FRANKFURT (dpa-AFX) - Das sieht nicht gut aus: Der deutsche Aktienmarkt steht gehörig unter Druck und könnte Börsianern zufolge in der neuen Woche weiter deutlich abrutschen. Index-Stände von 8500 Punkten oder noch weniger seien durchaus möglich.
"Das Konjunkturklima trübt sich immer weiter ein, und die zahlreichen internationalen Konflikte und Krisenherde werden die Märkte weiterhin schwer belasten", sagte Marktexperte Ludwig Donnert von Orca Capital. Händler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner ergänzt, die Konjunktur sei einfach nicht in der Verfassung, die sich viele Marktteilnehmer gewünscht hätten. Vor allem die deutsche Wirtschaft - lange Zeit das Zugpferd in der Eurozone - präsentiert sich derzeit schwach.
HOFFNUNG AUF SPÄTERE US-ZINSANHEBUNG ZERSCHLAGEN
Zudem sorgen sich die Anleger nach wie vor wegen der sich abzeichnenden, baldigen Anhebung der US-Leitzinsen. Hatten sie vor wenigen Tagen noch darauf gesetzt, dass die US-Notenbank Fed mit einer Erhöhung möglicherweise noch bis Mitte 2015 warten könnte, dürfte sich diese Hoffnung nach den jüngsten Aussagen von US-Notenbankern wohl zerschlagen haben. So erwartet der Chef der regionalen Notenbank von St. Louis, James Bullard, eine erste US-Leitzinserhöhung weiterhin im ersten Quartal 2015. "Die Märkte machen einen Fehler, wenn sie die Zinsprojektionen der Fed ignorieren", sagte er.
Die Aktienmarkt-Experten der Helaba stellten fest, dass die Erholungsbewegungen im Dax lediglich von sehr kurzer Dauer sind und temporäre Gewinne sofort zum Ausstieg aus noch vorhandenen Positionen genutzt werden. Bei einem nachhaltigen Unterschreiten der charttechnisch bedeutenden Linie um die 8900 Punkte werde sich wohl der Abwärtstrend weiter beschleunigen. Werden wichtige technische Unterstützungslinien gerissen, hat dies häufig zur Folge, dass weitere Verkaufsaufträge ausgelöst werden. Die Indizes stürzen dann weiter in die Tiefe.
US-BERICHTSSAISON STARTET DURCH
Angesichts der zurzeit fehlenden positiven Impulse werden die Investoren auf die in den kommenden Tagen Fahrt aufnehmende US-Berichtssaison besonders achten. Es berichten die großen Banken JPMorgan F:JPM (ETR:CMC), Wells Fargo F:WFC (ETR:NWT), Citigroup (NYS:C) F:TRVC, Bank of America (ETR:NCB) F:BAC, Goldman Sachs (FSE:GOS) F:GS und Morgan Stanley F:MS (ETR:DWD). Die Fusionswelle dürfte den US-Investmentbanken im eigentlich schwächeren Sommerquartal Geld in die Kassen gespült haben, glaubt LBBW-Analyst Berndt Fernow. Er hält positive Überraschungen für möglich.
Aus dem US-Technologiesektor stehen vor allem Intel F:INTC (FSE:INL), Ebay (FSE:EBA) F:EBAY, IBM F:IBM (NYS:IBM) und Google F:GOOG (ETR:GGQ1) mit Quartalszahlen im Fokus. Die Geschäftszahlen von General Electric (GE) (ETR:GEC) F:GE dürften ebenfalls für Aufmerksamkeit sorgen, gilt der Mischkonzern wegen seiner breiten Aufstellung doch als Gradmesser für den Zustand der US-Wirtschaft.
In Europa steht die Berichtssaison noch in den Startlöchern: Unternehmenszahlen werden von ASML (ASX:ASML), Danone (PSE:PBN) (FSE:BSN), Roche (FSE:RHO5) F:ROG und Nestle (FSE:NESN) F:NESN erwartet. Hierzulande interessieren am Montag der Kapitalmarkttag des Anlagenbauers Gea Group F:G1A sowie am Donnerstag die Jahreszahlen des SDax-Unternehmens F:SDXP KWS Saat.
INDUSTRIEPRODUKTION UND ZEW-INDEX
Bei den anstehenden Konjunkturdaten dürften vor allem die Industrieproduktion der Eurozone und der USA sowie der ZEW-Index für Deutschland die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Postbank rechnet bei den ZEW-Konjunkturerwartungen für Oktober angesichts der zahlreichen internationalen Krisenherde, der Schwäche an den Aktienmärkten und der zuletzt ernüchternden deutschen Auftrags- und Produktionsdaten mit einem kräftigen Rückgang.e
--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---