Politische Börsen haben bekanntlich kurze Beine. Das gilt für die Wahl in Frankreich wie auch für die in Großbritannien. Die amerikanische Präsidentschaftswahl macht jedoch eine Ausnahme von der Regel, was nur an einer einzigen Person liegt: Donald Trump.
Begeisterung sieht anders aus. Die Amerikaner sind am 05. November zur Wahl ihres nächsten Präsidenten aufgerufen und für viele ist es inzwischen die Wahl zwischen Pest und Cholera geworden. Keiner der Kandidaten kann wirklich überzeugen. Bemängelt wird einhellig das hohe Alter, aber was noch stärker durchscheint, ist, dass keiner der Kandidaten das Zeug oder auch nur das Interesse hat, die tiefen Gräben zwischen den beiden dominierenden Parteien zu schließen. Neue Inspirationen oder gar echte Hoffnung erzeugt weder der Wahlkampf von Joe Biden noch der von Donald Trump.
Das Kopf-an-Kopf-Rennen drohte eine Wiederholung von 2020 zu werden. Doch das viel beachtete Rededuell zwischen Biden und Trump in der vergangenen Woche auf CNN hat die gesamten Perspektiven durcheinandergewürfelt. Biden hinterließ bei den Wählern einen desaströs schlechten gesundheitlichen Eindruck. Nichts, was man einem 81-Jährigen ernsthaft vorwerfen könnte, aber sehr wohl einem US-Präsidentschaftskandidaten. Wer die wichtigste Nation der Welt mit dem größten Militär und Kapitalmarkt regieren will, muss sich klar und deutlich artikulieren können und fit für die enormen Herausforderungen dieses anspruchsvollen Amtes sein. Auch wenn das Wahlkampflager um Biden etwas anderes behauptet, so war allen Zuschauern am vergangenen Donnerstag klar, dass an den Attacken der Republikaner bezüglich des Gesundheitszustandes von Biden etwas dran ist.
Desaströses Rededuell
Das Desaster führte zu einem Stimmungsrutsch. Insbesondere bei den bisher noch unentschiedenen Wählern äußerten nach dem Duell 80 % bis 90 %, dass sie Donald Trump wählen werden. Und diese Gruppe ist kriegsentscheidend in diesem Wahlkampf, da die Lager von Demokraten und Republikanern relativ fest gefahren sind. Überraschend war daher nach dem Rededuell auch zu sehen, dass nur noch eine knappe Mehrheit der demokratischen Wähler Joe Biden als Spitzenkandidaten am 05. November sehen wollen. Eine ungewöhnlich schwache Zustimmungsrate. Noch dramatischer: Die größten Spender liefen nach dem Rededuell Sturm und verlangen von der Partei, dass Biden so schnell wie möglich gegen einen Kandidaten ausgetauscht wird, der den Demokraten noch eine (kleine) Chance auf einen Gewinn im November gibt.
Aus Sicht der Börse stellt sich die Lage allerdings deutlich anders da. Der Kompass der Wall Street ist darauf ausgerichtet, was die einzelnen Kandidaten der Wirtschaft und insbesondere den Unternehmen bringen können. Und hier gewinnt Donald Trump jeden Vergleich. Die Frage ist aber, wie und ob die Börse den Wahlkampf überhaupt in die Kurse einpreist. Und hierauf gibt es eine klare Antwort:
Preist die Wall Street den Wahlsieger schon ein?
Es kommt darauf an. Grundsätzlich ist der Kapitalmarkt ein Antizipationsmechanismus und versucht daher mit den heutigen Kursen die wahrscheinlichsten zukünftigen Entwicklungen abzudiskontieren. Dabei sind es keine Entweder-oder-Entscheidungen, die die Kurse bestimmen, sondern es ist ein Amalgam der individuellen Erwartungen der Investoren. Beim Wahlkampf 2016 galt im Vorfeld Hillary Clinton als die sichere Gewinnerin, die für die Wirtschaft wenige positive Impulse gebracht hätte. Entsprechend stagnierte der amerikanische Aktienmarkt im Vorfeld der Wahl. Nach dem überraschenden Wahlgewinn von Donald Trump begann dann die Trump-Rallye schlagartig, quasi aus dem Stand heraus und hielt bis 2018 an.
Beim Wahlkampf 2024 ist die Wall Street jedoch komplett anders positioniert. Donald Trump ist inzwischen ein sicherer Kandidat und die Börse weiß genau, was sie von ihm erwarten kann: 1) Steuerentlastungen für Unternehmen und Vermögende, 2) Deregulierungen für die Wirtschaft und 3) die Verteidigung amerikanischer Interessen gegenüber China.
Nachdem klar war, dass Trump trotz juristischer Widrigkeiten am Wahlkampf 2024 teilnehmen wird und sich als Kandidat in der Partei durchsetzen kann, begann die Rallye am amerikanischen Aktienmarkt. Und den Zeitpunkt dafür können wir relativ genau auf den Herbst 2023 festlegen. Was wir seitdem an Kursgewinnen gesehen haben, ist also im Kern eine Vorwegnahme des Sieges von Donald Trump am 05. November.
Was passiert nach dem Wahlabend?
Diesen Fakt muss man im Hinterkopf behalten. Denn sollte Trump gewinnen, heißt es zunächst einmal „sell the news“, nachdem man ein Jahr lang „buy the rumor“ gemacht hat. Um die Aktienrallye weiter fortzuführen, muss Trump dann liefern. Das wird ihm dieses Mal schwerer fallen, denn die „leichten Früchte“ hat er bereits in der ersten Amtszeit gepflügt. Doch er wird es ohne Zweifel versuchen.
Und wenn Biden oder ein Ersatzkandidat wider Erwarten gewinnt? In diesem Szenario würden die Gewinnmitnahmen noch deutlicher ausfallen, denn die Wall Street wird dann zuerst schießen und später Fragen stellen. Die Portfolios müssten dann umgeschichtet und neu ausgerichtet werden, was ohne Zweifel die Volatilität temporär erhöhen würde. Wer mehr zum Aktienmarkt und dem Einfluss der US-Wahl auf die Kursentwicklungen wissen möchte, liest bitte den Zürcher Finanzbrief.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief
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