GÖPPINGEN (dpa-AFX) - Der Softwareanbieter Teamviewer (ETR:TMV) wird angesichts des wirtschaftlichen Umfelds und der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs bei den Wachstumsaussichten etwas vorsichtiger. Das aktuelle makroökonomische Umfeld habe dazu geführt, "dass Entscheidungsträger vorsichtiger werden und Investitionen teilweise verschieben", sagte Vorstandschef Oliver Steil am Mittwoch in Göppingen. So geht der Anbieter von Fernwartungs- und Videokonferenzsoftware nun nur noch vom unteren Ende der Prognose für die in Rechnung gestellten Umsätze dieses Jahr aus. Die im MDax notierte Aktie verlor am Mittwoch nach Handelsbeginn deutlich.
Das Papier, das in der Hochphase der Corona-Pandemie vor zwei Jahren von einem Boom nach Software für das Home-Office profitierte, fiel am Mittwochvormittag um 7,4 Prozent auf 9,55 Euro. Das Hoch hatte der Kurs im Juli 2020 bei 54,86 Euro markiert, war aber über das Jahr 2021 unter anderem wegen enttäuschter Erwartungen deutlich abgeschmiert.
Bei den sogenannten Billings, anhand derer das Teamviewer-Management die Nachfrage misst, geht der Konzern in diesem Jahr nun von einem Wert um das untere Ende der bisherigen Prognosespanne von 630 bis 650 Millionen Euro aus. Analysten hatten im Schnitt einen solchen Wert für das Jahr bereits einkalkuliert. Die Jahresziele für Umsatz und Profitabilität bestätigte Teamviewer.
Die grundsätzliche Nachfrage nach Digitalisierungslösungen sei weiter intakt, sagte Steil. Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit hätten Kunden stärker gezögert, sich für IT-Ausgaben zu entscheiden. Insbesondere bei großen Firmenkunden, von denen Teamviewer sich für die künftige Entwicklung viel verspricht, habe sich im zweiten Quartal die Umwandlung von Interessenten in Kunden verlangsamt, sagte Steil in einer Telefonkonferenz.
Die Billings im sogenannten Enterprise-Segment, in dem Verträge mit mehr als 10 000 Euro Vertragsvolumen jährlich gebündelt sind, wuchsen im Jahresvergleich um 21 Prozent - im ersten Quartal hatte der Zuwachs noch bei gut der Hälfte gelegen. Typischerweise seien die Geschäfte in dem Kundensegment ohnehin gegen Jahresende stärker, sagte Steil. Die Kundenanzahl im Enterprisegeschäft wuchs im Quartal im 189 auf 3062 Kunden.
Bei kleinen und mittleren Kunden zog das Unternehmen die Zügel an und überprüfte wieder stärker, wer gewerblich und damit zahlungspflichtig die Programme des Unternehmens nutzt. Bei den kleineren Kunden führte das zu einem stärkeren Wachstum der Billings im Quartal als zuletzt.
Im zweiten Quartal wuchsen die Billings insgesamt gegenüber dem Vorjahresquartal um 12 Prozent auf 136,1 Millionen Euro - und damit nicht so deutlich wie am Markt erwartet. Währungsbereinigt war es ein Plus von 7 Prozent und damit noch etwas schwächer als im ersten Quartal. Der Umsatz legte um 12 Prozent auf 137,5 Millionen Euro zu. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg derweil um 2 Prozent auf 58,1 Millionen Euro, fiel damit aber besser aus als von Experten zuvor gedacht. Unter dem Strich ging der Gewinn um ein Fünftel auf 11,7 Millionen Euro zurück.
Den teuren Sponsoringvertrag mit dem englischen Fußballclub Manchester United will das Teamviewer-Management unterdessen nicht über die derzeitige Laufzeit hinaus verlängern, wie es am Mittwoch hieß. Vor über einem Jahr hatte der Abschluss des Vertrags, für den das Unternehmen die Profitabilitätsziele deutlich herunterschrauben musste, für einen ersten Absturz des Aktienkurses gesorgt. Pro Jahr kostet das Engagement den Konzern laut einem Bericht der "FAZ" etwas mehr als 40 Millionen britische Pfund (48 Mio Euro).
Man sei die Partnerschaft unter anderen Wachstumserwartungen eingegangen, sagte der scheidende Finanzchef Stefan Gaiser. Nach Ende des Vertrags werde die Marge sich deutlich verbessern. Allerdings beträgt die ursprüngliche Laufzeit fünf Jahre - vier Jahre lang bleibt das Emblem der Göppinger demnach noch auf dem Trikot des Premier-League-Clubs.