Während der globalen Gesundheitskrise haben die beiden größten amerikanischen Energieunternehmen Exxon Mobil (NYSE:XOM) und Chevron (NYSE:CVX) bisher vermieden, ihre begehrten Dividenden zu senken. Dies könnte sich jedoch angesichts der jüngsten Quartalszahlen beider Unternehmen bald ändern.
Beide Ölgiganten bereiteten den Anlegern am vergangenen Freitag mit den Zahlen zum 2. Quartal 2020 eine böse Überraschung, in denen sich das Ausmaß des Schadens zeigte, den die Unternehmen aufgrund des durch die Pandemie ausgelösten Einbruchs der Energienachfrage erlitten haben. Im zweiten Quartal verlor Chevron 8,3 Milliarden US-Dollar, sein größter Verlust seit etwa 1998. Dieser Wert stand auch in starkem Kontrast zum gleichen Zeitraum des Vorjahres, als das Unternehmen noch einen Profit von 4,3 Milliarden US-Dollar verbuchte.
Die Verluste im abgelaufenen Quartal erhöhten sich auch deshalb, weil der Produzent Öl- und Gaswerte im Wert von 5,7 Mrd. USD abschrieb, darunter 2,6 Mrd. USD für Beteiligungen in Venezuela.
Exxon hatte eine ähnlich beunruhigende Geschichte zu erzählen. Der größte in den USA ansässige Öl- und Gasproduzent verzeichnete zum ersten Mal in diesem Jahrhundert einen zweiten Quartalsverlust in Folge. Der Ölkonzern aus Irving in Texas meldete ein Defizit von 1,1 Milliarden US-Dollar, während es im im gleichen Zeitraum des Vorjahres noch zu einem Gewinn von 3,1 Milliarden US-Dollar gereicht hatte.
Exxon teilte den Investoren außerdem mit, dass es seinen ehrgeizigen Expansionsplan auf die lange Bank schieben werde, um Barmittel zu sparen. Das Unternehmen konnte im Quartal keinen positiven operativen Cashflow generieren.
Die Aktienkurse beider Unternehmen deuten darauf hin, dass die Anleger nicht viel Hoffnung auf eine rasche Wende bei beiden Unternehmen haben, da die Pandemie weiter wütet. Es ist auch nicht klar, wie lange es dauern wird, bis die Verbraucher wieder ihr normales Alltagsleben führen können. Die Exxon-Aktie, die den Dienstag zu 43,47 USD beendete, ist in diesem Jahr um mehr als 35% gefallen, während die Chevron-Aktie mit 86,49 USD im gleichen Zeitraum 30% ihres Wertes verloren hat.
Wachsende Schuldenberge und negative Cashflows
Wenn diese Situation anhält, lautet die nächste große Frage: Wie lange können diese Giganten ihre hohen Dividendenausschüttungen durchhalten, insbesondere wenn sie keine positiven Cashflows generieren?
Die Rendite von Exxon von mehr als 8% deutet eindeutig darauf hin, dass Anleger das Risiko einer künftigen Kürzung als hoch einschätzen. Die Situation ist für den größten Produzenten der USA ziemlich prekär, der bisher keine Absicht gezeigt hat, seine Dividende zu senken.
Wenn das Unternehmen an seinem Plan festhält, seine aktuelle Auszahlungshöhe für den Restbetrag dieses Jahres zu erhalten, bedeutet dies, dass es ungefähr 15 Milliarden US-Dollar freimachen muss, zu einer Zeit, in der seine Bilanz schlecht aussieht und es hohe Kredite aufnimmt.
Während Exxon im zweiten Quartal keinen operativen Cashflow erwirtschaftete, zahlte es Dividenden in Höhe von 3,7 Milliarden US-Dollar, wodurch die Nettoverschuldung in diesem Zeitraum um 8,8 Milliarden US-Dollar anstieg. Sollten Exxon und Chevron beschließen, ihre Auszahlungen aufrechtzuerhalten, könnten sie einem weiteren Test gegenüberstehen, wenn die Welt einen weiteren Nachfragerückgang sieht oder die OPEC+-Produzenten ihre Förderung weiter erhöhen sollten.
Tatsächlich begann die OPEC+ nach Produktionskürzungen, die zu Beginn der Pandemie die Ölpreise bei rund 40 USD pro Barrel stabilisierten, wieder mehr Öl zu pumpen. Laut einem Bericht von Bloomberg werden die Staatengruppe und ihre Partner im August im Vergleich zum Juli weitere 1,5 Millionen Barrel pro Tag auf den Markt bringen.
Abgesehen von kurzfristigen Widrigkeiten, die das Ölgeschäft belasten, bedroht der Übergang weg von fossilen Brennstoffen weiterhin die langfristigen Aussichten der Branche - und er wird nicht verschwinden. Der globale Trend geht dahin, die Nutzung von CO2-armen Kraftstoffen wie Gas oder alternativen Energieträgern zu erhöhen. Die Pandemie hat diese Verlagerung weiter beschleunigt.
Aufgrund dieses Drucks und der gedrückten Kursaussichten haben Chevron, Royal Dutch Shell (NYSE:RDSa) und BP (NYSE:BP) im vergangenen Quartal Vermögenswerte in Milliardenhöhe abgeschrieben. Vielleicht wird Exxon bald dasselbe tun.
Fazit
Aus unserer Sicht gibt es im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld keine überzeugenden Argumente für eine Investition in Ölaktien. Diese Unternehmen sehen sich starkem Gegenwind ausgesetzt, darunter einem Überangebot an Öl, Erdgas und verflüssigtem Erdgas. Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Situation ändert, solange die Pandemie andauert und der Trend weg von fossilen Brennstoffen anhält.