Kein anderes Thema bewegt die Aktionäre von Amgen momentan so sehr wie die Nachrichten rund um das Abnehmpräparat Maritide. Nachdem im Frühjahr zunächst reichlich positive Erwartungen in die Aktie eingepreist wurden, kam es zuletzt in Folge diverser Meldungen zu erhöhter Unsicherheit und starken Kurschwankungen. Die Aktie bewegt sich damit aktuell auf einem deutlich niedrigeren Kursniveau als noch vor wenigen Wochen. Für geduldige Anleger könnte sich hier auf lange Sicht eine interessante Einstiegsgelegenheit bieten.
Im September vergangenen Jahres hatten wir bereits über Amgen (NASDAQ:AMGN) (ISIN: US0311621009) berichtet. Der allgemeine Fokus lag damals auf der milliardenschweren Akquisition von Horizon Therapeutics. Im Zuge der Wachstumserwartungen wurde unser ermitteltes Kursziel zunächst zügig abgearbeitet. Nach einem deutlichen Rücksetzer zwischen Februar und April gab es dann im Mai positive Nachrichten zur laufenden Studie des Abnehmpräparats Maritide, die erneut die Wachstumsfantasien anfachten und den Aktienkurs zu neuen Rekorden beflügelte. Das Thema dominiert seitdem die Kursentwicklung der Aktie.
So war es auch nicht verwunderlich, dass der Aktienkurs erneut einbrach, als am 12. November der Verdacht laut wurde, Maritide könnte negativen Einfluss auf die Knochendichte der Probanden haben. Nachgewiesen werden konnte der Vorwurf bisher aber nicht. Ein weiterer Kursrutsch folgte mit Bekanntgabe der neuesten Studienergebnisse zu Maritide am 26. November. Zwar liefert das Präparat mit einer durchschnittlichen Gewichtsabnahme von 20 % in 52 Wochen bei übergewichtigen Probanden solide Ergebnisse, doch Analysten hatten sich mehr erhofft. Hinzu kam, dass ca. 11 % der Probanden die Studie wegen unerwünschten Nebenwirkungen abbrechen mussten.
Amgen gibt sich zuversichtlich und hebt hervor, dass Konkurrenzprodukte wie Zepbound (Eli Lilly (NYSE:LLY)) und Wegovy (Novo Nordisk (NYSE:NVO)) wesentlich häufiger verabreicht werden müssen. Während Letztere wöchentlich injiziert werden, kommt Maritide bei monatlicher Verabreichung zu vergleichbaren Ergebnissen. Unklar blieb außerdem, ob bei längerer Anwendung nicht deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden könnten, da die Vergleichszeiträume bei Wegovy und Zepbound bei 68 und 72 Wochen mit Gewichtsverlusten von 15 und 22 % liegen. Hier schlummert also noch Überraschungspotenzial. Mit einer Markteinführung wird frühestens 2026 gerechnet.
Starke Umsätze aber hohe Kosten für Forschung und Entwicklung
Das jüngste Zahlenwerk für Q3/24 gibt ein etwas gemischtes Bild ab. Beim Umsatz konnte Amgen satte 23 % zulegen, trotz 20-prozentigem Umsatzrückgang beim Blockbuster Enbrel, mit über 1 Mrd. USD in Q3/24 nach wie vor das umsatzstärkste Präparat. Das Nettoergebnis blieb mit einem Plus von 13 % jedoch hinter dem Umsatzwachstum zurück. Der Grund: Allein im letzten Quartal wurden 1,4 Mrd. USD (+35 % yoy) in Forschung und Entwicklung investiert. Allerdings zeigt ein Blick auf die Umsatzzuwächse der Nachfolgerprodukte – die zum Teil im hohen zweistelligen Bereich lagen – dass sich die Investitionen auszahlen. Allerdings dürfte der Druck auf die Margen hoch bleiben, solange Amgen an den hohen Investitionen festhält.
Folgt man der unternehmenseigenen Prognose dürfte der Umsatz für das Gesamtjahr bei ca. 33 (+17 %) bis 33,8 Mrd. USD liegen, bei einem verwässerten bereinigten Ergebnis je Aktie von 19,20 (+3 %) bis 20,00 USD. Damit wird deutlich, dass sich der Trend einer sinkenden Gewinnmarge auch dieses Jahr fortsetzt. Diese dürfte am Ende des Jahres bei ca. 31,5 % liegen und hat damit seit 2018 rund 8,5 % verloren. Seitens der Analysten wird für die kommenden Jahre auch weiterhin mit moderaten Zuwächsen bei Umsatz und bereinigtem Ergebnis gerechnet. 11 der 23 von TipRanks befragten Analysten raten aktuell zum Kauf der Aktie, weitere 11 empfehlen zum Halten und ein Analyst rät zum Verkauf. Die Kursziele liegen zwischen 215 und 405 USD.
