PARIS/LONDON (dpa-AFX) - An Europas Börsen sind die Kurse vor dem EZB-Leitzinsentscheid weiter angezogen. Nach einem zunächst zögerlichen Start zeigte sich der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) im Verlauf zunehmend von der freundlichen Seite und verbuchte am späten Vormittag ein Plus von 0,76 Prozent auf 3365,18 Punkte.
Ähnlich sah es an der Regionalbörsen aus. In Paris notierte der französische Leitindex Cac 40 (CAC 40) zuletzt um 0,62 Prozent höher bei 5324,74 Punkten. Der britische FTSE 100 stieg ähnlich stark - hier betrug das Plus zuletzt 0,61 Prozent auf 7264,09 Zähler.
US-Notenbanker hatten in dieser Woche die Hoffnung auf bald sinkende Zinsen entfacht und damit die Kauflaune der Anleger neu angekurbelt, nachdem die Investoren im Mai vor allem wegen der internationalen Handelsstreitigkeiten in Deckung gegangen waren. Der Zollzwist bleibt trotz fehlender aktueller Nachrichten weiter ein Dauerbrenner im Handel, doch richten sich am Donnerstag nun alle Blicke auf die europäischen Währungshüter. Am frühen Nachmittag gibt die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzinsentscheid bekannt.
Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets geht davon aus, dass EZB-Präsident Mario Draghi auf die Abwärtsrisiken im Wachstum der Eurozone gepaart mit nachlassenden Inflationserwartungen verweisen dürfte. Weil die EZB angesichts Zinsen bei Null dort aber nicht mehr viel tun könne, warte der Markt nun auf "neue kreative Ideen der europäischen Notenbanker".
Im Branchentableau waren Immobilienwerte hinteren zu finden. Dagegen griffen die Anleger verstärkt bei als defensive Werte geltenden Versorgern (STOXX Europe 600 Utilities) zu, die im Schnitt 1,38 Prozent vorrückten.
Angeführt wurde der EuroStoxx50 vom Luxusgüterkonzern Kering (9:PRTP) mit einem Plus von mehr als zweieinhalb Prozent. Am Index-Ende verloren die Orange-Papiere nach einer gestrichenen Kaufempfehlung durch die US-Bank Morgan Stanley (NYSE:MS) mehr als zwei Prozent. Analyst Emmet Kelly geht davon aus, dass die Investitionen beim französischen Telekommunikationskonzern für längere Zeit hoch bleiben dürften.
Thema des Tages am Aktienmarkt aber war der abgeblasene Zusammenschluss der beiden Autobauer FiatChrysler und Renault (9:RENA). Die Italiener hatten am Morgen überraschend ihren Antrag an die Franzosen zurückgezogen. Renault-Aktien verloren in der Spitze fast acht Prozent an Wert und landeten damit weit abgeschlagen auf dem letzten Platz im französischen Leitindex. Im Tief bei 51,71 Euro näherten sich die Papiere wieder dem Kurs vor Bekanntwerden der Fusionspläne an.
Fiat-Anteilsscheine gingen am Morgen um fast vier Prozent in die Knie, konnten die Verluste im Verlauf aber abschütteln. Zuletzt verbuchten die Papiere sogar ein moderates Plus von rund einem halben Prozent. Analysten zeigten sich vom Platzen des Geschäfts überrascht. Der Deal hätte die Probleme von FiatChrysler in Europa lösen können und Renault neue Möglichkeiten eröffnet, schrieb etwa Bernstein-Analyst Max Warburton.