Der erste Handelstag im neuen Jahr ist vorüber und die Ölhändler fanden ihn ganz und gar nicht beruhigend.
Auf einen schwachen Handelsbeginn in Asien am Mittwoch folgte weitere Schwäche in Europa und eine plötzliche Rallye zum Handelsende hin in New York. Weitere ungewisse Trends scheinen sich anzubahnen, als der Handel am Donnerstag in Asien stockend begann.
Nichts davon wäre außergewöhnlich an einem normalen Handelstag beim Öl. Wie bei jedem Rohstoff kann beim Öl mit Preisabweichungen gerechnet werden, wenn sich Angebots- und Nachfragefaktoren ändern.
Keine gewöhnlichen Zeiten am Ölmarkt
Allerdings sind dies keine normalen Zeiten am Ölmarkt. Dies sollte eigentlich das Jahr sein, in dem die OPEC in Zusammenarbeit mit Russland, den Bären die Kontrolle des Marktes entzieht, indem sie ihre Absicht unter Beweis stellt, das Ölangebot während der nächsten sechs Monate um insgesamt 1,2 Mio Fass am Tag zu senken—oder um welchen Betrag auch immer, damit der 40 prozentige Preiseinbruch vom letzten Jahr Geschichte wird.
Die Ölbullen setzen darauf, dass die Organisation Erdölexportierender Länder bei ihren angekündigten Produktionssenkungen bleibt, da jeglicher Patzer seitens des Ölkartells die delikate Aufgabe noch komplizierter machen wird, am Markt wieder eine positive Stimmung herzustellen. Die Bären brauchten weniger als 11 Wochen, um das Ergebnis von 18 Monaten an Arbeit durch das Kartell zunichte zu machen, die dieses mit seiner letzten Runde von Produktionssenkungen geleistet hatte.
Und die Gruppe von Ölförderländern schien die Balance am ersten Handelstag gerade richtig hinzubekommen, als nur wenige Stunden nach Beginn des Handels in New York Bloomberg berichtete, dass den von Nachrichtenagentur zusammengestellten Tankertrackingdaten nach, die Rohölexporte aus Saudi-Arabien im Dezember um eine halbe Million Fass am Tag auf 7,253 Mio Fass am Tag (barrels per day, bpd) gefallen sind, was auf bewusste Einschränkungen der Lieferungen aus dem Königreich an die Vereinigten Staaten und China zurückgeführt werden kann.
Das schickte die Preise von Öl der US-Leitsorte West Texas Intermediate und britischem Brent, dem Benchmark für den globalen Ölmarkt, im New Yorker Handel zeitweise um bis zu vier Prozent in die Höhe.
Globale Makrorisiken
Aber WTI konnte bis Handelsende nur einen Preisanstieg von 2,5% verteidigen. Und der Grund für den Referenzpreis unter den Tageshochs war genauso wichtig wie die viel beredeten Produktionseinschnitte der OPEC: eine besorgniserregende Verschlechterung der weltweiten Daten aus den Fabriken.
In einer nicht koordinierten Serie von Konjunkturdaten, die aus Zufall zustande kam, fiel der chinesische Einkaufsmanagerindex (Purchasing Manager Index, PMI) im Dezember zum ersten Mal in 19 Monaten, und auch die entsprechenden Datensätze aus den USA und Europa fielen entsprechend mies aus.
Der Wert des chinesischen PMIs von 49,7 deutet an, dass die Wirtschaftsleistung der Fabriken in der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt unter den Erwartungen liegt, als diese wie viele Ökonomen vermuten, sich in diesem Jahr auf eine konjunkturelle Abkühlung zubewegt. Während die EU als Ganzes im Jahr rund 14 Mio bpd an Rohöl importiert, ist China mit 8,4 Mio bpd das größte einzelne Importland. Eine Schrumpfung der chinesischen Wirtschaftsleistung wird daher in der Ölnachfrage tiefe Spuren hinterlassen.
Dominick Chirichella, Vorstand für Risikomanagement und Handel beim Energy Manufacturing Institute aus New York sagt:
“Die verarbeitende Industrie ist ein energieintensiver Sektor und jegliche Kontraktion könnte zu einer Abnahme von Chinas Energienachfrage führen.”
