- von Ilona Wissenbach
Renningen (Reuters) - Der Imageschaden von Dieselautos durch den Abgasskandal bei Volkswagen (DE:VOWG) und Umweltprobleme in Städten macht dem stark von dieser Technik abhängigen Autozulieferer Bosch Sorgen.
"Ein Diesel-Fahrverbot wäre ein Kurzschluss", warnte Bosch-Chef Volkmar Denner am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz des Stiftungskonzerns in Renningen. Geplante Fahrverbote von Städten wie Paris, Athen, Madrid oder auch Stuttgart seien "schädlich für Arbeitsplätze und Handel, schädlich aber auch für den Klimaschutz." Bei Bosch sind 50.000 der rund 390.000 Jobs weltweit vom Diesel abhängig. Ein Verlust des Diesels hätte erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigung, ergänzte Denner.
Die gesamte Autobranche verstärkt wegen der wachsenden Verunsicherung der Kundschaft ihr Werben für Dieselautos. Auch nach der Ansicht von VW-Chef Matthias Müller und BMW-Chef Harald Krüger spielen moderne, sauberere Dieselmotoren eine Schlüsselrolle bei der Klimapolitik. Bosch-Chef Denner will mit Fakten das Vertrauen der Verbraucher und die Glaubwürdigkeit der Autoindustrie zurückgewinnen. Zu dem Vertrauensverlust hat der weltgrößte Autozulieferer allerdings selbst beigetragen. Denn er lieferte ebenso wie der Rivale Continental dem VW-Konzern Software zur Motorsteuerung, mit deren Hilfe die Abgasreinigung von Dieselmotoren manipuliert wurde. In den USA musste Bosch deshalb einen Vergleich mit VW-Kunden über eine Entschädigung von umgerechnet 300 Millionen Euro abschließen.
Der Abgasskandal trug dazu bei, dass in Stuttgart und anderen Großstädten in Deutschland Fahrverbote speziell für Diesel-Autos eingeführt werden könnten, obwohl diese nur für einen Teil der Luftverschmutzung verantwortlich sind. Die Diskussion schreckt Käufer zunehmend von der Anschaffung eines Diesels ab, wie rückläufige Zulassungszahlen zeigen. Das spürt auch Bosch. Im zweiten Halbjahr sinke die Auslastung der Dieselwerke, erklärte Rolf Bulander, Chef der Autosparte Mobility Solutions. Die Beschäftigungslage sei "kipplig".
Bosch geht trotz der Diesel-Diskussion und des Umschwungs zu Elektromobilität davon aus, dass 2025 noch 90 Prozent der Autos mit Diesel- oder Benzinmotor gebaut werden. Es sei inzwischen technisch bewiesen, dass der Stickoxid-Ausstoß wie geplant in einigen Jahren den Grenzwerten entsprechen werde - auf dem Prüfstand wie auf der Straße, betonte Denner. Um die Klimaschutzziele zum Rückgang von Kohlendioxid (CO2) zu erreichen, seien sparsamere Diesel-Pkw unverzichtbar. Auch neue Entwicklungen wie synthetische Kraftstoffe sollen den Verbrennungsmotor retten.
VORSICHTIGE PROGNOSE
Zum Jahresauftakt konnte Bosch den Umsatz, zu dem die Autosparte 60 Prozent beisteuert, um zwölf Prozent steigern. Dazu trug allerdings ein schwaches Vergleichsquartal im Vorjahr bei. Dennoch steckt sich der nicht börsennotierte Konzern erneut ein moderates Ziel für das Umsatzwachstum von drei bis fünf Prozent. Vor allem die Unsicherheit über den zuletzt schwachen US-Markt machten vorsichtig, sagte Denner. Die Rendite, die 2016 auf 5,8 von 6,5 Prozent gesunken war, solle steigen.
Im vergangenen Jahr drückten höhere Investitionen und Ausgaben für die Entwicklung von Produkten für selbstfahrende Autos oder digitale Anwendungen in Haushalten und Industrie den operativen Gewinn. Der Aufwand für Forschung und Entwicklung stieg um 600 Millionen Euro auf sieben Milliarden Euro. Als "Innovationsführer" wolle Bosch den Wandel in der Autoindustrie vorantreiben, erklärte Denner.
Trotz eines Umsatzzuwachses um währungsbereinigt 5,5 Prozent auf rund 73 Milliarden Euro sank das um Sonderfaktoren bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um etwa 6,5 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro. Unbereinigt brach das Ebit um 28 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro ein. Denn neben Abschreibungen auf übernommene Firmen schlugen die Rechtskosten im Zusammenhang mit dem Dieselskandal in den USA und das noch laufende EU-Kartellverfahren zu Buche.