- Der Aktienmarkt nähert sich dem Bärenterrains
- Das Marktumfeld hat sich verändert - egal, wohin die aktuelle Entwicklung letztlich führt
- Es gibt einige Strategien für Investoren, um diese Phase heil zu überstehen
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- Inflation
- Geopolitische Turbulenzen
- Disruptive Technologien
- Steigende Zinssätze
Am Freitag (20. Mai 20200) hat der S&P 500 mit einem Rückgang um 20 % auch offiziell Bärenterrain erreicht. Es dauerte nur wenige Stunden, bis sich der Kurs des S&P 500 wieder erholte und knapp über diesem Schwellenwert schloss, dennoch stehen wir weiterhin an diesem Abgrund. Der Dow Jones Industrial Average liegt 15 % unter seinem Höchststand, der NASDAQ Composite 30 %. Abgesehen von den technischen Aspekten lässt sich bei den plötzlichen Abverkäufen von Aktien wie Wal-Mart (NYSE:WMT) oder Cisco (NASDAQ:CSCO), in Kombination mit Aktienmarkt-"Generälen" wie Apple (NASDAQ:AAPL) und Alphabet (NASDAQ:GOOGL), die bereits um mehr als 25 % gefallen sind, der Eindruck nicht vermeiden, dass sich etwas grundsätzlich verändert hat.
Eine der Herausforderungen an uns als Anleger besteht darin, langfristige Strategien diszipliniert einzuhalten und gleichzeitig unser Verständnis der Märkte an veränderte Tatsachen anzupassen. Da ist eine große runde Zahl, etwa ein Rückgang um 20 %, auf der wie auf einem Stoppschild die roten Buchstaben BÄRENMARKT blinken - der ultimative Hinweis darauf, an welcher Klippe wir uns befinden.
Wie viele andere Anleger habe auch ich noch nie eine Phase anhaltend sinkender Kurse erlebt, ich investiere erst seit 2011 systematisch. Das Jahr 2018 zeigte bereits alle Symptome eines bevorstehenden Bärenmarktes, allerdings erholten sich die Aktienmärkte kurz vor der 20 %-Marke und kehrten zum Aufwärtstrend wie in den 2010er Jahren zurück, bis dann die Pandemie begann. Der Einbruch im März 2020 hatte alle Merkmale, die einen Bärenmarkt charakterisieren, allerdings kam die Erholung zu schnell, um diese Phase wirklich so einzuordnen (Small-Cap-Investoren wie ich können argumentieren, dass wir härter getroffen wurden, aber die vollständige Erholung innerhalb eines Jahres lässt sich nicht leugnen).
Es ist zwar möglich, dass wir eine ähnliche Entwicklung wie im Jahr 2018 erleben werden, das Gespenst des Bärenmarktes bannen und zu neuen Höhen aufsteigen werden - mich würde das aber überraschen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einige Ideen vorbringen, wie man die gegenwärtige Situation angehen kann:
Klammern Sie sich nicht an die Denkweisen der Vergangenheit
Die letzten zwei Jahre sind sehr seltsam verlaufen. Wir haben eine Pandemie erlebt, die ein enormes globales Gesundheitsrisiko darstellte. Die Reaktion darauf war mit erheblichen wirtschaftlichen Störungen verbunden, hohe Staatsausgaben und eine lockere Geldpolitik waren unumgänglich. All dies geschah am Ende eines mehr als zehnjährigen Bullenmarktes, der bei vielen Aktien zu überzogenen Bewertungen führte.
Ich sage das nicht, um eine Diskussion der damit verbundenen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft so wie bei den Investitionen, aufzuwärmen, sondern um klarzustellen, dass die Kurse der letzten zwei Jahre ihre Bedeutung verloren haben. Der berühmte Risikokapitalgeber und Tech-Investor Bill Gurley hat es einmal so formuliert: "1) "Allzeit"-Höchststände der Vergangenheit sind völlig irrelevant. Etwas ist nicht "billig", nur weil es um 70 % gefallen ist. Vergessen Sie, dass es diese Kurse jemals gegeben hat."
