Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie blickt nach einem herausfordernden Jahr mit geringer Nachfrage wenig optimistisch auf das Jahr 2024. Sowohl die gegenwärtige Lage als auch die Erwartungen für die kommenden Monate werden vom Branchenverband negativ eingeschätzt.
Nach einem Jahr mit schwacher Nachfrage und einem bereits erreichten Tiefpunkt warnt der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Markus Steilemann, vor anhaltenden Schwierigkeiten und einer unsicheren Dauer dieser Phase. Eine aktuelle Umfrage unter 350 Mitgliedsunternehmen zeigt, dass fast die Hälfte der Unternehmen erst im Jahr 2025 mit einer Besserung rechnet, während ein Drittel eine Erholung im zweiten Halbjahr 2024 erwartet.
Trotz der vorherigen Annahme, dass die Talsohle erreicht wurde, bleibt eine Trendwende bisher aus. Die Chemieindustrie hoffte auf 2024, aber die Aufträge fehlen weiterhin. Die Lage und die Erwartungen für das neue Jahr sind laut Steilemann weiterhin negativ. Der Umsatz der Branche dürfte 2024 erneut um etwa drei Prozent sinken.
Die schwierige Situation der Chemieindustrie resultiert aus dem Anstieg der Energiepreise aufgrund des Ukraine-Kriegs und einer schwachen Konjunktur. Im Jahr 2023 verzeichnete die Branche einen Umsatzrückgang von zwölf Prozent auf rund 230 Milliarden Euro. Die Produktion fiel um acht Prozent, in der Chemie allein sogar um elf Prozent.
Die Kapazitätsauslastung der Branche von nur etwa 77 Prozent belastet die Unternehmen, die seit mehr als zwei Jahren unterhalb der wirtschaftlich notwendigen Grundauslastung von 82 Prozent operieren. Infolgedessen kam es zu Gewinnwarnungen von Unternehmen wie BASF (ETR:BASFN), Lanxess (ETR:LXSG) und Evonik (ETR:EVKn). Laut der Mitgliederumfrage des VCI verzeichnen knapp 40 Prozent der Unternehmen Gewinneinbrüche, während 15 Prozent Verluste verbuchen.
Markus Steilemann warnt vor möglichen Stilllegungen von Anlagen, Investitionsverlagerungen ins Ausland und Personalabbau, wenn die Situation anhält. Trotz dieser Herausforderungen blieb die Beschäftigung in der Branche im Jahr 2023 stabil bei etwa 477.000 Mitarbeitern.
Für Bayer (ETR:BAYGN) war das Jahr 2023 desaströs
Im Verlauf des Jahres 2023 erlebte Bayer mehrere Rückschläge. Zunächst führten erfolgreiche Geschäfte mit dem Unkrautvernichter Glyphosat und die Erwartungen an eine Unternehmensumstrukturierung unter dem neuen Konzernchef Bill Anderson zu einem vielversprechenden Start an der Börse.
Die außergewöhnlich hohen Glyphosatpreise im Jahr 2022 fielen jedoch schnell ab. In der Mitte des Jahres musste das Unternehmen eine Milliardenabschreibung auf das Glyphosatgeschäft verbuchen. Im November schockte die Pharmasparte die Anleger mit dem Scheitern der Entwicklung eines bedeutenden Medikaments.
Der Blutgerinnungshemmer Asundexian, der als potenzieller Nachfolger des milliardenschweren Medikaments Xarelto galt, wird zwar in anderen Anwendungen weiterhin untersucht. Dennoch stiegen Zweifel darüber auf, inwieweit Bayer den Verlust der Xarelto-Patente ausgleichen kann. Zusätzlich zu diesen Herausforderungen sah sich das Unternehmen mit Rückschlägen in US-Gerichtsverfahren konfrontiert, die angebliche Krebsrisiken von glyphosathaltigen Unkrautvernichtern und mutmaßliche Gesundheitsfolgen der seit Jahrzehnten verbotenen Chemikalie PCB behandelten.
Bayer kann sich auf absehbare Zeit nicht aus dieser misslichen Lage befreien. Alle Augen sind nun auf den neuen CEO, Bill Anderson, gerichtet, der den Scherbenhaufen zusammenkehren darf.
Vor diesem Hintergrund und auch des jüngsten Anstiegs der Aktie, wollen wir jetzt einen genauen Blick auf das Papier in unserer Video-Chartanalyse werfen: