Der US-Präsident packt die ganz große Zollkeule aus. Droht jetzt die große Eskalation, der Welthandelskrieg? Die USA werden die Schmerzen ihrer eigenen Zölle spüren, nicht zuletzt an der Börse. Und Gegenzölle werden diese bestimmt nicht mildern. Ist also bei Trump mit der ähnlich heilsamen Wirkung zu rechnen, die sich auch beim Fühlen auf die heiße Herdplatte ergibt? Die Tür für schmerzlindernde Deals scheint tatsächlich nicht verschlossen zu sein.
Trumps Milchmädchenrechnung
Donald Trump fühlt sich wie der Rächer der Enterbten, obwohl die Rolle des Robin Hood überhaupt nicht zu ihm passt. Er behauptet, die USA würde vom Ausland auf allen Ebenen unfair behandelt. Neben Drogenschmuggel stören ihn vor allem die seit Jahrzehnten bösen Handelsbilanzdefizite Amerikas.
Das liegt zunächst daran, dass Amerika gerne auf viel Pump konsumiert und viele schöne Dinge im Ausland kauft. Offensichtlich sind unsere Produkte vielfach attraktiver als die in den USA.
Besonders bedeutend sind die billigeren Produktionskosten z.B. in Mexiko. US-Importeure machen sich diesen Vorteil sinnvollerweise zunutze oder produzieren dort sogar.
Wenn Trump jetzt mit Zöllen versucht, diese ausländischen Kostenvorteile auszugleichen, haben die Amerikaner nichts gewonnen. Qui bono? Höhere Importpreise werden die amerikanischen Produzenten selbstverständlich in höheren Verkaufspreisen weitergeben.
Den gleichen Effekt hätte auch die Produktionsverlagerung ins teurere Amerika. Das ginge zudem nicht über Nacht und es ist aktuell bereits schwierig, genügend Arbeitskräfte im Inland zu finden, zumal Trump Remigration betreiben will. Die Folge wäre steigende Löhne, die US-Unternehmen sicher nicht zulasten ihrer Marge bezahlen.
Doch damit nicht genug. Höhere Einfuhrzölle auf Energie- und viele Rohstofflieferungen aus Kanada, z.B. Kupfer, sprechen für weiteren Preisdruck.
Dann werden Peter, Paul and Mary beim Tanken oder Heizen feststellen, dass der neue US-Präsident entgegen seinen Wahlkampfparolen nicht der Kämpfer gegen hohe Inflation, sondern deren Springteufel ist. Und leider wuchern Zölle wie Unkraut im Garten. Sie verteuern schließlich alle Preise in der Volkswirtschaft. Die Menschen wären nicht wie im Wahlkampf versprochen reicher, sondern ärmer und das versprochene goldene Zeitalter wäre nicht nur kurz, sondern fände gar nicht statt. Das könnte Trump bei den Zwischenwahlen 2026 auf die Füße fallen. Das will er bestimmt nicht.
Und der Preisauftrieb geht mit noch mehr Schmackes nach oben, wenn die sanktionierten Länder mit Gegenzöllen antworten. Selbst wenn sie sich damit ins eigene Wirtschafts-Fleisch schneiden, sind sie zu diesen Schritten gezwungen. Wer Trump den kleinen Finger gibt, riskiert die ganze Hand. Er wird jede Schwäche sofort ausnutzen. Und so ist auch die EU gezwungen, sich bei Bedarf mit Abwehrsanktionen zu wehren. Das tut unseren Exportindustrien weh, sehr weh. Aber auch wir dürfen uns Trump gegenüber nicht als willfährige Trottel aufführen. Druck muss immer mit Gegendruck beantwortet werden.
Wenn dann die amerikanischen Unternehmen feststellen, dass sich die Wirtschaftsstimmung verschlechtert, wird unter den Chefs die Trump-Frevel immer größer. Das gilt ebenso mit Blick auf ihre fallenden Aktienkurse. Bei gleichhohen Vergeltungszöllen könnte die US-Wirtschaftsleistung um 1,2 Prozent sinken und die Kerninflation um ca. ein Prozent zulegen, Zugaben nicht ausgeschlossen. Die Fed würde mürrisch reagieren und die Anleiherenditen steigen. An Wall Street stünde statt Trump-Jump das Gegenteil, Trump-Dump, auf den Kurszetteln. Trump, der Aktien-Held wäre nur ein Maulheld. Will er das?
Schließlich würde Amerika an geopolitischer Reputation verlieren, sogar im eigenen westlichen Vorgarten. Die EU könnte endlich den Weckruf gehört haben, um sich vom Übervater Amerika mit eigener Wirtschaftsagenda zu emanzipieren. Insgesamt könnte es sogar zu Allianzen zwischen Ländern kommen, die bislang undenkbar waren. Diesem internationalen Machtverlust würden die Damen und Herren Kongressabgeordnete sicher nicht achselzuckend zuschauen. Nicht bei allen von ihnen ist Trump eine Pop-Ikone.
Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern
Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Trump-Wolf zu viel Kreide fressen wird. Aber die internationale Gegenwehr und die negativen Folgen eines Welthandelskriegs in der Wirtschaft, bei Inflation und am Aktienmarkt werden ihn bewegen, das Fenster für Verhandlungen zu öffnen, siehe Mexiko und Kanada. Zölle werden zwar absolut kommen, aber relativ werden sie nicht mit voller Wucht zuschlagen. Grundsätzlich ist Trump anpassungsfähig. Was gestern noch unverrückbar seine reine Lehre war, ist morgen schon Makulatur.
Im Falle Chinas ist allerdings mit einer weiter strikten Haltung zu rechnen. Das Land ist der Erzrivale, der den USA gefährlich nahe ist. Und Amerika, dass immer gerne zwischen gut und böse unterscheidet, braucht dieses Feindbild ohnehin.
Bei den anderen Handelspartnern ist mehr Manövriermasse vorhanden. Im Falle anderer Schwellenländer wird u.a. das Abschwören einer Alternativwährung zum US-Dollar ein Thema sein: Du sollst keine fremden Götter neben mir haben. Und in puncto EU wird der Kauf von amerikanischem Flüssiggas und höhere Verteidigungsausgaben im Mittelpunkt stehen.
Allerdings ist das Thema Auto in den USA auch emotional so belastet, dass Zollunsicherheit weiter über europäischen und deutschen Autobauern und ihren Börsenkursen schwebt. Daher werden europäische und deutsche Unternehmen verstärkte Präsenz in Amerika aufbauen.
Es ist die Zeit der Deal Maker. Mögen wir dem harten „Hund“ Trump ordentlich etwas entgegenzusetzen und unsere eigenen Wirtschafts-Hausaufgaben endlich in Angriff nehmen.
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