Investing.com - Nach der Präsentation der neuen Limousine ET7, äußern sich erste Analysten positiv zu den Geschäftsaussichten von Nio (NYSE:NIO) zur Eroberung des chinesischen Marktes - etwas, das Tesla (NASDAQ:TSLA) überhaupt nicht schmecken dürfte.
Das Elektroauto-Startup Nio stellte am Samstag die ET7-Limousine vor, deren Basispreis bei 69.000 Dollar vor staatlichen Zuschüssen beginnt. Das Akkupaket mit 70 Kilowattstunden (kleinste Version) soll eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern bieten, ähnlich die von Tesla. Nio will aber auch größere Akkupakete anbieten. Ein Akkupaket mit 150 Kilowattstunden soll die Reiweite auf bis zu 1.000 Kilometer bringen.
Der Nio-Aktienkurs erreichte am Montag bereits den zweiten Börsentag in Folge ein Rekordhoch. Im Tageshoch wechselte der Anteilsschein für 66,99 Dollar den Besitzer. Den Handel beendete die Aktie mit 62,70 Dollar 6,70 Prozent im Plus. Nio teilte gestern Abend noch mit, man wolle vorrangige Wandelanleihen platzieren und damit 1,3 Milliarden Dollar einsammeln. Die Mittel sollen für allgemeine Unternehmenszwecke und zur Stärkung der Bilanz sowie den Crash-Reserven genutzt werden, hieß es in der Pressemitteilung.
Tesla-Aktien mussten dagegen ihren ersten Tagesverlust seit elf Gewinntagen in Folge hinnehmen: die Titel des US-Elektroautounternehmens büßten zum Handelsschluss an der NASDAQ knapp 8 Prozent ihres Wertes ein und schlossen auf 811,19 Dollar. Am Freitag hatten die Tesla-Aktien in der Spitze 884,49 Dollar erreicht und damit ein neues Allzeithoch markiert.
"Das ist Nios Vorzeigefahrzeug im Limousinen-Segment", sagte Bill Russo, Gründer und CEO von Automobility Limited, am Montag in der CNBC-Sendung "Street Signs Asia". Er erklärte, dass sich das Unternehmen bereits als Premium-Marke in der SUV-Kategorie etabliert habe, wo die Verkaufszahlen höher seien als bei seinen Mitbewerbern in China.
"Jetzt steigen sie in das Limousinen- oder Premium-Segment ein", so Russo und fügte hinzu, dass der ET7 mit Teslas importiertem Model S in Konkurrenz treten kann.
Derzeit verkauft Nio drei SUV-Modelle, die in einer Fabrik in der ostchinesischen Stadt Hefei gebaut werden.
"Natürlich ist die am Nio Day angekündigte Preisgestaltung gegenüber dem Model S durchaus konkurrenzfähig", sagte er und ergänzte: "Es ist eine Erklärung auf die Spitzenposition, es ist ein Zeichen dafür, wo sie ihre Marke zu positionieren hoffen, und dass sie unter den chinesischen Herstellern die Premiummarke (für Elektrofahrzeuge) sein wollen.“
In China sieht sich Nio neben Tesla auch einer Vielzahl inländischer Konkurrenten gegenüber, wie Xpeng (NYSE:XPEV), Li Auto (NASDAQ:LI), BYD (SZ:002594) und Geely (HK:0175). Baidu (NASDAQ:BIDU) und Geely kündigten zuletzt an, gemeinsam ein intelligentes Elektroauto zu bauen.
Laut Regierungsdaten stieg der Absatz von reinen Elektrofahrzeugen von Januar bis November um 4,4 Prozent im Vergleich zu einem Rückgang der gesamten Pkw-Verkäufe um 7,6 Prozent im selben Zeitraum. Dennoch blieben die Auslieferungszahlen hinter denen von Tesla zurück.
Nios Auslieferungen für 2020 haben sich eigenen Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr auf 43.728 Fahrzeuge mehr als verdoppelt. Im Dezember wurden 7.007 Autos an die Kundschaft gebracht. Das ist ein Plus von 121 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und entspricht einem neuen monatlichen Bestwert.
