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Darum war der „Arbeitsmarktschock“ völlig überzogen

Veröffentlicht am 10.06.2016, 11:45
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am Sonntag hieß es im Fazit unserer Analyse, dass man zunächst abwarten sollte, wie sich die Kurse nach der ersten Reaktion auf den US-Arbeitsmarktbericht und einer Beruhigung verhalten. „Häufig sieht man die Dinge anders, wenn man Zeit hatte, darüber nachzudenken“, schrieben wir.

Arbeitsmarktschock ist bereits vollständig verdaut

Am Montag hat es im DAX bereits eine klare Beruhigung gegeben. Die Kurse pendelten in engen Bahnen oberhalb wichtiger Unterstützungen seitwärts (oranger Kreis im folgenden Chart). Und gestern sahen die Märkte die Dinge tatsächlich schon völlig anders. Denn nach den Kursverlusten von Freitag hatten sich die Stimmung und damit die Kursrichtung um 180 Grad gedreht. Sowohl die US-Indizes als auch der DAX notierten deutlich über dem Hoch von Freitag (grüne Ellipse), womit der Arbeitsmarktschock schon mehr als verdaut war.

DAX - Chartanalyse

Darum war die Kursreaktion vom Freitag völlig überzogen

Dass die Kursverluste am Freitag völlig überzogen waren, erkennt man, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich die Sachlage im großen Ganzen ansieht. Dieses Gesamtbild ist insbesondere der Fed inzwischen viel wichtiger. Und darin ist der monatliche US-Arbeitsmarktbericht nur ein Mosaikstein unter vielen.

In diesem Gesamtbild sieht die US-Konjunktur trotz des schwachen Jobaufbaus im Mai noch überwiegend positiv aus. Das zeigen auch die diversen US-Konjunkturdaten, die in den vorangegangenen Ausgaben des Geldanlage-Briefs genannt und besprochen wurden. Sie wiesen insgesamt darauf hin, dass sich die US-Wirtschaft nach dem schwachen Auftaktquartal 2016 jüngst wieder dynamischer zeigte.

US-Konjunkturdaten mehrheitlich positiv

Dazu passen auch die aktuellen Zahlen, die am Freitag nach dem US-Arbeitsmarktbericht wohl etwas untergegangen sind. So ist der Auftragseingang der US-Industrie im April um 1,9 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Zudem wurde der Anstieg im März von 1,5 Prozent auf ein Plus in Höhe von 1,7 Prozent nach oben revidiert.

Auftragseingang der US-Industrie

Und den Ordereingang bei langlebigen Wirtschaftsgütern im April bestätigte das US-Handelsministerium mit plus 3,4 Prozent. Zudem liegen sowohl der ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes in den USA mit 51,3 Punkten…

Auftragseingang der US-Industrie

…als auch der ISM-Dienstleistungsindex mit 52,9 Punkten für Mai komfortabel über der 50-Punkte-Schwelle, ab der weiteres Wachstum signalisiert wird.

ISM-Dienstleistungsindex USA

Auch diese Frühindikatoren (Auftragseingänge, Einkaufsmanagerindizes) deuten also auf ein anhaltendes Wirtschaftswachstum in den USA hin, womit sie sich in die lange Reihe positiver Daten einfügen.

Zudem weist der aktuelle Konjunkturbericht der Fed, das am vergangenen Mittwoch veröffentlichte „Beige Book“, darauf hin, dass der sich weiter erholte Arbeitsmarkt für eine Erhöhung der Löhne gesorgt hat. Ein moderater Anstieg der Löhne sei vor allem in den Regionen mit einem soliden Arbeitsmarkt zu beobachten, heißt es. Das bestätigt auch der Arbeitsmarktbericht vom Freitag. Darin wurde ein Lohnzuwachs von 2,5 Prozent zum Vorjahr bzw. 0,2 Prozent zum Vormonat ausgewiesen. Zudem haben dem „Beige Book“ zufolge in vielen Regionen die Konsumausgaben leicht zugelegt.

US-Arbeitsmarktbericht ist ganz klar negativ zu werten

Der jüngst schwächere Stellenaufbau ist ganz klar negativ. Im Mai wurden nur 38.000 statt erwartete 160.000 neue Stellen geschaffen, womit der US-Arbeitsmarkt die schwächste Performance seit September 2010 gezeigt hat. Zugleich wurden die Angaben für die beiden Vormonate spürbar nach unten korrigiert, so dass die Firmen zusammengerechnet 59.000 weniger Stellen geschaffen haben als zuvor berichtet.

