Trotz einer Pandemie, einer konjunkturellen Kontraktion und einer Arbeitslosigkeit, die in der Nähe historisch hoher Niveaus liegt, sind die Aktienmärkte im Jahr 2020 rasant angestiegen und haben in vielen Fällen neue Rekordhochs erreicht. Mit der bevorstehenden Realitätsprüfung durch die Berichtssaison könnte sich das alles ändern, sofern die Händler ihre bärischen Wetten erhöhen und Risikoanlagen an Momentum einbüßen sollten.
Möglicherweise übernehmen dann Anleihen und anleiheähnliche Proxies die Führungsrolle. Sollte dies der Fall sein, könnten Anleiherenditen noch weiter sinken und defensive Sektoren den Gesamtmarkt outperformen. Insgesamt könnte sich die zweite Hälfte des Jahres 2020 als schwieriger erweisen.
Wetten auf fallende Aktienkurse nehmen zu
Nachdem der Nasdaq 100 im März aufgrund von Befürchtungen über die Auswirkungen des Coronavirus stark eingebrochen war, hat er nicht nur alle seine Kursverluste wieder wettgemacht, sondern ist auch auf neue Höchststände gestiegen. Nun beginnen Optionshändler stark darauf zu wetten, dass die Aktien angesichts der Berichtssaison von diesen Rekordniveaus abrücken werden.
Im Nasdaq-100-ETF, dem Invesco QQQQ Trust (NASDAQ:QQQ), ist das Open Interest zum 21. August für 260-Dollar-Puts um fast 13.000 Lots in den letzten Tagen gestiegen. Die Puts wurden für rund 7,75 Dollar gekauft. Es deutet darauf hin, dass Händler darauf wetten, dass der QQQ bis Mitte August von derzeit rund 260 Dollar auf 252,25 Dollar oder darunter fallen dürfte. Mit über 50.000 Kontrakten liegt der größte Strike-Preis gemäß dem Open Interest zum 21. August bei 200-Dollar-Puts, was darauf hindeutet, dass sich die Investoren auf einen Kursverfall von gut 20% innerhalb eines Monats vorbereiten.
Auch die Zahl der Kontrakte, die auf eine anhaltende Schwäche in der Zukunft setzen, hat zugenommen. Das Open Interest zum 18. September bei einem Aufgeld von rund 6,70 Dollar pro Kontrakt ist um rund 9.500 Kontrakte gestiegen. In diesem Fall wetten Händler darauf, dass der QQQ-ETF bis Mitte September bei etwa 223,30 Dollar handeln könnte.
(Investing.com – QQQ August 21 $260 Puts)
Ähnlich sieht die Entwicklung bei einigen Schwergewichtigen aus dem Technologiebericht aus: Amazon (NASDAQ:AMZN), Nvidia (NASDAQ:NVDA) und AMD (NASDAQ:AMD). So wurden bei Amazon bärische Wetten mit Fälligkeit am 21. August zum Ausübungspreis von 3.100 Dollar abgeschlossen. Auch bei AMD setzen die Anleger im Vorfeld des Verfalls am 21. August auf fallende Kurse. Das Open Interest für 55 Dollar Put-Optionen hat zuletzt deutlich zugenommen. Das Gleiche gilt Nvidia.
Für den S&P 500 signalisiert der Optionsmarkt, dass die Investoren in hohem Maße auf einen steilen Pullback setzen. Der Strike-Preis für Put-Optionen zum 18. Dezember mit über 77.000 Lots liegt bei 2.500 Punkten, dicht gefolgt von Puts mit 72.000 Lots bei 2.000 Punkten. Ausgehend vom aktuellen Niveau des S&P 500 (3.200) beläuft sich das Abwärtspotenzial damit auf mindestens 30 Prozent bis zum Jahresende.
Ist Risk-On-Umfeld bald Geschichte?
Aber es sind nicht nur Technologieaktien, die möglicherweise unter Druck kommen werden. In den letzten Tagen ist vor allem ({8831|Kupfer}} dynamisch nach unten gegangen. Technisch gesehen ist das Metall überkauft. Kupfer, das oft als ein Indikator für das globale Wachstum herangezogen wird, weist auf den Charts ein bärisches Umkehrmuster auf, das als "Bump and Run" bekannt ist. Als Folge könnte der Kupferpreis von derzeit etwa 2,90 Dollar auf 2,65 Dollar zurückfallen.
Das Comeback von Risk-Off
Vorausgesetzt, die Anleger positionieren sich für eine schwächer als erwartete Bilanzsaison oder zumindest für eine tiefere Korrektur nach der Berichtssaison, dann scheint es wahrscheinlich, dass die Anleiherenditen von ihren derzeitigen Niveaus noch weiter sinken werden. Die 10-jährige US-Rendite driftet allmählich nach unten und nähert sich der wichtigen Schlüsselunterstützung in Form der 50-Basispunkte-Marke.
Wenn Risk-On-Assets unter Druck geraten und die Renditen stärker sinken, könnten Anleger in defensivere Sektoren wie Versorger (NYSE:XLU), Basiskonsumgüter (NYSE:XLP) und Gesundheitswerte flüchten. In der Regel performen diese Sektoren in turbulenten Zeiten besser als der Gesamtmarkt.
Die Rallye bei Aktien und Risk-Assets seit den Tiefstständen im März war zweifellos einer der größten Bullenläufe in einem so kurzen Zeitraum der Geschichte. Der historische Run dürfte jedoch irgendwann zu Ende gehen. Schließlich kann kein Index oder eine Aktie linear unendlich lange nach oben gehen. Sollte es zu einem größeren Pullback kommen, wäre dies ein willkommenes Ereignis für die Märkte. Das würde dem Markt etwas Luft zum Atmen geben, bevor es zu einer zweiten Aufwärtsbewegung kommt, die möglicherweise der Beginn einer langfristigeren und nachhaltigeren Rallye ist.
Dieser Artikel wurde exklusiv für Investing.com verfasst.