- Die Qualcomm-Aktie steht unter Druck, nachdem der Halbleiterhersteller eine enttäuschende Prognose für das laufende Quartal abgegeben hat
- Apple arbeitet seit der Beilegung eines Rechtsstreits mit Qualcomm im Jahr 2019 an der Entwicklung eines eigenen Mobilfunkmodems
- Jedoch diversifiziert QCOM zunehmend seine Umsatzbasis und etabliert sich als wichtiger Chiplieferant für Fahrzeuge und internetfähige Geräte
Qualcomm (NASDAQ:QCOM) macht in diesem Jahr eine schwere Zeit durch. Der größte Hersteller von Smartphone-Prozessoren sieht sich mit einer nachlassenden Nachfrage in einer von der Inflation geplagten Wirtschaft konfrontiert, weshalb einige Investoren den langfristigen Wert des Unternehmens bei einem ungewissen Smartphone-Geschäft in Frage stellen.
Das ist auch der Grund, wieso sich die Investoren in diesem Jahr kaum für die QCOM-Aktie interessierten, die in der Folge dann auch um 42 % einbrach.
Außerdem gab das in San Diego ansässige Unternehmen Anfang letzter Woche eine deutlich schwächer als erwartete Prognose für das laufende Quartal ab und machte dafür die Konjunkturabschwächung, den schnell rückläufigen Smartphone-Markt und die COVID-19-Lockdowns in China verantwortlich.
Für das erste Geschäftsquartal, das am 30. Dezember endet, rechnet Qualcomm mit einem Umsatz zwischen 9,2 und 10 Mrd. USD, während die Analysten im Mittel von 12 Mrd. USD ausgegangen waren. Ohne Berücksichtigung bestimmter Posten dürfte der Gewinn bestenfalls 2,45 USD je Aktie betragen. Die durchschnittliche Prognose lag bei 3,40 USD.
Laut dem Ausblick kühlt der Markt für Unterhaltungselektronik schneller ab als befürchtet, und der Chip-Hersteller könnte auf überschüssigen Beständen sitzen, deren Abbau Monate dauern könnte.
Zusätzlich zu diesen kurzfristigen Herausforderungen ist Qualcomm auch mit dem Risiko konfrontiert, einen großen Teil seiner Einnahmen vom iPhone-Hersteller Apple (NASDAQ:AAPL) zu verlieren. Seit der Beilegung eines Rechtsstreits mit Qualcomm im Jahr 2019 arbeitet Apple an der Entwicklung eines eigenen Mobilfunkmodems.
Qualcomm hatte bereits geplant, nur etwa 20 % der 5G-Modemteile für die neuen iPhones im Jahr 2023 zu liefern, wie aus den Kommentaren zum Quartalsbericht vom Mittwoch hervorgeht. Qualcomm geht auch weiterhin davon aus, dass es im Geschäftsjahr 2025 nur minimale Umsätze mit Apple fakturieren wird.
Angesichts der makroökonomischen Bedenken und der Gefahr, dass Apple Qualcomm als Zulieferer völlig fallen lassen könnte, ist die Aktie für viele Anleger keine attraktive Wette, obwohl das KGV einen mehrjährigen Tiefstand erreicht hat. QCOM wird derzeit zu einem für 2023 geschätzten KGV von 9 gehandelt, seinem historischen Tiefpunkt, und liegt damit unter dem Niveau der meisten Hersteller integrierter Bauteile.
Diversifizierungsschub
Diese pessimistische Stimmung lässt jedoch einige entscheidende Punkte außer Acht.
Das Unternehmen ist dabei, seine Umsätze weg von Smartphones zu diversifizieren und sich zu einem wichtigen Chiplieferanten für die Automobilindustrie und für mit dem Internet vernetzte Geräte zu entwickeln. Zur Beschleunigung dieser Transformation hat das Unternehmen im vergangenen Jahr wertvolle Akquisitionen getätigt.
So hat Qualcomm im vergangenen Jahr Nuvia übernommen, um seine Abhängigkeit von der Smartphone-Industrie zu verringern und sich einen Anteil am Laptop-Chipmarkt und am lukrativen Geschäft mit Server-Prozessoren zu sichern. Mit der 4,5 Mrd. USD teuren Übernahme des schwedischen Automobil-Technologieunternehmens Veoneer (einschließlich des Softwareunternehmens Arriver für autonomes Fahren) hat Qualcomm im April sein Engagement im Bereich der Automobilchips weiter ausgebaut.
Qualcomm selbst erwartet für das Jahr 2026 einen Umsatz im Automobilbereich von mehr als 4 Mrd. USD und im Jahr 2031 von mehr als 9 Mrd. USD, gegenüber Prognosen von 3,5 Mrd. USD bzw. 8 Mrd. USD im November letzten Jahres.
Das Unternehmen informierte Analysten im September, dass seine Pipeline bereits bestehender Zusagen von Automobilherstellern schätzungsweise 30 Mrd. USD umfasst. Laut Akash Palkhiwala, dem CFO von Qualcomm, beruhen 90 % der bis 2026 prognostizierten Umsätze im Automobilbereich auf bestehenden Entwicklungsaufträgen in diesem Geschäftsfeld.
Nach verschiedenen Finanzmodellen, bei denen Unternehmen auf Basis von KGV-, KUV-Multiples und Terminal Values bewertet werden, liegt der durchschnittliche faire Wert von QCOM laut InvestingPro bei 161,96 USD. Dies entspricht einem Kurspotenzial von mehr als 50 %.
Quelle: InvestingPro
In einer kürzlich veröffentlichten Studie hat HSBC (LON:HSBA) diese Stärke hervorgehoben und erklärt, dass der Zeitpunkt für einen Einstieg bei QCOM jetzt gekommen sei. In der Notiz heißt es:
"Das Unternehmen ist dank seiner dominanten Stellung bei Chips für die Automobilindustrie, seiner technologischen Stärke bei Radiofrequenz-Frontend-Chips und seiner starken Präsenz bei Geräten für das Internet der Dinge gut positioniert, um in einer Welt nach dem Smartphone zu wachsen."
Trivariate Research ist ebenfalls der Meinung, dass QCOM eine der Aktien ist, die nach der diesjährigen Marktkrise zu billig ist und im nächsten Jahr wieder zulegen sollte.
Fazit
QCOM mag auf den ersten Blick nicht attraktiv erscheinen, da das Unternehmen mit verschiedenen Problemen konfrontiert ist, insbesondere mit dem Risiko, seinen Marktanteil auf dem lukrativen Smartphone-Markt zu verlieren. Es gibt jedoch deutliche Anzeichen dafür, dass die Diversifizierung von QCOM erfolgreich ist, und die aktuelle Bewertung der Aktie rechtfertigt eine optimistische Einschätzung.
Offenlegung: Haris Anwar besitzt derzeit keine der in diesem Artikel genannten Aktien. Die in diesem Artikel dargelegten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des Verfassers wider und sind nicht als Anlageberatung zu verstehen.