Und was den oben genannten ISM-Index für den US-Dienstleistungssektor angeht, so liegt der Gesamtindex zwar im Expansionsbereich, die Beschäftigungskomponente fiel allerdings mit 49,7 Punkten in den Kontraktionsbereich zurück, was auf eine nachlassende Dynamik beim Beschäftigungsaufbau hinweist und dem schwachen US-Arbeitsmarktbericht von Freitag somit Nachdruck verleiht.

Beschäftigungskomponente des ISM-Dienstleistungsindex

US-Arbeitsmarkt auf Vollbeschäftigungsniveau

Dennoch reihen sich die Arbeitsmarktdaten lediglich in eine lange Zahlenreihe positiver US-Konjunkturdaten ein. Zudem gilt es einerseits zu beachten, dass der Arbeitsmarkt ein nachlaufender Indikator ist. Und andererseits sind seit Ende 2010 in den USA bereits über 13 Millionen neue Jobs entstanden. Die Arbeitslosenquote sank dadurch auf inzwischen unter 5 Prozent, womit in den USA quasi Vollbeschäftigung herrscht.

US-Arbeitslosenquote

60.000 bis 100.000 neue Stellen sind bereits ausreichend

Zwar sorgt das Bevölkerungswachstum der USA dafür, dass jeden Monat mehr Menschen auf den US-Arbeitsmarkt strömen, als ihn verlassen – jeden Monat müssen also neue Jobs geschaffen werden, um den aktuellen Beschäftigungsstand aufrechtzuerhalten. Diese Schwelle der neuen Arbeitsverhältnisse, die notwendig sind, um das monatlich neu in den Arbeitsmarkt eintretende Potential an Arbeitskräften aufzunehmen, liegt – je nach Schätzung – zwischen 60.000 und 100.000 Stellen pro Monat. Abgesehen von wenigen Ausnahmen lag die Zahl der neuen Stellen seit Oktober 2010 aber über diesen Grenzen.

US-Arbeitsmarkt stößt an Kapazitätsgrenze

Im April zeigte die Zahl der neugeschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft bereits einen leichten Dynamikverlust an, der sich mit dem aktuellen Bericht für Mai fortsetzte. Doch das muss noch kein Ausdruck eines schwächelnden Jobwachstums oder gar einer sich eintrübenden US-Wirtschaft. Es kann stattdessen vielmehr ein Zeichen dafür sein, dass der US-Arbeitsmarkt an seine Kapazitätsgrenze stößt.

Lohn-Preis-Spirale könnte bald in Gang kommen

Geschieht das, folgt meist ein Anstieg der Löhne, den man, wie oben beschrieben, auch schon erkennen kann. Beides ist ein Hinweis darauf, dass eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt, die zu einem stärkeren Anstieg der Inflation führen würde. Diesem müsste die Fed engagiert mit rechtzeitigen Zinserhöhungen entgegenwirken.

Fazit

Angesichts der US-Arbeitslosenquote von nur noch 4,7 Prozent, die quasi auf Vollbeschäftigung hinweist, ist davon auszugehen, dass der Stellenaufbau in den USA auch in den kommenden Monaten nicht mehr so stark sein wird wie in den vergangenen Monaten und Jahren. Einen ersten Vorgeschmack darauf haben wir am Freitag erhalten.

Wenn es dabei aber gleichzeitig zu einem Anstieg der Löhne kommt, ist dies ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Arbeitsmarkt an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Und dies wiederum dürfte zu höheren Inflationsraten führen. Dann muss die Fed den Leitzins anheben, um einer gefährlichen Dynamik in der Lohn-Preis-Spirale vorzubeugen.

Das bedeutet erstens, dass die nächste Leitzinserhöhung trotz der Daten von Freitag immer wahrscheinlicher wird. Zweitens dürften die nächsten Zinsanhebungen in relativ regelmäßigen Abständen folgen, weil die US-Notenbank einen „graduellen Anstieg“ angekündigt hat. Drittens muss steigende Leitzinsen nicht fürchten, denn sie sind ein Ausdruck einer stabil wachsenden US-Wirtschaft. Und in einem solchen Umfeld sollten die Aktienkurse tendenziell steigen.

Und damit bin ich wieder bei der Aussage, die Sie hier in den vergangenen Wochen immer wieder lesen konnten: Kurzfristig war der Ausblick für die Märkte bearish, weil ich die inzwischen gesehenen Korrekturen erwartet hatte. Langfristig war und ist der Ausblick eindeutig bullish für die Aktienmärkte. Es stellt sich nur die Frage, wann die Korrekturen endgültig enden. Den Zeitpunkt kann man nicht genau nennen. Wir werden die Märkte aber sehr genau für Sie im Auge behalten und entsprechend berichten.


(Quelle: Geldanlage-Brief vom 08.06.2016)

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Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Geldanlage
Sven Weisenhaus

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