PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die tiefen Ölpreise und ein wieder steigender Eurokurs haben am Dienstag die Stimmung an den Börsen Europas deutlich getrübt. Nach den zuletzt überwiegenden Kursgewinnen seien die Anleger vorsichtig geworden und hätten zu Gewinnmitnahmen tendiert, hieß es aus den Handelsräumen.
Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) bröckelte im Verlauf immer weiter ab und schloss 2,03 Prozent tiefer bei 2906,98 Punkten und damit knapp über seinem Tagestief. Der französische CAC-40-Index (CAC 40) gab um 1,84 Prozent auf 4327,99 Zähler nach. Für den britischen FTSE-100-Index (ISE:UKX) ging es um 0,73 Prozent auf 6645,40 Punkte nach unten.
Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets sprach von der "Rückkehr der Öl-Angst", denn fallende Ölpreise werden von Marktteilnehmern häufig als Signal für eine schwächelnde Weltkonjunktur interpretiert. Es bestehe die Gefahr einer Wiederholung von Szenarien aus dem vergangenen Sommer und zu Jahresbeginn, sagte Stanzl. "Damals kannten die Börsen zeitweise kein anderes Thema mehr als den Ölpreis." Der Eurokurs (FX1:EURUS) stieg zugleich klar über 1,12 US-Dollar, was Exporte von Unternehmen aus der Eurozone ins außereuropäische Ausland erschweren kann.
Sämtliche Branchen rutschten in die Verlustzone. Besonders schwach zeigte sich der Bankensektor mit minus 3,37 Prozent. Die Stresstest-Ergebnisse wirkten nach, und zudem gab die Commerzbank (XETRA:CBKG) bekannt, ihre Jahresziele nicht erreichen zu können. Außerdem hatte die Index-Tochter der Deutschen Börse bekannt gegeben, dass sowohl Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) als auch Credit Suisse (VTX:CSGN) (ETR:CSX) in wenigen Tagen den währungsgemischten Stoxx Europe 50 (DJX:SX5P) verlassen müssen. Im EuroStoxx ist Index-Experten zufolge zudem der Platz von Unicredit (MI:CRDI) (FSE:CRI) (AFF:UCG) gefährdet, falls nicht rechtzeitig vor September eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird.
So wundert es kaum, dass die Unicredit-Aktien mit einem Minus von etwas mehr als 7 Prozent das Schlusslicht im Eurozonen-Leitindex waren und ihre Talfahrt vom Montag damit fortsetzten. Sehr schwach zeigten sich auch die Papiere der Banco Santander (MADRID:SAN) (ETR:BSD2) mit minus 4,87 Prozent. Intesa Sanpaolo (MILAN:ISP) (ETR:IES) büßten 3,79 Prozent ein. Im zweiten Quartal war der Gewinn der italienischen Bank allerdings trotz der Niedrigzinsen und der großen Sorgen um die Kreditinstitute des Landes nur um rund vier Prozent abgerutscht, während Analysten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet hatten.
In London schnellten Direct Line Insurance mit einem Kurszuwachs von mehr als 12 Prozent an die Spitze im Leitindex FTSE 100. Beim Versicherer war der Halbjahresgewinn nicht so deutlich abgesackt wie Analysten befürchtet hatten.
In Paris büßten die Anteile der Fluggesellschaft Air France-KLM (PSE:PAF) (FSE:AFR) 1,78 Prozent ein. Der Konzern, dem bis Montag Flugbegleiterstreiks zu schaffen gemacht hatten, bezifferte die Streikkosten auf etwa 90 Millionen Euro.