PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger an Europas Börsen haben sich am Mittwoch von der neuerlichen Hoffnung auf eine Einigung im US-chinesischen Handelsstreit mitreißen lassen. Nach starken Vorgaben aus Asien ging es für den EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) bis zum späten Vormittag um 1,28 Prozent auf 3094,43 Punkte hoch.
Der europäische Leitindex war zu Wochenbeginn auf ein Zweijahrestief gefallen, konnte am Dienstag aber wieder kräftig aufholen. Im Handelsstreit zwischen den USA und China zeichnen sich nun Lichtblicke ab. So soll die Regierung in Peking laut Medienberichten zugestimmt haben, ihre Zölle auf Autoimporte zu senken.
Für Erleichterung sorgt zudem, dass die in Kanada festgenommene Finanzchefin des chinesischen Telekom-Konzerns Huawei vorerst gegen Kaution auf freien Fuß kommt. Meng Wanzhou war am 1. Dezember auf Betreiben der US-Behörden in Kanada festgenommen worden, was zuletzt wieder den Konflikt zwischen den USA und China verstärkt hatte. US-Präsident Donald Trump erwägt nun zu intervenieren, um ein Abkommen mit dem Reich der Mitte zu erreichen.
Auch an den Regionalbörsen setzte sich die jüngste Erholung zur Wochenmitte weiter fort. Der französische Cac 40 (CAC 40) rückte um 1,61 Prozent auf 4883,55 Punkte vor. Auch an der Londoner Börse zeigten sich die Anleger trotz des anhaltenden Streits um den Brexit-Deal in Kauflaune. Der britische FTSE 100 gewann zuletzt 1,07 Prozent auf 8679,76 Zähler hinzu.
Die britische Premierministerin Theresa May muss sich wegen ihres Brexit-Kurses noch an diesem Mittwochabend im Parlament einer Abstimmung über ihr Amt als Chefin der konservativen Regierungspartei stellen. Sollte sie die Abstimmung verlieren, wäre auch ihr Posten als Premierministerin nicht mehr zu halten. Das britische Pfund gab unterdessen weiter nach.
Auf Unternehmensseite konnten in Europa nahezu alle Branchen zulegen, angeführt vom Autosektor (Stoxx 600 Automobiles & Parts RP), der mit einem Kursplus von im Schnitt 1,65 Prozent von der Aussicht auf sinkende Zölle und ein Ende des Handelsstreits profitierte. Einzig der Einzelhandel (STOXX Europe 600 Retail) verbuchte ein moderates Minus von 0,13 Prozent. Hier färbten enttäuschende Branchennachrichten der beiden Textilketten Inditex (11:ITX) und Superdry ab.
Viele Marktbeobachter zeigten sich von Umsatz und Ergebnis der spanischen Zara-Mutter enttäuscht und zweifeln nun, ob Inditex tatsächlich seine vom Management bestätigte Prognose noch erfüllen kann. Die Aktien verloren zuletzt noch rund vier Prozent. In London brachen Superdry-Papiere um fast 31 Prozent ein. Die britische Bekleidungskette ächzt weiterhin unter dem zu warmen Wetter. Börsianer zeigten sich neben den Halbjahreszahlen vor allem vom schwachen Ausblick geschockt.
Unterdessen kämpft die Supermarktkette Sainsbury (3:SBRY), deren Fusionspläne mit der Walmart-Tochter Asda von den britischen Wettbewerbsbehörden unter die Lupe genommen werden, vor einem Gericht um mehr Zeit für die Erbringung der nötigen Unterlagen. An der Börse wurde die Nachrichten so interpretiert, dass das Geschäft in Gefahr sein könnte. Sainsbury-Aktien verloren rund viereinhalb Prozent.
Aktien der niederländischen Supermarktkette Ahold gehörten gegen den Branchentrend mit mehr als zwei Prozent Kursplus dagegen zu den Favoriten im EuroStoxx 50. Bei den Anlegern kam gut an, dass das Unternehmen laut Medienberichten einige Filialen zu Essenstempeln umstrukturieren will und dafür mit den Lieferanten Takeaway und Deliveroo über eine mögliche Zusammenarbeit spricht.