PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Das Europawahl-Ergebnis hat am Montag die Stimmung an den europäischen Aktienmärkten getrübt. Nach dem US-Börsenstart hellte sie sich an den meisten Handelsplätzen dank einer stabilen bis leicht positiven Entwicklung an der Wall Street allmählich ein wenig auf. Kaum dagegen in Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron nach der Niederlage seines Mitte-Lagers eine baldige Neuwahl des heimischen Parlaments ankündigte. Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets (LON:CMCX) sprach von einem "politischen Paukenschlag in Paris".
Das starke Abschneiden rechter und rechtsextremer Parteien bei der Europawahl sei nicht nur für die deutsche Ampelkoalition, sondern auch für die französische Regierung eine bittere Pille, sagte Analyst Christian Henke vom Broker IG.
Der EuroStoxx 50 verlor letztlich 0,69 Prozent auf 5016,48 Punkte, nachdem es zeitweise für den Eurozonen-Leitindex um anderthalb Prozent abwärts gegangen war. Der französische Cac 40 büßte 1,35 Prozent auf 7893,98 Punkte ein und fiel auf den tiefsten Stand seit Februar. Der britische FTSE 100 hielt sich dagegen recht stabil mit minus 0,20 Prozent auf 8228,48 Punkte.
Die Risikoscheu der Anleger zeigte sich auch am europäischen Anleihemarkt. Die Renditen stiegen auf breiter Front, besonders aber in Frankreich. Am Devisenmarkt sank der Eurokurs weiter und knüpfte so an den deutlichen Rückschlag am Freitag nach dem monatlichen US-Arbeitsmarktbericht an.
Dass Frankreich nun noch vor Beginn der Olympischen Spiele im Land die Nationalversammlung neu wählen soll, kommt laut Marktstratege Vincent Juvyns von JPMorgan (NYSE:JPM) Asset Management überraschend. Das verstärkt ihm zufolge die Unsicherheit, zumal den Franzosen im späteren Monatsverlauf ohnehin noch ein Verfahren in der EU wegen des hohen Haushaltsdefizits drohe. Über die Zusammensetzung ihres Parlaments muss die Nation bald schon in zwei Wahlgängen, am 30. Juni und am 7. Juli, abstimmen.
Mit Blick auf die Branchen zeigten sich die meisten im Minus. Schlusslicht in Europa war die Nahrungsmittel- und Getränkebranche mit minus 1,2 Prozent. Zu den Favoriten zählten unterdessen der Rohstoff- und der Öl- und Gassektor mit jeweils fast einem Prozent Plus.
In Frankreich litten vor allem Bankenwerte, aber auch Unternehmen aus der Infrastruktur-, Bau- und Versorgerbranche unter der politischen Unsicherheit. Die Papiere der BNP Paribas (ETR:BNPP) büßten 4,8 Prozent ein und die der Societe Generale (EPA:SOGN) sogar 7,5 Prozent. Für Vinci (EPA:SGEF) ging es um 5,4 Prozent abwärts, für Saint-Gobain um 3,2 Prozent. Die Anteile des Versorgers Engie (EPA:ENGIE) verloren ebenfalls 3,2 Prozent. Laut Barclays-Analyst Peter Crampton bringt die Unsicherheit in Frankreich für dortige Versorger (NYSE:XLU) erhöhte Risiken mit sich.
Macron will mit der Neuwahl der Nationalversammlung klare politische Verhältnisse schaffen. Er hofft, mit dem riskanten Manöver eine stabilere Mehrheit für seine verbleibende Amtszeit zu schaffen. Sein Regierungslager hat seit zwei Jahren keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, weshalb sich das Regieren seither mühselig gestaltet. "Doch diese Mehrheit zu erreichen, dürfte nicht einfach werden, denn Macrons Partei wirkt geschwächt", warnte JPMorgan-Experte Raphael Brun-Aguerre.
Ansonsten bewegten vor allem Umstufungen: So setzten sich im Schweizer SMI die Papiere von Givaudan (SIX:GIVN) an die Spitze des Leitindex mit plus 1,1 Prozent und die von Nestle (SIX:NESN) ans Ende mit minus 2,5 Prozent. Die britische Investmentbank Barclays (LON:BARC) stufte Givaudan auf "Equal Weight" hoch und nannte die besser als befürchtet ausgefallenen Aussichten im Bereich der Parfümduftstoffe Fine Fragrances (NYSE:IFF) als Grund. Die US-Investmentbank Morgan Stanley (NYSE:MS) indes ist jetzt nur noch neutral für Nestle gestimmt.
Die Aktien des spanischen Flughafenbetreibers Aena büßten 2,0 Prozent ein und fast ebenso deutlich gaben die Anteile des britischen Versicherers Aviva nach. Die einen litten unter einer gestrichenen Kaufempfehlung der US-Bank Goldman Sachs (NYSE:GS), die anderen unter einer der US-Bank JPMorgan.