In den weiteren Daten aus den Fabriken vom Mittwoch war der US-PMI vom Dezember, der auf 53,8 nach unten korrigiert worden ist, womit er seinen tiefsten Stand seit September 2017 erreicht hat. In Europa unterdessen, gab es in dem produzierenden Gewerbe des Euroraums Ende 2018 kaum noch Wachstum, als eine breitangelegte Verlangsamung des Wachstums eingesetzt hat.
Solche negativen Makroeinflüsse, die den Preisrutsch von Öl in den letzten Dezemberwochen beschleunigten, könnten auch in diesem Jahr eine prominente Rolle spielen, sollte es eine generelle Bewegung in Richtung einer globalen Rezession geben, warnen Ökonomen. Und das könnte der OPEC am meisten Kopfzerbrechen verursachen.
Prognosen für 2019 'gewagter als üblich'
Neil Atkinson, bei der Internationalen Energieagentur für Ölmärkte zuständig, wurde von Bloomberg mit den Worten zitiert, dass eine Vorhersage der Trends in 2019 “noch gewagter als üblich” sei.
John Kilduff, Gründungspartner beim New Yorker Energiehedgefonds Again Capital, sagte Investing.com:
"Wir werden viel Volatilität sehen, als die Produktionssenkungen der OPEC sich einer wie auch immer schwachen Nachfrage gegenübersehen, die für Öl vorhergesagt wird, angesichts der globalen Flaute von der alle reden."
Im Handel am Donnerstag schlugen an den Märkten die Wellen hoch, nachdem der US-Dollar gegenüber dem japanischen Yen in der Nacht um mehr als 3% eingebrochen war und der Technologiegigant Apple (NASDAQ:AAPL) seine Verkaufsprognose gekürzt hatte. Ein schwächerer Dollar sollte gut für Öl und andere in Dollar ausgepreiste Rohstoffe sein, da diese attraktiver für Käufer aus anderen Währungsräumen werden. Und doch blieb Öl unbeeindruckt vom schwächeren USD und sackte mit den anderen Finanzmärkten ab.
Reuters zitierte die Eröffnungsmitteilung der Investmentbank Jefferies an Kunden und Beschäftigte, dass der Jahresanfang
"sich nicht stabil anfühlt, die Zukunft nicht sicher und optimistisch erscheint und der Weg nach vorn unklar aussieht."
Der Schiffsmakler Eastport unterdessen, sagte, dass der Tumult an den Märkten die Investoren abschreckt:
"Fallende Aktienkurse schaden tendenziell der Konsumlaune, was häufig erhöhte Vorsicht und geringere Ausgaben zur Folge hat...Geschäftsleute tendieren dann auch ihre Kapitalausgaben einzuschränken, womit auch die Investitionen belastet werden."
US-Schieferöl bleibt die Unbekannte im Markt
Die Saudis könnten auch den Preis für schwerere Öle zur Lieferung im Februar nach Asien senken, wegen der schwächeren Heizölmargen, zeigte eine andere Umfrage von Reuters am Donnerstag. Eine solche Entwicklung, sollte sie denn kommen, könnte den allgemeinen Ölpreis zusätzlich belasten.
Bei allem gesagten, die große Unbekannte im Ölmarkt bleibt die US-Schieferölförderung, die ein Rekordniveau erreicht hat und die US-Ölproduktion in 2018 auf 11,7 Mio bpd steigen ließ. Die Produktion von Schieferöl, die den Hauptanteil in der US-Ölförderung ausmacht, soll in 2019 weiter ansteigen und könnte die Gesamtproduktion auf 12 Mio bpd schieben.
Die Vereinigten Staaten fördern leichtes “süßes”, d.h. schwefelarmes Rohöl, dass perfekt für die Benzinherstellung ist und nicht das schwerere “saure” Öl aus dem Nahen Osten, dass die amerikanischen Raffinerien benötigen, um Diesel und andere mittlere Destillate. Aber in einem Markt, der auf die Gesamtproduktion fokussiert ist, bestimmt die US-Rohöl die Richtung.
Ryan Lance, CEO von ConoccoPhillips, sagte:
“Wir erwarten, dass die Ölmärkte volatil bleiben, zum Teil getrieben von der flexiblen Schieferölproduktion in Nordamerika, die schnell aus- und abgebaut werden kann, als Reaktion auf Veränderungen der investierten Mittel.”
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