Der Ölmarkt hat prozentual gesehen den besten Monat in der Geschichte. Grund dafür ist die Rückkehr der Weltwirtschaft aus der Schockstarre. Die Ölnachfrage kommt schneller als erwartet zurück und die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass die weltweite Ölnachfrage höher sein wird als vor den Lockdown-Maßnahmen gegen das Coronavirus. Reuters berichtete, der russische Energieminister Alexander Novak habe vorhersagt, dass der globale Ölmarkt in den nächsten zwei Monaten wieder ins Gleichgewicht kommen wird. Erste Berichte zeigen, dass die vereinbarten Produktionskürzungen in Russland gut eingehalten werden, als die OPEC die weltweit größte Förderdrosselung aller Zeiten durchführt.
Die US-Energieerzeuger stutzen ihre Produktion weiter und es wird mit einer Welle von Insolvenzen im Schieferölsektor gerechnet. Wie Marketwatch berichtete, hat Baker Hughes am Freitag gemeldet, dass die Anzahl der aktiven Bohrplattformen in den USA, die nach Öl bohren, letzte Woche um 21 auf 237 gesunken ist. Die Anzahl der Bohrungen ist nunmehr zehn Wochen in Folge zurückgegangen, was auf künftige Rückgänge der inländischen Rohölproduktion schließen lässt. Die Gesamtzahl der aktiven US-Bohrplattformen ging laut Baker Hughes ebenfalls um 21 auf 318 zurück. Die FT berichtet, dass "die bekanntesten unabhängigen Schieferölkonzerne in den USA im ersten Quartal einen Rekordverlust von zusammengerechnet 26 Milliarden Dollar verzeichneten, als sich der Sektor auf eine Welle von Insolvenzen in den nächsten zwei Jahren einstellt". Der durch die Coronavirus-Pandemie verursachte Einbruch der Rohölnachfrage führte laut einer Analyse von Rystad Energy zu Abschreibungen von mehr als 38 Milliarden Dollar bei den größten Unternehmen, wodurch die Nettoverluste deutlich unter den Durchschnittswert der letzten sechs Jahre von 2,9 Milliarden Dollar fielen.
Die FT schreibt: "Analysten sagen voraus, dass 250 Unternehmen vor Ende des nächsten Jahres pleite gehen könnten, wenn die Ölpreise nicht schnell genug steigen, um Bares in die Kassen der Produzenten zu spülen, die unter einer hohen Schuldenlast ächzen. Nach Angaben von Haynes & Boone haben in diesem Jahr bereits 17 kleinere US-amerikanische Öl- und Gasproduzenten mit einer Gesamtverschuldung von rund 14 Milliarden Dollar Insolvenz angemeldet. Analysten von Rystad schätzen, dass die Gesamtzahl vor Jahresende auf 73 steigen könnte. Weitere 170 werden im nächsten Jahr folgen, sollten die Preise auf dem aktuellen Niveau bleiben".
Zuerst hatten wir Peak Oil, dann hatten wir Peak Demand, aber vielleicht werden wir nirgends ein Peak sehen. Bloomberg berichtet, dass Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur, kaltes Wasser auf die Hoffnung gegossen hat, dass das Coronavirus die Nachfrage begrenzen und die klimawandelbedingten Emissionen reduzieren wird. "In Abwesenheit starker staatlicher Lenkung dürften eine anhaltende wirtschaftliche Erholung und niedrige Ölpreise die weltweite Ölnachfrage dorthin zurückbringen, wo sie war und darüber hinaus", sagte Fatih Birol in einem Interview. Bloomberg berichtet, dass „die Welt im vergangenen Jahr fast 100 Millionen Barrel Öl pro Tag verbraucht hat“, und einige in der Energiewirtschaft glauben, dass dies den Höhepunkt der weltweiten Nachfrage markieren könnte. Sie nehmen an, dass der Ausbruch des Coronavirus Veränderungen auslösen wird, wie z. B. weitverbreitete Arbeit von zu Hause aus und weniger Reisen nach Übersee, wodurch der Verbrauch dauerhaft gesenkt würde.
Ich bezweifle das. Ich sehe es auch so, dass die Ölnachfrage auf dem besten Wege ist, ihre Niveaus von vor der Pandemie zu überschreiten, und dass die Theorie eines Nachfragehöhepunkts (Peak Demand) genauso fehlerhaft ist wie die Begeisterung für ein Ende der Ölvorräte (Peak Oil) vor 20 Jahren. Die Ölpreise haben seit ihrem Sturz unter Null einen langen Weg zurückgelegt. Was wir beobachten, ist eines der schnellsten globalen Anpassungen von Ölangebot und -nachfrage aller Zeiten. Während wir möglicherweise einige Schwächen sehen, zeigt der Trend nach oben und der Markt blickt in die Zukunft, wo eine steigende Nachfrage und ein Rückgang der Produktion zu einer Verknappung führen könnten.
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