von Geoffrey Smith
Investing.com -- Hat das Bundesverfassungsgericht gerade die Gans getötet, die die goldenen Eier legt?
Investoren in eine Handvoll Wohnimmobilienverwalter werden genau dies denken, nachdem am Dienstag ein Urteil ergangen war, das eine Verordnung der Bundesregierung zur Begrenzung der Mietsteigerungen, die Mietpreisbremse, bestätigte. Das Entscheidung bedroht ein Geschäftsmodell, das im letzten Jahrzehnt überaus erfolgreich war, bei dem Unternehmen wie Dax Mitglied Vonovia (F:VNAn) und Midcap Deutsche Wohnen (DE:DWNG) die am Boden liegenden Kreditkosten genutzt haben, um Städte wie Berlin zu gentrifizieren, Altbauten aufzuwerten und dann die Mieten auf ein Niveau anzuheben, das - wenn auch eher im Einklang mit Metropolen wie anderen europäischen Hauptstädten - weit über die Zahlungsfähigkeit älterer Mieter hinausgegangen ist.
Vonovia fiel auf die Nachrichten um 1,8% auf ein Siebenwochentief, während die Deutsche Wohnen um 1,7% auf den niedrigsten Kurs seit Beginn des Jahres 2017 absackte. Die Deutsche Wohnen, deren Geschäft sich auf Berlin konzentriert, wo die Mietproblematik am größten ist, hat seit dem Frühjahr fast ein Drittel an Wert eingebüßt, seit der Senat der Stadt, der von den beiden großen linken Parteien und den Grünen gestellt wird, seine eigenen Pläne für strengere Mietkontrollen auf den Weg brachte.
LEG Immobilien (DE:LEGn) und TAG Immobilien (DE:TEGG), zwei weitere Immobilien-Midcaps, fielen um 2,4% bzw. 1,6%.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts bezog sich auf eine andere Initiative der Bundesregierung, aber ihre Sprache stellt einen ominösen Präzedenzfall für eine neue Hierarchie von Grundsätzen dar, bei der soziale Anliegen über das Recht der Eigentümer gestellt wird, einen marktgerechten Preis für ihr Vermögen zu verlangen. Dies könnte es für die Deutsche Wohnen und Vonovia schwieriger machen, weitere, noch drakonische Pläne des Berliner Senats anzufechten.
“ Es ist im öffentlichen Interesse, gegen die Vertreibung weniger wirtschaftsstarker Bevölkerungsgruppen aus Arbeitervierteln vorzugehen“, begründet das Urteil den Eingriff in den Bereich der Eigentümerrechte, die von der deutschen Verfassung in der Regel robust verteidigt werden.
Die “Mietbremse“ der Bundesregierung begrenzt die Mietsteigerungen auf 10% über einem lokalen Referenzpreis, der sich aus dem aktuellen Mietniveau ergibt, lässt jedoch einige Ausnahmen bei Neubauten und Restaurierungen zu. Ein Bundesregierungsausschuss hat sich am Wochenende grundsätzlich darauf geeinigt, die Beschränkung bis 2025 zu verlängern.
Ansonsten gaben die europäischen Märkte am Dienstag bei geringen Umsätzen ein uneinheitliches Bild ab, da ein schwacher Konjunkturausblick und die politische Unsicherheit sie daran hinderten, den Vorgaben der Wall Street am Montag und Asiens in Nacht zu folgen. Der Benchmark Euro Stoxx 600 ging um weniger als 0,1% auf 373,56 zurück. Das deutsche Dax fiel um einen ähnlichen Betrag, während der FTSE 100 um 0,3% stieg. Der italienische FTSE MIB hinkte dem Rest des Kontinents hinterher und fiel um 0,6%, da mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Giuseppe Conte im Laufe des Tages gerechnet wird, was die Auflösung der derzeitigen Koalition und möglicherweise Neuwahlen in den nächsten Monaten zur Folge haben würde.