Investing.com -- Die Finanzwelt hält den Atem an, während Biden und McCarthy ihren Kompromiss zur Anhebung der US-Schuldenobergrenze bis 2025 besiegeln. Doch für Investoren ist dies nur der Auftakt zu einer neuen Phase der Unsicherheit. Die Augen richten sich nun gespannt auf den Plan der Fed zu künftigen Zinserhöhungen, denn dieser wird die Richtung der globalen Märkte maßgeblich beeinflussen. Der bevorstehende US-Arbeitsmarktbericht am Freitag wird zur Zerreißprobe für die Nerven der Investoren, da ein starkes Ergebnis die Erwartungen einer Zinserhöhung im Juni beflügeln könnte. Doch es sind nicht nur die Vereinigten Staaten, die den Pulsschlag der Anleger beschleunigen. Auf der anderen Seite des Globus werfen die PMI-Daten aus China dunkle Schatten auf die Erholung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. In der Eurozone stehen dagegen neue Inflationsdaten auf dem Terminplan, die den Druck auf den Schultern der EZB noch weiter erhöhen könnten.
1. Deal zur Schuldenobergrenze
Der demokratische Präsident Joe Biden und der Vertreter der führenden Mehrheit (Republikaner) im Kongress, Kevin McCarthy, erzielten am Sonntag eine "endgültige parteiübergreifende Haushaltsvereinbarung", die einen katastrophalen Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt verhindert. Das gab Biden gestern auf Twitter bekannt.
Doch die Realisierung des Deals steht nun vor der nächsten Herkulesaufgabe: Der gespaltene Kongress stellt sich als Hindernis dar und lässt Zweifel aufkommen, ob das Abkommen noch rechtzeitig vor dem von Yellen genannten neuen "Tag X" am 5. Juni genehmigt wird.
Das lange Patt um die Anhebung des Schuldenlimits hat die Finanzmärkte in den letzten Wochen in Atem gehalten und die Vereinigten Staaten gezwungen, für einige Anleiheverkäufe rekordhohe Zinsen zu zahlen. Größtenteils hatten die Marktteilnehmer jedoch bereits damit gerechnet, dass Washington eine Einigung erzielen würde, was bedeutet, dass sich eine weitere Erholung der Aktienmärkte als schwierig erweisen könnte.
2. US-Arbeitsmarktbericht
Wenn die Ökonomen mit ihren Erwartungen richtig liegen, hat die US-Wirtschaft im Mai 180.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Im April beschleunigte sich das Beschäftigungswachstum in den USA auf 253.000, die Lohnzuwächse fielen dabei solide aus.
Der Beschäftigungsbericht ist eines der letzten Daten vor der Juni-Sitzung der Fed. Die US-Notenbank signalisierte anlässlich ihrer Mai-Sitzung, dass sie offen für eine Unterbrechung ihrer aggressiven 14-monatigen Zinserhöhungskampagne ist.
Seither haben jedoch einige Entscheidungsträger der Fed erklärt, dass sich die Inflation nicht schnell genug abkühlt - eine Ansicht, die durch die Daten vom Freitag gestützt wurde, die zeigen, dass die zugrunde liegende Kerninflation im April um 4,7 % gestiegen ist und damit deutlich über dem Ziel der Fed von 2 % liegt.
Die Märkte preisen nun laut dem Fed Monitoring-Tool von Investing.com eine etwa 64%ige Chance ein, dass die Fed die Zinsen auf ihrer Sitzung am 14. Juni um weitere 25 Basispunkte anhebt.
3. Aktienmärkte
Die US-Aktienmärkte zeigten am Freitag eine beachtliche Performance, bevor das lange Wochenende anstand. Anleger konnten sich über deutliche Gewinne freuen, während sie sich für den kommenden Feiertag Memorial Day vorbereiteten, der am Montag die Börsentüren geschlossen halten wird.
Die Finanzmärkte erhielten einen deutlichen Schub, da die Aussicht auf eine Einigung zur Schuldenobergrenze aufkeimte und sich Chip-Aktien an einem zweiten aufeinanderfolgenden Tag mit starken Kursgewinnen behaupteten. Der Grund für diese positive Stimmung liegt im Optimismus hinsichtlich der künstlichen Intelligenz als treibende Kraft für die Nachfrage.
Einige Analysten sagten, dass eine Einigung im Schuldenstreit der Fed wieder Anlass geben könnte, die Zinsen erneut anzuheben.
Im Laufe der Woche werden die Marktteilnehmer insbesondere auf die Auftritte von Fed-Vertretern achten: Thomas Barkin, Präsident der Richmond Fed, und Patrick Harker, Präsident der Philadelphia Fed, sowie das Mitglied des Gouverneursrats Philip Jefferson sind als Redner vorgesehen.
4. PMI-Daten aus China
In China stehen am Mittwoch die offiziellen PMI-Daten an. Einen Tag später folgt der Caixin PMI für das verarbeitende Gewerbe des privaten Sektors. Es wird erwartet, dass sich der Rückgang im verarbeitenden Gewerbe leicht abschwächt, während sich das Expansionstempo im stärkeren Dienstleistungssektor verlangsamen dürfte.
Diese Entwicklung würde sich mit den jüngsten Wirtschaftsdaten decken, die auf einen Verlust der Dynamik in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hindeuten, da die Nachfrage sowohl im Inland als auch auf den wichtigsten Exportmärkten des Landes nachlässt.
Peking hat sich für dieses Jahr ein bescheidenes Wachstumsziel von rund 5 % gesetzt. Anfang dieses Monats versprach Premierminister Li Qiang zur Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung gezieltere Maßnahmen zur Steigerung der Binnennachfrage und zur Stabilisierung der Auslandsnachfrage.
5. Inflation in der Eurozone
Am Donnerstag werden in der Eurozone die Daten zur Verbraucherpreisinflation für den Monat Mai veröffentlicht. Sie werden vermutlich unterstreichen, dass die Europäische Zentralbank in ihrem Kampf gegen den Preisdruck noch einen weiten Weg vor sich hat.
Die aktuelle Inflationsrate in der Staatengemeinschaft ist nichts für schwache Nerven: Mit 7 % im Jahresvergleich liegt sie auf einem beachtlichen Niveau. Doch damit nicht genug, denn auch die Kernrate erreicht mit 5,4 % eine markante Höhe. Beide Werte überschreiten deutlich das erklärte Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 %.
Die EZB machte anlässlich ihrer letzten Sitzung Anfang des Monats deutlich, dass sie die Zinssätze weiter anheben wolle, und erklärte, es müsse noch „mehr getan werden“, um die Inflation einzudämmen.
Daten vom vergangenen Donnerstag haben gezeigt, dass Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, im ersten Quartal in eine technische Rezession gerutscht ist, hier wirkt sich die hohe Inflation bereits negativ auf die Konsumstimmung aus.
-- Investing.com/Reuters