Der Ölpreis stand zum Wochenauftakt unter Druck. Dieser Druck könnte sich fortsetzen: Analysten prognostizieren ein wachsendes globales Angebot bei schwacher Nachfrage vor allem aus China. Der Preis für Brent könnte unter 60 USD sinken.
Citi Analysten prognostizieren für 2025 einen durchschnittlichen Preis für Brent Öl von 60 USD pro Barrel. Aktuell liegt der Kurs bei knapp 72 USD und damit bereits rund 7 % niedriger als vor einem Monat. Die Citi Analysten begründen ihre Einschätzung mit der Energiepolitik der nächsten US-Regierung. Diese könne zu einer höheren Ölproduktion führen.
Phil Flynn, leitender Analyst der Price Futures Group, sieht die Bullen jedenfalls ausgebremst: "Die Wahl und Trumps Versprechen "Drill Baby, Drill" haben einigen Anreiz genommen, auf Long zu setzen".
Trumps Energie- und Handelspolitik könnten Ölpreise drücken
Doch nicht alle Analysten sind davon überzeugt, dass Regierungsübernahme durch Donald Trump automatisch zu sinkenden Ölpreisen führt. "Konzeptionell sind die Auswirkungen einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps auf die Ölpreise nicht eindeutig, es besteht ein gewisses kurzfristiges Abwärtsrisiko für die iranische Ölversorgung", warnt etwa Goldman Sachs (NYSE:GS). Trumps Handelspolitik könne jedoch die Nachfrage und die Preise drücken.
Cole Smead von Smead Capital geht etwas mehr ins Detail und betrachtet die Ankündigung Trumps, im Besitz des Bundes befindliches Land für die Förderung von Öl und Gas freizugeben. Wenn die Trump-Regierung Bundespachtverträge freigebe, würden 25 % der Einnahmen pro Barrel auf die Pacht entfallen. Es werde "schwierig", ein Unternehmen zu finden, das mit den verbleibenden Einnahmen Geld verdienen könne.
Zu den wichtigsten Einflussgrößen auf dem Ölmarkt gehört jedoch die chinesische Konjunktur. Der Rückgang der Ölpreise am Montag ging maßgeblich auf enttäuschte Erwartungen im Hinblick auf Chinas neues Konjunkturprogramm zurück.
Chinas Konjunktur bereitet Anlegern auch im Hinblick auf andere Rohstoffe seit längerem Sorgen. Die Verbraucherpreise im Oktober stiegen in der Volksrepublik so langsam wie seit vier Monaten nicht mehr, die Deflation bei den Erzeugerpreisen verschärfte sich.
Achilleas Georgolopoulos, Marktanalyst beim Brokerhaus XM konstatierte: "Die chinesische Wirtschaftsdynamik bleibt negativ".
OPEC+ verlängert Förderkürzung – Ölangebot wächst trotzdem
Einige Analysten gehen auch davon aus, dass Trump die OPEC+ drängen könnte, die Produktion wieder hochzufahren – einschließlich der Produktion von Öl aus schwimmenden Lagerstätten.
Die OPEC+ ist keine internationale Organisation, sondern lediglich eine Plattform für die Kooperation der 13 OPEC Mitgliedstaaten mit knapp einem Dutzend Partnern. Zu diesen gehören unter anderem Mexiko, Sudan, Kasachstan und Malaysia.
Ende September kündigte die OPEC+ an, die Produktion im Dezember um 180.000 bpd zu steigern. Anfang des Monats einigten sich die beteiligten Länder jedoch darauf, die Ausweitung der Produktion auf Januar zu verschieben.
Vor dem Hintergrund der chinesischen Kursschwäche braucht es möglicherweise gar keine zusätzliche Förderung von OPEC+ Staaten. Saudi-Arabien jedenfalls hat die Lieferungen nach China für Dezember aufgrund der schwachen Nachfrage bereits gesenkt. Dabei hatte das Königreich den Verkaufspreis bereits reduziert.
Im Dezember wird der Golfstaat zum zweiten Mal in Folge weniger Öl nach China liefern. Die Lieferungen werden auf insgesamt 36,5 Millionen Barrel geschätzt. Laut Handelsdaten von Reuters wäre dies ein Rückgang gegenüber den für diesen Monat erwarteten 37,5 Millionen Barrel und den 46 Millionen Barrel im Oktober.
Wollen die OPEC Staaten, deren Macht ihren Zenit überschritten hat, die Ölpreise stützen, müssten wohl Förderkürzungen folgen. Bank of America (NYSE:BAC) Securities schätzte in einer Mitteilung vom Montag, dass das Angebot an Rohöl außerhalb der OPEC im Jahr 2025 voraussichtlich um 1,4 Millionen Barrel pro Tag (bpd) und im Jahr 2026 um 900.000 bpd steigen dürfte.
BoA sieht wachsende Lagerbestände
"Ein bedeutsames Wachstum außerhalb der OPEC im nächsten Jahr und ein wenig überzeugendes chinesisches Konjunkturpaket bedeuten wahrscheinlich, dass die Lagerbestände auch ohne OPEC+-Erhöhungen wachsen werden", stellte die Bank of America fest.
Auch ein stärkerer Dollar drückt die weltweite Nachfrage. Der US-Dollar Index notiert aktuell bei ziemlich genau 100. Vor der Präsidentschaftswahl in der vergangenen Woche lag der Index noch 98,3. Ein stärkerer Dollar macht in der US-Währung notierte Rohstoffe für Inhaber anderer Währungen teurer und wirkt sich somit tendenziell dämpfend auf die Preise aus.