Trends, von denen wir dachten, dass sie sich während der Pandemie uneingeschränkt halten würden, wie das dezentrale Arbeiten über Zoom (NASDAQ:ZM) oder das Online-Shopping, waren eben doch nicht für alle Ewigkeit gemacht. Trends, die wir für vorübergehend hielten, wie z. B. die Inflation, sind geblieben. Dabei haben sich die Märkte darauf beschränkt, Anlagen so zu bewerten, als ob es nur auf das vorige und das nächste Quartal ankäme. Das eröffnet Chancen, genauso leicht kann man auch in einen Abwärtssog geraten.
Wir befinden uns nach wie vor in einem von Fluktuation geprägten Umfeld, in dem einige der Veränderungen der letzten Jahre Bestand haben werden, andere und unerwartete Veränderungen eintreten, einige Dinge genau wie vorher sein werden, und wieder andere so aussehen werden wie zuvor, aber mit starken Veränderungen. Wir investieren in bewegliche Ziele. Die Höchststände vom März 2021 oder Januar 2022 sind für die Erreichung dieser Ziele ebenso wenig hilfreich wie die Tiefststände vom März 2020.
Halten Sie an Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen fest
"Der Preis ist, was wir bezahlen. Der Wert ist, was wir bekommen" ist ein Zitat von Warren Buffett. Wir können und sollten als Anleger darauf achten, dass wir uns im Klaren darüber sind, was wir besitzen, und das, was wir bekommen, jedes Szenario überstehen kann. Unternehmen, die Rezessionen überstehen und dabei sogar Gewinne erwirtschaften können, gehen oft gestärkt aus solchen Marktphasen hervor. Aber wenn Ihre Anlagen eine harte Phase gar nicht erst überstehen, werden auch Sie nicht von einer Erholung profitieren.
Während des Covid-Einbruchs habe ich nichts verkauft, sondern mir Extrem-Szenarien des Typs „was geschieht, wenn die Wirtschaft ein Jahr lang stillsteht“ für mein Portfolio durch den Kopf gehen lassen. In der ersten Erholungsphase habe ich sofort Garrett Motion (NASDAQ:GTX) abgestoßen, ein verschuldetes Unternehmen, das zudem in einer Branche tätig ist, die ich nicht besonders mag (Autos) und in Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist. Die Anlage in GTX hat sich für einige Anleger ausgezahlt, aber zu diesem Zeitpunkt hielt ich sie nicht für die Art von Aktie, die eine Pandemie unbedingt übersteht.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind ein zunehmender Verfall der Gewinnspannen, Verlagerungen der Nachfrage oder schwindende Wettbewerbskraft Faktoren, die mir Angst machen. Ich habe angefangen, Just Eat Takeaway (OTC:JTKWY) abzustoßen, der Verschuldungsgrad des Unternehmen und der Anschein mangelnder Konkurrenzfähigkeit sind für mich Warnzeichen. Außerdem nehme ich derzeit AerCap (NYSE:AER) besonders genau unter der Lupe, ein Unternehmen, das vermutlich hinsichtlich der Absicherung nach unten keine schlechte Anlage ist, das sich jedoch in puncto Aufwärtspotenzial nicht unbedingt lohnt.
Wie auch immer Ihr Risikoszenario aussieht, es ist unerlässlich, zunächst die Überlebensaussichten der Anlage zu prüfen (wenn Sie ein Krypto-Investor sind, kann man Ihnen gerade nur viel Glück wünschen). Es stimmt, dass die „Junk"-Namen stärker steigen, wenn wir auf der anderen Seite eines Bärenmarktes ankommen. Allerdings ist das „Ankommen auf der anderen Seite" eine wichtige Voraussetzung dafür, dass diese Gleichung überhaupt aufgehen kann.
