchschnittlich starken Rückgang der Nachfrage verzeichnete der Branchenverband auch in den Nachbarländern Schweiz und Österreich.
Ende 2023 war Gold so teuer wie noch nie. Im Dezember stieg der Preis für eine Feinunze an der Börse in London zeitweise auf ein Rekordhoch von 2135 US-Dollar. Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, sank die Gesamtnachfrage - die sich aus der Nachfrage der Schmuckindustrie, dem Investmentsektor sowie aus den Goldkäufen von Zentralbanken zusammensetzt - im Jahresvergleich um fünf Prozent auf 4448 Tonnen. Wenn man allerdings den außerbörslichen Handel mit einbezieht, ist die Goldnachfrage 2023 nach Angaben des Branchenverbands auf ein Rekordhoch gestiegen. In dieser Betrachtung meldete das WGC einen Höchstwert von 4899 Tonnen.
Einen starken Anstieg der Goldkäufe verzeichnete der WGC in China. Nach dem Ende der strengen Corona-Maßnahmen zu Beginn des Jahres 2023 stieg die Nachfrage der chinesischen Käufer von Goldmünzen und Barren um 28 Prozent auf 280 Tonnen. "Die Immobilienkrise in China und eine Kursschwäche der chinesischen Währung stützte die Nachfrage der chinesischen Privatanleger nach Goldanlagen", sagte Reade.
Im abgelaufenen Jahr sind zudem Zentralbanken als wichtige Goldkäufer am Markt aufgetreten. Der Branchenverband bezifferte die weltweite Nachfrage durch Notenbanken 2023 auf 1037 Tonnen. Dies ist der zweithöchste Wert, nachdem die Nachfrage der Zentralbanken im Jahr 2022 bei 1082 Tonnen einen Rekordwert erreicht hatte.
Dagegen zeigte sich bei der Produktionen der Goldminen im vergangenen Jahr keine größere Veränderung. Hier meldete der Branchenverband einen geringfügigen Anstieg um einen Prozent. Deutlich stärker fiel die Wiederverwertung von gebrauchtem Gold aus. Beim Recycling des Edelmetalls meldete der WGC einen Anstieg um neun Prozent.