Zum Vergleich: Tesla konnte seinen Absatz auf Jahressicht um 36 Prozent auf 499.550 Autos steigern. Im vierten Quartal wurden 161.650 Fahrzeuge des Model 3 und Model Y ausgeliefert und 163.660 Fahrzeuge produziert. Außerdem konnte der Autohersteller 18.920 Model S- und X-Fahrzeuge absetzen.
"Freilich versucht sich jeder gegen Tesla zu positionieren. Tesla ist schließlich gegenwärtig der Marktführer. Seine Marktkapitalisierung liegt deutlich über der aller anderen", sagte Russo. Der Börsenwert von Tesla lag am Montag zum Handelsschluss bei rund 768,93 Milliarden Dollar, während Nio auf eine Marktkapitalisierung von rund 103 Milliarden Dollar kam.
Nio "versucht, sich als das chinesische Tesla zu etablieren, was bedeutet, dass man sich als Premium-EV-Marke in China mit Zugang zum chinesischen Markt betrachten muss, der in den nächsten fünf Jahren erheblich wachsen wird", sagte Russo.
"Diese Unternehmen werden mit dem Markt wachsen und meiner Meinung nach ist Nio gut positioniert, um einen großen Teil davon zu erobern", sagte er und fügte hinzu, dass das Unternehmen noch immer nicht seine gesamte Lieferkette kontrolliert und bei Komponenten wie Chipsätzen für autonomes Fahren auf Dritte angewiesen ist.
Nio und Nvidia (NASDAQ:NVDA) machen gemeinsame Sache
Die ET7-Limousine von Nio hat Tesla laut 24/7 Wall Street "fest im Visier".
Es geht vor allem um Rechenleistung, und genau das bringt Nvidias Orin in Nio. Dieser skalierbare Supercomputer-on-a-Chip kann bis zu 254 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde (TOPS) durchführen. Die Adam-Plattform von Nio nutzt vier der Chips auf einer einzigen Platine und liefert so eine Gesamtrechenleistung von 1.016 TOPS.
Daten aus dem Jahr 2019 belegen, dass der Orin-Chip 200 Billionen Operationen pro Sekunde durchführen kann, fast das Siebenfache von NVIDIAs bisherigem Xavier-Chip (30 Billionen Operationen) und deutlich mehr als Teslas FSD-Computer (144 Billionen), so Electrik.
Letzte Woche teilte Nio mit, dass es NVIDIA DRIVE Orin für modernste automatisierte Fahrtechnologie in seinen zukünftigen Flotten einsetzen werde. Li Auto erklärte im September, dass es Orin in seiner nächsten Generation von Fahrzeugen nutzen werde, die mit Desay SV entwickelt werden. Xpeng, das ebenfalls mit Desay zusammenarbeitet, verwendet NVIDIA DRIVE AGX Xavier in seinem XPilot.
JPMorgan (NYSE:JPM) mit höchstem Kursziel für Nio-Aktien unter den Wall-Street-Analysten
Die Analysten der Bank of America (NYSE:BAC) und der Deutschen Bank (DE:DBKGn) erhöhten ihre Kursziele für Nio-Aktien auf 70 Dollar, während JPMorgan mit 75 Dollar das höchste Kursziel unter den Wall Street-Analysten vergab.
In einer Notiz mit dem Titel "Three Big Steps Forward" zitierte CNBC JPMorgan, die die Aktie mit "Overweight" bewerten, dass Nio "eher wie eine wachstumsstarke Technologie-/EV-Aktie als ein Autohersteller behandelt werden sollte".
Analyst Nick Lai wies auf mehrere Faktoren hin, die die Nachfrage ankurbeln sollten, darunter die hauseigene autonome Fahrzeugsoftware von Nio sowie die Festkörperbatterie für das neue Modell. Auch die Option der Kunden für das autonome Fahren monatlich zu bezahlen, sieht er als den Beginn der Content-Monetarisierung für Nio.