Von Robert Zach
Die Sondierungsgespräche in Deutschland sind gescheitert! Überraschend war es nicht, zu groß waren die Differenzen über die Kernthemen Zuwanderung und Klimaschutz. Nach einem regelrechten Verhandlungsmarathon hat die FDP gestern kurz vor Mitternacht die Gespräche wie eine Seifenblase platzen lassen und damit offiziell die Kanzlerdämmerung eingeleitet. Deshalb erscheinen Neuwahlen so wahrscheinlich wie nie zuvor. Und so steht Deutschland am politischen Scheideweg.
Deutschland ist handlungsunfähig. Das Flaggschiff der europäischen Union hat Schiffbruch erlitten und die Kratzspuren im Rumpf sind deutlich sichtbar. Von politischer Stabilität ist derzeit keine Spur. Das kann weder gut fürs zukünftige Wirtschaftswachstum noch für die Stimmung an den internationalen Börsen sein. Entsprechend schnell muss jetzt eine Lösung her. Doch welche Optionen liegen jetzt überhaupt auf dem Tisch?
Merkel & Co könnten einen erneuten Anlauf wagen, die Jamaika-Regierung ins Leben zu rufen. Jedoch ist die Chance darauf als sehr gering einzustufen. So sagte FDP-Generalsektretärin Nicola Beer nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen, dass man „eine putzmuntere Opposition“ machen werde. Und Parteichef Christian Lindner meinte, er wolle und könne den Geist der Sondierungsgespräche nicht mittragen. Das klingt für mich nicht danach, als ob man noch Interesse an einer großen Koalition hat, geschweige denn eine neue Partnerschaft aufbauen möchte.
Die Alternative wäre erneut eine große Koalition zwischen CDU/CSU & SPD. Aber auch dieser Versuch dürfte wenig Aussicht auf Erfolg haben, da die Sozialdemokraten dies bereits mehrfach ausgeschlossen haben. „Wir werden nicht in eine große Koalition gehen“, betonte Martin Schulz zuletzt immer wieder. Eine Rolle rückwärts dürfte damit ausgeschlossen sein, schließlich will man an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und nicht daran verlieren.
Eine Minderheitsregierung erscheint derweil als das am wenigsten wahrscheinliche Szenario, hat doch Merkel Mitte Oktober bereits angekündigt, nicht mit einer Minderheitsregierung regieren zu wollen.
Was bleibt also übrig, außer Neuwahlen? Richtig. Nichts! Es gibt keine logische Alternative. Und in einem solchen Szenario spielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine entscheidende Rolle. Er muss den Bundestag auflösen, wenn ein Kanzler nicht mit der absoulten Mehrheit der Abgeordneten gewählt worden ist oder sofern ein Kanzler im Bundestag die Vertrauensfrage stellt und dafür keine Mehrheit findet.
Deutschland steht in der Regel für Stabilität, aber ohne eine handlungsfähige Regierung befindet sich das Land in einem Dornröschenschlaf und das in einer Boom-Phase. Schlimmer geht’s gar nicht mehr. Grund zur Panik besteht allerdings auch nicht. Denn eine geschäftsführende Regierung, also eine Regierung, die die Geschäfte bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterführt, hält in der Regel am Status Quo fest, wie es Folker Hellmeyer in seinem täglichen Kommentar treffend beschrieb.
Mein Appell an Frau Merkel lautet dennoch: machen Sie Platz für etwas Neues, etwas dynamischeres und nehmen Sie Ihre Scheuklappen ab. Denn Ihr Partei-Nachwuchs scharrt schon mit den Hufen, der sehr wohl die Fähigkeit und den Ideenreichtum besitzt, Deutschland auf zu neuen Ufern zu führen. Ihr Land wird es Ihnen danken.
Wie geht es jetzt weiter im Dax?
Der Dax reagierte prompt auf die gescheiterten Sondierungsgespräche und startete knapp 100 Punkte tiefer bei 12.926,1 Punkten. Derweil hat er die Abwärtskurslücke aber schon wieder geschlossen und notierte zeitweise sogar über der 13.000-Punkten-Marke. Dennoch befindet sich der deutsche Leitindex weiter unterhalb eines markanten Chartwiderstands in Form einer Abwärtstrendlinie (akt. bei 13.055 Punkten) und der 38-Tage-Linie (akt. bei 13.052 Punkten), weshalb die Risiken immer noch auf der Unterseite angesiedelt sind.
Kurzfristig muss man dem Markt jedoch eine Erholungsbewegung gestatten. Spielraum bestünde bis zur Glättung der letzten 20 Tage bei gut 13.180/200 Punkten. Sehr viel weiter nach oben dürfte es aber nicht mehr gehen.
Mit weiteren Verlusten ist zu rechnen, sofern der Dax unter das 38,2% Fibonacci-Retracement der gesamten Aufwärtsbewegung seit Ende August bis November bei 12.893 Punkten fällt. Danach muss ein schnelles Abgleiten auf das 50% Fibonacci-Niveau bei 12.698 Punkten einkalkuliert werden. Die Schlüsselunterstützung befindet sich knapp darunter in Form der 200-Tage-Linie und dem 61,8% Fibonacci-Retracement zwischen 12.503 und 12.450 Punkten. Ein nachhaltiger Rutsch unter diesen markanten Haltebereich hätte negative Auswirkungen und dürfte den Startschuss für eine mittelfristige Trendwende markieren.
Im Tageschart sprechen die technischen Indikatoren für eine kurzfristige Aufwärtskorrektur, während im Wochenchart ein Sturm aufzieht. So steht der trendfolgende MACD kurz vor einem neuen Verkaufssignal und ist damit negativ zu interpretieren. Und auch der RSI mahnt weiterhin zur Vorsicht.