Ob Energie, Metalle oder Agrarrohstoffe - die Rohstoffrallye im Jahr 2021 besticht bislang sowohl durch Breite als auch Tiefe. Sie erfasst fast nahezu alle Bereiche des Rohstoffsektors und sorgt an vielen Märkten für zweistellige Kursgewinne.
Der wohl am wenigsten beachtete, aber überragendste Rohstoff ist Baumwolle - ein Erzeugnis, das im Wesentlichen wegen seiner Rohfaser angebaut und weltweit als Textilrohstoff eingesetzt wird.
Der Baumwollmarkt in Form der US ICE Futures feiert einen sagenhaften Februar mit einem Preisanstieg von fast 12%, der größten Rallye seit Juli 2016 mit einem Plus von 15% in nur einem Monat. Mit einem Höchststand von 90,77 Cents pro Pfund erreichte ICE-Baumwolle in diesem Monat auch den höchsten Stand seit Juli 2018.
Die Pandemie hat den Baumwollpreisen kaum etwas anhaben können
Der Höhenflug der Baumwollpreise begann vor fast einem Jahr, nämlich Ende März 2020, als sie sich bei knapp 51,15 Cents pro Pfund einpendelten. Seitdem ist der Preis um 77% auf den heutigen Stand von rund 90,65 Cents geklettert. In dieser Zeit schloss Baumwolle nur in einem Monat im Minus - im Mai, wo sich der Rohstoff um 0,3% verbilligt hatte.
Das bedeutete im Grunde, dass die fast ein Jahr andauernde Coronavirus-Pandemie den Baumwollpreis kaum etwas anhaben konnte - ein Industrierohstoff, dessen Nachfrage ebenso wie Kupfer als Indikator für die Wirtschaftsleistung herangezogen werden kann.
Die Kupfer-Futures an der New Yorker COMEX haben die Turbulenzen im Zuge der COVID-19-Pandemie sogar noch besser weggesteckt und schlossen nur in drei der letzten 18 Monate im Minus.
Der Preisanstieg bei Kupfer von 2,60 Dollar pro Pfund im August 2019 auf 3,92 Dollar am Freitag bedeutet, dass ein Anleger, der in diesem Zeitraum eine Long-Position in diesem Rohstoff gehalten hätte, jetzt 50% im Plus wäre. Wie Baumwolle hat auch Kupfer im vergangenen Jahr eine Rendite von 75% abgeworfen.
Was die beiden voneinander unterscheidet, ist ihr Bekanntheitsgrad. Kupfer, das von gigantischen Energieanlagen bis hin zu den Mikroschaltkreisen in Mobiltelefonen zum Einsatz kommt, macht regelmäßig Schlagzeilen. Es ist das Basismetall Nr. 1, hinter dem die ganze Welt, insbesondere China, her ist.
Das "stille" Arbeitspferd der Industrie
Baumwolle, ein wichtiger Bestandteil in Kleidungsstücken, Bettwaren und Polstermöbeln, bleibt das "stille Arbeitspferd" im Bereich der Industrierohstoffe - und trotz seiner epochalen Renditen im letzten Jahr wird darüber nicht viel berichtet.
Andy Hecht, ein Rohstoffexperte bei Investing.com, ist der Meinung, dass die Preisrallye bei Baumwolle auch auf einen zunehmenden Inflationsdruck hindeuten könnte, schließlich muss seit April letzten Jahres immer mehr Geld für ein Pfund der flauschigen Faser auf den Tisch gelegt werden.
Jack Scoville, der beim Broker Price Futures Group in Chicago die Rohstoffabteilung leitet, rechnet nicht damit, dass die industrielle Nachfrage nach Baumwolle in nächster Zeit nachlassen wird.
Er fügt hinzu:
"Die Nachfrage war trotz der Coronavirus-Pandemie sehr stark. Der insgesamt schwächere US-Dollar hat die Nachfrage ebenfalls positiv beeinflusst, obwohl der Greenback in letzter Zeit wieder etwas stärker geworden ist. Der US-Aktienmarkt präsentiert sich im Allgemeinen stabil, was die Hoffnung auf eine bessere Konjunktur in den USA und eine potenziell höhere Nachfrage nach Baumwollprodukten unterstützt."
Baumwolle wird in mehr als 100 Ländern angebaut, und über 150 Länder sind am Import und Export beteiligt - Baumwolle ist also entscheidend für die Weltwirtschaft. Die sechs größten Verbraucherländer zählen auch zu den sieben größten Erzeugerländern. Außerdem macht der Rohstoff etwa 30% des Welthandels aus.
