Vor einigen Jahren galten Schwellenländer-Aktien als eine Quelle für Pep und Rendite im Depot. Insbesondere China-Aktien waren Hoffnungsträger und Anleger bauten auf das rasante Wirtschaftswachstum in dem asiatischen Land. Doch mittlerweile hat sich die Euphorie rund um chinesische Unternehmen in Angst und Pessimismus umgekehrt.
Auch die Kurse von China-Aktien haben sich wenig zufriedenstellend entwickelt. Vor allem seit Anfang 2021 werden chinesische Aktien von Anlegern geschmäht. Der Kursabsturz hat dazu geführt, dass der MSCI China über die letzten zehn Jahre gerechnet lediglich eine durchschnittliche Jahresrendite von 5,7 % einbrachte. Industrieländer-Aktien, gemessen am MSCI World (ETR:X010), entwickelten sich mit einer Rendite von durchschnittlich 10,0 % pro Jahr fast doppelt so gut.
Diese Underperformance hat dazu geführt, dass chinesische Aktien nun günstiger bewertet sind als der internationale Durchschnitt. Haben wir es also mit einer günstigen Einstiegsgelegenheit zu tun? Oder sollten Anleger jetzt erst recht einen Bogen um China-Aktien machen?
China-Aktien: Der Wachstumsmotor stottert Das rasante Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte wirkte lange Zeit sehr attraktiv auf Investoren. Vor allem Tech-Aktien (NYSE:XLK) wie Baidu (NASDAQ:BIDU) (WKN: A0F5DE), Alibaba (NYSE:BABA) (WKN: A117ME) und Tencent (HK:0700) (WKN: A1138D) waren (und sind) hierzulande sehr beliebt, gelten sie doch als die chinesischen Versionen erfolgreicher amerikanischer Tech-Konzerne wie Alphabet (NASDAQ:GOOGL), Amazon (NASDAQ:AMZN) und Meta. Da liegt die Vermutung nahe, dass diese China-Aktien auch die phänomenalen Renditen ihrer westlichen Spiegelbilder erzielen könnten.
Doch nun lässt das chinesische Wirtschaftswachstum abrupt nach. Dafür ist zu einem großen Teil die extrem strenge Covid-Politik verantwortlich – von der sich die Führung aber nicht ohne Weiteres verabschieden kann, weil sie damit auch ihr eigenes Scheitern eingestehen würde. Auch die schwächelnde Konsumkraft der Chinesen und die Krise im Immobilienmarkt hemmen das Wirtschaftswachstum und begrenzen damit die Wachstumsaussichten für China-Aktien.
Hohes politisches Risiko Nicht nur die gesamtwirtschaftlichen Aussichten sind trüber denn je. Die Führung in Peking geht seit einiger Zeit auch gezielt gegen einzelne Konzerne vor, die aus Sicht der Regierung zu viel Macht haben. Das Risiko ist unkalkulierbar, da wir schlicht nicht wissen, wie weit Peking gehen würde.
In den nächsten Monaten und Jahren könnte zudem Chinas Einstellung gegenüber ausländischen Investoren noch restriktiver werden. Schon 2021 torpedierten chinesische Regulatoren auf spektakuläre Art und Weise den US-Börsengang des chinesischen Ridesharing-Anbieters Didi (OTC:DIDIY) (WKN: A3CTLG). Seither führten die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Reich der Mitte schon zu einigen weiteren Delistings von China-Aktien.
Unternehmen wenden sich ab Nicht nur für westliche Anleger, sondern auch für westliche Unternehmen war China lange Zeit ein beliebtes Investitionsziel. Doch nun wenden sich einige Konzerne ab, darunter Schwergewichte wie Apple (NASDAQ:AAPL) (WKN: 865985). Medienberichten zufolge setzt der Tech-Konzern bei der Auftragsfertigung von iPhone und Co. in Zukunft stärker auf Indien und Vietnam.
Angesichts der schwachen Wachstumsaussichten und der immensen Unsicherheiten im Zusammenhang mit Investitionen in China ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass China-Aktien derzeit etwas günstiger sind als der durchschnittliche MSCI World-Titel. Denn die Aktienbewertung spiegelt genau diese Unsicherheitsfaktoren und schlechten Aussichten wider.
China-Aktien: Eine vorübergehende Krise? Für China-Aktien sprechen nach wie vor der kometenhafte Aufstieg des Landes in den vergangenen Jahrzehnten sowie die hohen Ambitionen der Führung. Bei vielen wichtigen Zukunftstechnologien will man langfristig führend sein und schließlich die USA von der Weltspitze verdrängen. China hat bereits gezeigt, wozu es in der Lage ist.
Und trotz all der Krisen konnte das asiatische Land in den vergangenen zweieinhalb Jahren seinen Anteil an der globalen Wertschöpfung von 19,5 % auf über 21 % erhöhen. Schließlich zeigen sich derzeit auch andere Länder nicht unbedingt krisenfest, Deutschland eingeschlossen.
Ich persönlich werde mich bei China-Aktien zurückhalten, da mir die Risiken im Verhältnis zu den Chancen zu hoch sind. Aber ich kann jeden verstehen, der an Investitionen in China-Aktien interessiert ist.
Der Artikel Sollten Anleger jetzt in China-Aktien investieren? ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.
Christoph Gössel besitzt Aktien von Alphabet (C-Aktien) und Amazon. John Mackey, CEO von Whole Foods Market, einer Amazon-Tochter, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. Suzanne Frey, eine Führungskraft bei Alphabet, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Alphabet (A- und C-Aktien), Amazon, Apple, Baidu, Meta Platforms (NASDAQ:META) und Tencent Holdings (F:NNND). The Motley Fool empfiehlt die folgenden Optionen: Long March 2023 $120 Calls auf Apple und Short March 2023 $130 Calls auf Apple.
Motley Fool Deutschland 2022