An die Zukunft denken
Das bedeutet, dass es wichtig ist, Unternehmen zu analysieren und zu verstehen, wie sie sich entwickeln werden. Es reicht nicht aus, das Kurs-Gewinn-Verhältnis der letzten zwölf Monate beispielsweise für Target (NYSE:TGT) zu untersuchen und zu sagen: "notiert unter dem 13-fachen, das sieht echt gut aus!"
Werden die Menschen weiterhin bei Target einkaufen, wenn die Staatsausgaben und vielleicht sogar die Konsumausgaben sinken? Oder kann Target die operativen Margen, hinter denen schon bei der jüngsten Anlegerkonferenz große Fragezeichen standen, auch künftig halten? Und ist Target in der Lage, sich auf starke Veränderungen des Konsumverhaltens einzustellen?
Die gleichen Fragen stellen sich auch bei zyklischen Konsumgütern, Unternehmen im privaten Wohnungsbau und Rohstoffstrategien. Was geschieht mit diesen Unternehmen, wenn sich die Marktkoordinaten ändern?
Nehmen, was der Markt hergibt
Einer der besten Kniffe, die dem Markt in den letzten 2 bis 12 Jahren gegenüber Value-Investoren gelungen sind, bestand darin, sie zu Wachstumsinvestitionen zu verleiten.
"Über einen ausreichend langen Zeithorizont hinweg ist Umsatzwachstum das Einzige, was wirklich zählt", sagte uns der Markt.
"Compounders, also Aktien, die den Wert für ihre Aktionäre steigern, sind gut. Value Traps, also Anlegerfallen, die nur Wert vernichten, sind schlecht", argumentierte der Markt.
"Es ist besser, ein großartiges Unternehmen für einen mittelmäßigen Preis zu kaufen, als ein mittelmäßiges Unternehmen für einen großartigen Preis", hat der berühmte Investor Warren Buffett dazu gesagt.
Dieses Argument von der Inkarnation eines Value-Investors unterstreicht die Bedeutung von Aufgeschlossenheit. Ich habe in den letzten Jahren den starken Wunsch verspürt, mein Portfolio für mehr Tech-Unternehmen mit Geschäftsmodellen mit wiederkehrenden Einnahmen und attraktiven Wachstumszahlen zu öffnen. Ein gutes Beispiel für ein solches Unternehmen ist Duolingo (NASDAQ:DUOL): Ich schätze die Produkte des Unternehmens, die ich selbst nutze, und sehe hier eine überzeugende Wachstumsgeschichte, bei der das Unternehmen glaubhaft gemacht hat, dass es nicht von Covid abhängig ist. Duolingo gehört auch zu der seltenen Spezies der Tech-Aktien (NYSE:XLK), bei denen die Beschleunigung des Umsatzwachstums möglich erscheint. Das sind gute Voraussetzungen für ein Investment.
Ich weiß aber nicht, wann Duolingo profitabel wird, da das Unternehmen weitere Investitionen in Forschung und Entwicklung verspricht. Gibt es einen Preis, bei dem mir das egal wäre? Vielleicht, aber dieser Preis ist viel niedriger, als er im letzten Jahr auf dem "Growth funktioniert noch"-Markt gewesen wäre.
Stattdessen interessiere ich mich für Unternehmen, die im Jahr 2022 wahrscheinlich eine marginale operative Dynamik aufweisen werden, oder Unternehmen mit einer soliden Rentabilität und guten Bewertungen. Die Ergebnisse von Reiseunternehmen sollten sich verbessern, und einige Titel aus diesem Bereich sind auch jetzt noch fair bewertet. Ich habe Booking Holdings (NASDAQ:BKNG) und Grupo Aeroportuario del Centro Norte SAB de CV (NASDAQ:OMAB) im Portfolio und möchte meine Beteiligung aufstocken. Finanzwerte profitieren von höheren Zinssätzen. Ich habe in diesem Abschwung Aktien von Discover Financial Services (NYSE:DFS) zu meinem Portfolio hinzugefügt.
Reicht das, um mich vor Verlusten zu schützen? Vielleicht nicht, aber alle Aktien verkörpern gute Unternehmen, die sich in den nächsten 12 bis 24 Monaten auf fundamentaler Basis gut entwickeln sollten.
