Bevor ich in ein Unternehmen investiere, stelle ich drei Fragen:
- Welche Gewinnmarge erzielt das Unternehmen?
- Warum erzielt es diese Gewinnmarge?
- Wie hoch ist das zukünftige Margenpotenzial?
In den letzten Jahren spielten diese Fragen keine große Rolle. Solange ein Unternehmen seine Einnahmen steigerte, stieg auch sein Aktienkurs in der Regel. Je schneller das Umsatzwachstum, desto besser, vor allem wenn es sich um einen „digitalen Disruptor“ handelte.
Umsätze sind wichtig Aber allein auf sie können wir uns nicht verlassen. Ich könnte ein Unternehmen gründen, das Euro-Geldscheine für 50 Cent verkauft und ein großes Umsatzwachstum verzeichnet. Aber damit bliebe ich nicht lange im Geschäft. Letztendlich kommt es darauf an, wie sich die Einnahmen in Gewinn und Bargeld verwandeln.
Warum konzentrieren sich Investoren so sehr auf das Umsatzwachstum?
Zum einen sind in einem Umfeld sehr niedriger Zinssätze künftige Cashflows mehr wert. Schließlich zinsen wir sie mit einem niedrigeren Zinssatz ab. Es erscheint also bis zu einem gewissen Grad sinnvoll, dass sich die Anleger weniger auf kurzfristige Gewinne und Barmittel konzentrieren.
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Cashflows in Zukunft immer noch wichtig sind. Unternehmen, die unendlich viel Geld verlieren, sind wertlos und für uns Fools uninteressant.
Wie geht das Management mit seinen Cashflows um? Amazon (NASDAQ:AMZN) (WKN: 906866) etwa brachte uns Anlegern bei, dass es nicht nur in Ordnung ist, keinen Gewinn zu machen. Wir sollten dies sogar aktiv fördern. Das Problem ist jedoch, dass Amazon ein wirklich außergewöhnliches Unternehmen ist, an dessen Spitze lange Zeit ein genialer Gründer stand.
Die Annahme, dass andere Unternehmen wie Amazon sein werden, ist gefährlich. Aktuelle buchhalterische Gewinne müssen keine große Rolle spielen – vorausgesetzt, die Cashflows werden sinnvoll reinvestiert, um die zukünftige Rentabilität zu steigern.
Womit ich bei meinen drei Fragen und deren Beantwortung bin.
Welche Gewinnmarge erzielt das Unternehmen und warum? Es ist zu einfach zu sagen, dass steigende Gewinnspannen gut und sinkende Gewinnspannen schlecht sind. Wir müssen hier aber sehr genau den Einzelfall betrachten. Wenn die Margen steigen, weil das Unternehmen zu wenig investiert, ist das sehr gefährlich.
Niedrige Gewinnmargen können eine gute Sache sein. Voraussetzung: Das Unternehmen ruft profitable neue Projekte und Produkte ins Leben oder es investiert in die Infrastruktur oder Systeme, die ein viel größeres Geschäft ermöglichen.
Niedrige Gewinnspannen aufgrund niedriger Preise können auch einen Burggraben um ein Unternehmen bilden. In diesem Fall können Unternehmen recht zügig die Preise erhöhen, ohne dass dies große Auswirkungen auf ihr Geschäft hätte.
Schaue auf die Skaleneffekte! Einer der Faktoren, die ich so gut wie möglich zu verstehen versuche, ist die Skalierbarkeit eines Unternehmens.
Einige Unternehmen sind viel besser skalierbar als andere. Am besten eignet sich ein Unternehmen, das seine Einnahmen erheblich steigern kann, ohne dass dabei zusätzliche Kosten entstehen. Das Suchmaschinen-Geschäft von Google (WKN: A14Y6F) ist ein anschauliches Beispiel dafür. Die Kosten für den Verkauf eines weiteren Werbeplatzes auf der Website sind im Vergleich zu den zusätzlichen Einnahmen vernachlässigbar.
Ein skalierbares, wachsendes Unternehmen sollte in der Lage sein, im Laufe der Zeit viel höhere Margen zu erzielen. Solche Unternehmen erscheinen auf der Grundlage der aktuellen Gewinne oft teuer, können aber auf der Grundlage der künftigen Gewinne preiswert sein, weil die Investoren ihre Skalierbarkeit unterschätzen.
Die Gewinnmarge ist erst der Anfang Ein gutes Unternehmen, in das ich investieren würde, ist ein Unternehmen, das von Natur aus skalierbar ist und bei dem das Management weiß, wie es Wachstum erzeugen kann. Langfristig orientierte Anleger fahren gut mit diesem Ansatz. Sie müssen allerdings über die aktuelle Rendite hinausblicken und sich stattdessen auf die Stärke und Beständigkeit des Geschäftsmodells konzentrieren.
Letztendlich geht es bei der Aktienanalyse um weitaus mehr als die Gewinnmarge. Ein paar weitere Basics findest du hier.
Henning Lindhoff besitzt keine der erwähnten Aktien. Suzanne Frey arbeitet als Führungskraft bei Alphabet (NASDAQ:GOOGL) und sitzt im Board of Directors von The Motley Fool. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Board of Directors von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Alphabet (A- & C-Aktien) und Amazon und empfiehlt die folgenden Optionen: Long January 2022 $1920 Call auf Amazon und Short January 2022 $1940 Call auf Amazon.
Motley Fool Deutschland 2021