von Robert Zach
Investing.com - Blutbad bei chinesischen Elektroauto-Aktien: In der gestrigen Handelssitzung erlebten die in den USA gehandelten Papiere der wichtigsten Elektroauto-Hersteller im Reich der Mitte ihr eigenes Armageddon. Bis zu 17 Prozent stürzten Nio (NYSE:NIO), Xpeng (NYSE:XPEV), Li Auto (NASDAQ:LI) und BYD (OTC:BYDDY) ab.
Ausschlaggebend für die Kursverluste war die Meldung, dass der chinesische Präsident Xi Jinping eine dritte Amtszeit anstrebt und auf dem Parteitag der Kommunistischen Partei eine ganze Reihe von ergebenen Vertretern in seinen engsten Führungskreis berufen hat. Befürchtungen am Markt, dass sich diese Entwicklung negativ auf den privaten Sektor in China und die Wirtschaft des Landes im Allgemeinen auswirken könnte, drückten den Hongkonger Hang Seng-Index auf den tiefsten Stand seit 2007.
So könnte Xi seine Null-Covid-Politik so lange fortsetzen, wie er es für richtig hält. Die breit angelegten Lockdowns haben sich in der Vergangenheit bereits negativ auf die Wirtschaft des Landes ausgewirkt. So wuchs das chinesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal nur um 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während das für dieses Jahr proklamierte Wachstumsziel von 5,5 Prozent mit Blick auf die aktuellen BIP-Zahlen aller Voraussicht nach klar verfehlt werden dürfte.
Am Sonntag sagte Xi, Chinas Wirtschaft sei "widerstandsfähig" und die Fundamentaldaten des Landes seien auf lange Sicht "solide". Zudem versprach er Änderungen in der Politik, um für mehr Wachstum zu sorgen, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen.
"Der Markt sorgt sich, dass mit der Wahl so vieler Xi-Unterstützer nunmehr Xis uneingeschränkte Fähigkeit, eine nicht marktfreundliche Politik zu betreiben, festgeschrieben ist", sagte Banny Lam, Head of Research bei CEB International Investment, im Gespräch mit Bloomberg.
Laut Pantheon Economics hängt das wirtschaftliche Wohlergehen des Riesenreichs in erster Linie von dem weiteren Kurs in puncto Corona-Politik der Kommunistischen Partei ab. "Jede Änderung der Null-Covid-Politik liegt in der Hand von Herrn Xi, der pragmatischer ist, als man ihm zutraut", so Duncan Wrigley, Chefökonom für China bei Pantheon. "Er war für die Schaffung eines dynamischen Privatsektors in der Provinz Zhejiang zuständig und hat vor kurzem seine Haltung zum allgemeinen Wohlstand dahingehend geändert, dass er nach dem Absturz der Tech-Aktien (NYSE:XLK) eine Vergrößerung und eine gleichmäßigere Verteilung des Kuchens forderte."
Ebenfalls auf die Kurse der chinesischen Autohersteller drückte am Montag die Meldung, wonach Tesla (NASDAQ:TSLA) die Einstiegspreise für sein Model 3 und Model Y in China um bis zu 9 Prozent gesenkt hat. Hintergrund sind wohl Anzeichen einer nachlassenden Nachfrage auf dem größten Automarkt der Welt, wie das Wall Street Journal berichtete.
Gleichwohl konnte Nio seine Auslieferungen im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast ein Drittel steigern, während XPeng und Li Auto ihre Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15 bzw. 5 Prozent erhöhten.
"Es bleibt zwar abzuwarten, wie sich die chinesische Wirtschaft unter der dritten Amtszeit von Präsident Xi entwickeln wird, aber die Preissenkung von Tesla ist im Moment möglicherweise kein Zeichen für eine nachlassende Nachfrage", wie Howard Smith von 'The Motley Fool' in einem Blogbeitrag schreibt. "Steigende Rohstoffkosten haben sowohl bei Tesla als auch bei den chinesischen Elektroautoherstellern frühzeitig zu Preiserhöhungen geführt. Einige Rohstoffkosten sind seitdem gesunken, darunter die Kosten für Stahl und Batteriematerialien.“
Smith ergänzte, dass sich Händler mit Blick auf chinesische Aktien auf die langfristigen Auswirkungen der neu installierten chinesischen Führungsspitze konzentrieren sollten, dass aber die Kursrückgänge bei chinesischen Autobauern möglicherweise überzogen seien.