Scoville meinte auch, dass im jüngsten Produktionsbericht des US-Landwirtschaftsministeriums ein Rückgang der Baumwollproduktion prognostiziert wurde, was auf den Preisdruck durch eine andere aufstrebende Kulturpflanze, Sorghum, zurückzuführen ist. Daher könnte das Baumwollangebot knapp werden, wenn die Nachfrage hoch bleibt, sagte er und fügte hinzu:
"Es gibt viel Gerede über die Anbaufläche für die nächste Ernte. Produzenten in Texas könnten sich aufgrund der relativ hohen Preise für Sorghum und gegen den Anbau von Baumwolle entscheiden. Die chinesische Nachfrage nach Sorghum ist sehr hoch und führt zu den höheren Preisen."
Mehr Welthandel, Verkäufe gesehen
Der US National Cotton Council (NCC) erwartet, dass die Baumwollanbaufläche 2021 in diesem Jahr um 5,2% auf 11,5 Mio. Acres zurückgehen wird. Dies sagte die Vizepräsidentin der NCC für wirtschaftliche und politische Analysen, Jody Campiche, letzte Woche.
Campiche ergänzte:
"Der Welthandel wird im Wirtschaftsjahr 2020 voraussichtlich zunehmen, da sich der Konsum von der COVID-19-Pandemie erholt. Basierend auf den Verkäufen und Verschiffungen für das laufende Jahr werden die US-Exporte im Wirtschaftsjahr 2020 voraussichtlich 15,8 Millionen Ballen erreichen. “
"Infolge umfangreicher Restverkäufe aus dem Erntejahr 2019 und erhöhter Käufe aus China sind die US-Exportzusagen und -Lieferungen für das Erntejahr 2020 besonders umfangreich. Die aktuellen Zusagen liegen zu diesem Zeitpunkt im Handelsjahr auf dem höchsten Stand seit dem Erntejahr 2010."
Campiche zufolge konnten die Vereinigten Staaten, auch wenn die brasilianische Exportkonkurrenz nach wie vor groß ist, aufgrund des Handelsabkommens zwischen den USA und China im Jahr 2020 Marktanteile in China zurückgewinnen.
Die USA hatten im Erntejahr 2020 wegen der geringeren Produktion in Australien, Pakistan und der Türkei auch mehr Möglichkeiten für höhere Exportumsätze in anderen Märkten, obwohl die Ausfuhren im Handelsjahr 2021 voraussichtlich leicht auf 15,4 Mio. Ballen sinken werden, so Campiche weiter.
Alle Charts wurden freundlicherweise von SK Dixit Charting zur Verfügung gestellt.
Aus charttechnischer Sicht dürfte der nächstgelegene Mai-Kontrakt für Baumwolle an der ICE (NYSE:ICE) seine derzeitige Aufwärtsdynamik beibehalten und ein Hoch von über 97 Cents pro Pfund erreichen, so Sunil Kumar Dixit von SK Dixit Charting in Kolkata, Indien.
Aber dieses Szenario könnte auch erst nach einer Konsolidierung eintreten, sagte er und fügte hinzu:
"Der Tageschart für Mai-Baumwolle zeigt eine Gap, die signifikant genug ist, um einen Pullback zu rechtfertigen, damit die Kurslücke von 88,88 - 87,32 gefüllt wird."
"Nach dem Filling könnte eine Konsolidierung oberhalb von 86 die nächste Phase nach oben einleiten, die zum Schlusskurs im Juni 2018 bei 93,09 und dann zum Hoch bei 96,49 führt."
Dixit zufolge könnte jede Schwäche unterhalb von 85 Cents Gewinnmitnahmen auslösen und Baumwolle zur Mai-Lieferung in niedrigere Gefilde im Bereich um 83,09 bis 79,89 führen.
Er betont:
"Sowohl auf kurze als auch auf mittlere bis lange Sicht deuten die technischen Indikatoren und Oszillatoren auf ein äußerst bullisches Umfeld hin. Das Gap mahnt jedoch zur Vorsicht."
Haftungsausschluss: Barani Krishnan stützt sich auf eine Reihe von Meinungen, die nicht zwangsläufig seine eigenen sind, um Diversität in seine Analyse eines jeden Marktes zu bringen. Er besitzt oder hält keine Position in den Rohstoffen oder Wertpapieren, über die er schreibt.