Der Bullenmarkt der 2010er Jahre ist vorbei
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir die Kurse aus der Zeit der Pandemie als Referenzwerte vergessen müssen. Es lohnt sich jedoch, auf die Dotcom-Blase zurückzublicken. Damals erklommen zahlreiche neue Technologieunternehmen unglaubliche Höhen, als Investoren auf Schlagworte wie Disruption. grenzenloses Wachstum und moderne Kennzahlen setzten. Auch viele Blue-Chip-Aktien und der breitere Markt schwammen auf dieser Welle zu neuen Höchstständen. Dann kam der Bärenmarkt, und der Nasdaq entwickelte sich ein gutes Jahrzehnt lang eher unspektakulär.
Die 2010er Jahre standen im Zeichen von "Buy the Dip"-Strategien, von "Tech Disruptoren", von Entwicklungen wie "Software-as-a-Service" und "Qualität >> Wert". Die ausgerufenen Kurse waren keineswegs falsch, denn die Investoren erkannten den Wert wiederkehrender Einnahmen und die Stärke der neuen Geschäftsmodelle.
Aber es bringt nichts zu erwarten, dass das, was in der Vergangenheit funktioniert hat, in der Zukunft besser funktionieren wird als in den 2010er Jahren, als Perma-Bären immer den nächsten Crash erwarteten, der um die Ecke lauerte. Viele der auf disruptive Innovationen ausgerichteten Segmente des letzten Jahrzehnts wurden selbst von disruptiven Entwicklungen überholt, waren überfinanziert und schieden wegen Perspektivlosigkeit aus. Lebensmittellieferanten wie Just Eat Takeaway sind ein typisches Beispiel dafür.
Es kann sein, dass wir eine Erholung wie 2018 erleben werden. Einige der Gewinner der 2020er Jahre werden wie die Gewinner der 2010er Jahre aussehen. Es ist in jedem Fall eine gute Idee, die Spielregeln für ein neues Umfeld neu zu definieren.
Auch diese Phase geht vorbei
Bärenmärkte machen niemanden Spaß, außer vielleicht den ewig pessimistischen Perma-Bären (die, wie ich schon sagte, die Rallye häufig verpassen). Aber sie gehen auch irgendwann vorbei. Die 1970er Jahre waren eine harte Zeit, ebenso wie die 2000er Jahre: Die Märkte, die auf diese Phasen folgten, zeichneten sich durch unglaubliche Kursanstiege aus.
Ich glaube nicht, dass wir kurz vor einer dramatischen Rezession stehen. Die Arbeitslosigkeit ist sehr niedrig, die Verbraucherausgaben sind nach wie vor hoch, und auch die Unternehmensgewinne sind solide. Die Gewinne und Margen der Unternehmen werden voraussichtlich zurückgehen, was wiederum zu einer Rezession und einer Baisse führen könnte, aber das derzeitige Umfeld sieht weit weniger beängstigend aus als dasjenige der Finanzkrise 2008 und des Pandemie-Crashs im Jahr 2020, jedenfalls in der Anfangsphase im März.
Die Anleger müssen sich also schützen, ihr Denken an die neuen Gegebenheiten anpassen und sich gut vorbereiten. Aber wenn wir Geld auf lange Sicht anlegen, mehr Cash in unserem Portfolio halten und uns an Unternehmen mit soliden Bilanzen und guten Zukunftsaussichten halten, können wir uns auch den Luxus leisten, geduldig zu sein. Der Bärenmarkt wird uns auf die Probe stellen, da können wir diese Geduld gut gebrauchen.
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Auf dem derzeitigen Markt ist es schwieriger denn je, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denken Sie an die aktuellen Problemfelder:
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{{Disclaimer|{"text": "Ich halte Long-Positionen in AAPL, JTKWY, DFS, AER, OMAB und BKNG, erwäge den Verkauf von JTKWY und AER sowie den Kauf von TGT und den Zukauf von DFS und BKNG. "}}}