Bewertung auf Basis des Gewinn
Das vorläufige minimale und maximale KGV 2024 auf Basis der Unternehmensprognose von mindestens 19,20 USD je Aktie für das bereinigte Nettoergebnis liegt leicht über dem Durchschnitt der letzten Jahre, als Folge des Hypes um Maritide, der im Mai einsetzte. Da dieser zuletzt deutlich an Schwung verloren hat, legen wir für unsere Bewertung für 2025 die durchschnittlichen minimalen und maximalen KGVs der Jahre 2018 bis 2023 zugrunde, die sehr konstant beim 11,4- und 15,9-Fachen des von Amgen jährlich bekannt gegebenen bereinigten Nettoergebnisses je Aktie liegen.
Ausgehend von einem 2025er Umsatz von 34,25 Mrd. USD (Analystenkonsens) und einer mindestens gleichbleibenden bereinigten Gewinnmarge von 31,5 % legen wir für unsere Bewertung für 2025 ein bereinigtes Nettoergebnis (verwässerte Basis) von 19,93 USD je Aktie zugrunde. Daraus berechnen wir mit den genannten KGVs von 11,4 und 15,9 eine Handelsspanne mit einem Einstiegskurs von 227 USD und einem Kursziel von 317 USD.
Charttechnik
Innerhalb des intakten langfristigen Aufwärtstrends war der Aktienkurs von Amgen Mai 2023 in einen steileren kurzfristigen Aufwärtstrend übergegangen (blaue Linie), um aus dem engen langfristigen Trendkanal auszubrechen und im Bereich zwischen 330 und 345 USD mehrfach neue Rekordhochs zu markieren. Mitte November war die Notierung dann wieder in den langfristigen Trendkanal zurückgefallen bis auf die markante Unterstützungszone im Bereich zwischen 255 und 260 USD. Der kurzfristige Aufwärtstrend wurde dabei deutlich nach unten durchbrochen.
Kurzfristig wird entscheidend sein, ob der genannte Unterstützungsbereich gehalten werden kann. Darunter würde sich weiteres Abwärtspotenzial bis in den Bereich von 225 bis 230 USD ergeben, wo die Unterkante des langfristigen Trends verläuft. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen notiert mit einem Wert von knapp 36 etwas oberhalb des stark überverkauften Bereichs und tendiert abwärts. Divergenzen zum Kursverlauf, die eine erneute Aufwärtsbewegung andeuten, sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht erkennbar. Für ein Kaufsignal wäre aus technischer Sicht zunächst eine stabile Bodenbildung abzuwarten.
Fazit
Die Gesamtlage bei Amgen erscheint uneinheitlich. Trotz starkem Umsatzwachstum dominierten zuletzt die negativen Reaktionen auf Meldungen zu Maritide die Kursentwicklung. Hinzu kommen hohen Kosten und rückläufige Margen, die das Ergebnis belasten. Auf Sicht des kommenden Jahres sehen wir die Notierung in einer Seitwärtsbewegung, kurzfristig halten wir einen erneuten Test des langfristigen Aufwärtstrends auf der Unterseite für denkbar. Auf Basis unserer Prognose für den bereinigten Gewinn 2025 von 19,93 USD je Aktie erachten wir den Titel als fair bewertet und sehen bis zu unserem Kursziel bei 323 USD aktuell eine Gewinnchance von 16 %. Aufgrund des Fehlens klarer Impulse stufen wir die Aktie zunächst ein als Halteposition und warten auf tiefere Kurse für den Einstieg. Der Aufbau von Teilpositionen bietet sich an.
Investmentidee(n) auf Amgen
Mit einem Discount-Zertifikat können Anleger von seitwärts bis leicht fallenden Kursen profitieren. Das Papier mit der ISIN DE000UG0PA68 läuft bis März 2025 und hat einen Cap (Höchstauszahlungsbetrag) von 270 USD, liegt also aktuell knapp 2 % unter dem aktuellen Amgen-Kurs. Notiert der Aktienkurs zur Fälligkeit mindestens bei 270 USD, erzielen Anleger eine Rendite von 5,6 % (20 % p.a.). Unterhalb von 270 USD verringert sich der Gewinn, der Break-Even liegt bei 256,11 USD.