von Geoffrey Smith
Investing.com - Der deutsche Zahlungsabwickler Wirecard (DE:WDIG) verzeichnete am Montag nach der Ersetzung seines Vorsitzenden nur einen bescheidenen Kurssprung. Dies lässt vermuten, dass es nach Anschuldigungen über seine Rechnungslegungspraktiken noch viel Arbeit zu tun hat, um das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen.
Der Aktienkurs des Unternehmens erholte sich bis 11:15 MEZ um lediglich 1,9% auf 112,83 Euro, nachdem am Freitag bekannt gegeben wurde, dass der langjährige Aufsichtsratschef Wulf Matthias „aus persönlichen Gründen" mit sofortiger Wirkung zurücktreten wird. Er wird von Thomas Eichelmann abgelöst, der Mitte letzten Jahres als unabhängiges Mitglied in den Aufsichtsrat eingetreten ist. Matthias wird weiterhin im Aufsichtsrat tätig sein, bis sein Vertrag im nächsten Jahr ausläuft.
Der Schritt deutet an, dass das Management nach langer Zeit einen konstruktiveren Ansatz gewählt hat, um die Bedenken in Bezug auf seine historischen Rechnungslegungspraktiken anzugehen, die von der Financial Times in den letzten zwei Jahren in einer Reihe von Veröffentlichungen angegriffen wurden. Die Ergebnisse der FT legen nahe, dass das Unternehmen verschiedene Taktiken anwendete, um Umsatz und Gewinn zu steigern - Einlassungen, die das Unternehmen dementiert hat.
Wirecard (DE:WDIG) beauftragte schließlich im Oktober KPMG mit einer unabhängigen Prüfung seiner Buchführung, nur wenige Tage nachdem Matthias erklärt hatte, dass ein solcher Schritt unnötig sei. Die FT berichtete, dass Eichelmann maßgeblich zur Sicherstellung einer unabhängigen Überprüfung beigetragen habe.
Das Ergebnis der KPMG-Prüfung dürfte einen großen Einfluss auf den Wert des Unternehmens haben. Wirecard (DE:WDIG) war in der Zeit seines schnellsten Wachstums ein Liebling der Privatanleger und seine Aufnahme in den Leitindex DAX machte es zu einem Muss für Tausende von institutionellen Investoren. Das Vertrauen der Anleger in das Unternehmen wurde jedoch nicht nur durch die Anschuldigungen selbst erschüttert, sondern auch durch die offensichtliche Zurückhaltung des Unternehmens bei der Bewältigung dieser Vorwürfe.
Wirecard (DE:WDIG) warf der FT wiederholt vor, mit Leerverkäufern im Bunde zu stehen, die die Aktie zunehmend ins Visier genommen haben. Rund 6,5% des Streubesitzes des Unternehmens waren nach Angaben von Shortsqueeze.com zum Ende des vergangenen Jahres leerverkauft wurden.
Die Aktie liegt derzeit 41% unter ihrem Allzeithoch vom September 2018, als Wirecards Marktwert kurzzeitig den der Deutschen Bank (DE:DBKGn) überstieg. Allerdings sehen die Aktien nach einigen Bewertungsmaßstäben immer noch teuer aus, da der Marktwert das 5,6-fache des Umsatzes der letzten 12 Monate und der Unternehmenswert das 15-fache des vom Management vorhergesagten EBITDAs des nächsten Jahres beträgt.
Wirecard (DE:WDIG) hatte am Montag die beste Kursentwicklung im DAX, an einem Tag, der noch vom schwachen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag überschattet wurde. Der europäische Leitindex Euro Stoxx 600 stieg um 0,1% auf 419,48, während der britische FTSE 100 um 0,5% zulegte, vor allem dank der Hoffnungen auf eine Zinssenkung durch die Bank of England, die das Pfund nach unten zogen.