(neu: Aussagen aus der Analystenkonferenz, Aktienkurs aktualisiert, weiterer Analyst)
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Synlab (ETR:SYAB) korrigiert seine Jahresziele nach unten: Der Laborspezialist rechnet für 2023 wegen einer geringeren Nachfrage und niedrigeren Preisen für Corona-Tests mit einem noch schwächeren Geschäftsverlauf als bisher. In der Folge will Europas größter Labordienstleister das geplante Budget für Zukäufe halbieren. Um den zuletzt durch Inflation und anziehenden Energiepreise gestiegenen Kosten entgegenzuwirken, setzt das Management zudem auf Stellenstreichungen. Mit Blick auf die mittelfristigen Aussichten hielt sich der Vorstand auf einer Analystenkonferenz am Dienstag bedeckt. An der Börse brachten die Nachrichten den Aktienkurs zum Einsturz.
Die Aktien des Labordienstleisters brachen zeitweise um ein Viertel auf ein Rekordtief von 7,72 Euro ein, am Nachmittag betrug das Minus noch gut 19 Prozent. Aktionäre der ersten Stunde hatten beim Börsengang im April 2021 noch 18 Euro hinblättern müssen. Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie hatten sie gar 25 Euro gekostet.
Nach Einschätzung von Analyst David Adlington von der US-Investmentbank JPMorgan (NYSE:JPM) gibt es nach der Gewinnwarnung vorerst keinen gewichtigen Grund, in die Aktie einzusteigen. Synlab habe seine bisherige Umsatzprognose für 2023 um zehn Prozent gesenkt, ergebnisseitig sogar um bis zu 30 Prozent, dies könnte entsprechende Kürzungen bei den Markterwartungen nach sich ziehen, schrieb der Branchenkenner in einer ersten Reaktion.
Christophe-Raphael Ganet vom Investmenthaus Oddo BHF änderte sein positives Votum "Outperform" in das negative "Underperform". "Das Covid-Kliff ist nun Realität" schrieb er. Besonders überraschend fand er allerdings, dass Synlab nun mit einem geringeren Betrag für Übernahmen kalkuliere.
Der Vorstand stellt für 2023 nunmehr einen Erlös in Höhe von 2,7 Milliarden Euro in Aussicht. Das ist ein Zehntel weniger als bislang erwartet, wie das Unternehmen am Montagabend nach Börsenschluss in München mitgeteilt hatte. Davon dürften nur noch 16 bis 18 Prozent als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda-Marge) hängen bleiben. Bislang hatte der Vorstand an beiden Enden der Margenspanne zwei Prozentpunkte mehr erwartet.
Im Januar 2023 hatte Synlab eigenen Angaben zufolge ein geringeres Covid-19-Testvolumen verzeichnet. Darüber hinaus waren die Preise in Schlüsselmärkten gefallen, andere dürften nachziehen. Besonders hart trifft es Synlab derzeit etwa in Frankreich, wo die Vergütungen auch für andere Laborleistungen zuletzt gesunken waren.
Für das laufende Jahr schraubt der Vorstand nunmehr seine Gelder für potenzielle Übernahmen deutlich herunter. Das ursprüngliche Budget von 200 Millionen Euro sei in etwa halbiert worden, hieß es. Damit wolle das Unternehmen gegensteuern und versuchen, die Produktivität des Vor-Corona-Niveaus zu erreichen - diese sei während der Pandemie gesunken, erläuterten Floreani und sein Finanzchef Sami Badarani. So soll etwa die in der Pandemie durch das erhöhte Testaufkommen aufgestockte Belegschaft zurückgefahren werden. Auch deutete der Manager eine stellenweise Überarbeitung des Portfolios als Möglichkeit an.
Synlab war in der Vergangenheit regelmäßig durch Übernahmen gewachsen. Diesen Weg werde der Konzern auch weiterhin verfolgen, betonte Floreani - allerdings seien die Preise für solche Zukäufe bisher nicht so stark gefallen, wie Synlab dies angesichts des neuen Geschäftsumfelds für richtig halte. "Unsere Teams werden sich daher auf operative Themen konzentrieren". Befragt danach, ob sich angesichts sinkender Margen die bisherigen Ziele bis 2027 noch halten lassen, betonte der Firmenlenker, man werde zunächst 2023 abwarten müssen. "Wir bestätigen damit weder unsere längerfristigen Ziele, noch bestätigen wir sie nicht."
Nach der Sonderkonjunktur durch Corona entwickelten sich bereits im vergangenen Jahr Umsatz und operativer Gewinn von Synlab rückläufig. Für 2022 erlöste der Konzern auf Basis vorläufiger Zahlen rund 3,25 Milliarden Euro und damit rund 13,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Umsatz mit Corona-Tests brach im Vergleich zu den rund 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf etwa die Hälfte ein. Abseits des Corona-Geschäfts konnte der Konzern zulegen, das Wachstum aus eigener Kraft betrug sechs Prozent.
Ab der zweiten Jahreshälfte 2022 hatte sich die sinkende Nachfrage nach Covid-Produkten bemerkbar gemacht, dabei sank der Preis für einen PCR-Test im Abschlussquartal noch spürbar. Zudem gab es weniger Corona-Fälle. Kurzfristig sei hier nicht mit einer Erholung zu rechnen, hieß es von Synlab weiter. Für 2023 rechnet sich das Unternehmen inzwischen sogar gerade einmal rund 50 Millionen Euro aus Corona -Tests aus - zuvor war der Vorstand zumindest noch von 250 Millionen ausgegangen.
Für 2022 erreichte der Konzern eine bereinigte operative Marge (bereinigte Ebitda-Marge) von rund 23 Prozent nach 32,1 Prozent im Vorjahr. Dies war den Angaben zufolge auch auf einmalige Kosten hauptsächlich durch das Corona-Segment im vierten Quartal zurückzuführen. Damit lag die Marge unter den Zielen des Managements, während der Umsatz leicht besser als anvisiert herauskam. Dass die Marge nicht noch schlechter ausfiel, hatte Synlab unter anderem auch Einsparungen in Höhe von 25 Milliarden Euro zu verdanken. In diesem Jahr sei hier nun eine Verdoppelung angepeilt, sagte Floreani.
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