- Kohle und Erdgas sind in Europa angesichts der Energiekrise stark gefragt
- Suchtrends und die Nachfrage nach Anleihen signalisieren, dass das Trendthema ESG seine Strahlkraft verloren hat
- Anleger können europäische Energietitel erwägen, die angemessen bewertet sind
Anfang letzter Woche kündigte Deutschland die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken an. So soll Erdgas eingespart werden. Für Verfechter des Themas ESG (Umwelt, Soziales, Governance) stellt dies einen weiteren Rückschlag dar.
Am Ende spricht eben doch das Geld (und gewinnt auch meist). Derzeit explodieren die Strompreise in Europa bei sengender Hitze. Hinzu kommt, dass die US-amerikanische Freeport-LNG-Anlage ihre Exportaktivitäten nach einem verheerenden Brand eingestellt hat.
Diese Faktoren setzen die einst populäre (und immer noch politisch geprägte) ESG-Bewegung unter Druck.
ESG im Brennpunkt
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Anleger, das Wachstum (und den Rückgang) von ESG zu analysieren. Eine Möglichkeit ist die Beobachtung von Suchtrends bei Google. Laut Bloomberg sind die Suchanfragen zum Schlagwort ESG in letzter Zeit zurückgegangen, ein krasser Gegensatz zum stetigen Wachstum der letzten Jahre.
Google Suchtrends deuten auf nachlassendes ESG-Interesse hin
Quelle: Bloomberg, Google Daten
Die Flow-Show
Und wie bereits erwähnt - an den Finanzmärkten regiert vor allem eins: Geld. Besonders auffällig ist ein Chart, den sich globale Energieinvestoren etwas genauer ansehen sollten.
Nach Angaben der Bank of America unter Verwendung von Daten des Research-Spezialisten Emerging Portfolio Fund Research (EPFR), haben sich die Mittelzuflüsse in europäische ESG-Anleihen verlangsamt. Das letzte Mal konnten wir das während des Corona-Crashs im März 2020 beobachten.
Diesmal ist es anders, denn wir befinden uns nicht im Panikmodus. Vielmehr haben sich in Europa grundlegende Veränderungen vollzogen, die auf ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren zurückzuführen sind. Ganz oben auf der Liste steht dabei die Lage in Russland und der Ukraine. Zudem hat die jahrelange Dekarbonisierung auf dem gesamten Kontinents zu der aktuellen Energiekrise beigetragen.
Nach hohen Mittelzuflüssen von 2019 bis Anfang 2022 drehen europäische Fixed Income-Flows im ESG-Segment ins Negative
Quelle: BofA Global Research, EPFR-Daten
Europäische Energieunternehmen im Fokus
Wie können Investoren vom nachlassenden Interesse am Thema ESG und dem "neuen" Interesse an fossilen Energieträgern profitieren? Eigentlich ist das ganz einfach. Erwägen Sie langfristige Positionen in Aktien wie Shell (NYSE:SHEL), (LON:RDSa); BP (NYSE:BP) (LON:BP) und TotalEnergies (NYSE:TTE) (EPA:TTEF). Diese drei Giganten zeichnen sich alle durch attraktive Bewertungen und hohe Dividendenrenditen aus.
Nach Angaben des Wall Street Journal lagen die KGVs von Shell und Total für die letzten zwölf Monate bei 9,0 bzw. 8,7. BP hat im letzten Jahr ein negatives Ergebnis je Aktie erzielt, aber das voraussichtliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Unternehmens liegt nach der Prognose der BofA-Analysten bei nur 4,4.
In puncto Renditen berichtet das WSJ, dass Shell den Anlegern eine Ausschüttung von 3,6 %, BP eine Rendite von 4,7 % und Total eine Ausschüttungsquote von 5,5 % bieten. Es handelt sich hier um einen volatilen Bereich - das Jahresplus im US-Energiesektor (NYSE:XLE) belief sich bis Anfang des Monats auf fast 70 %, ist aber seither auf nur noch 34 % geschrumpft.
Fazit
ESG-Investing hat einen negativen Touch bekommen. Anleger sollten sich lieber in Europa nach großen, niedrig bewerteten, dividendenstarken Energieunternehmen umsehen, die den Kontinent mit traditioneller Energie alter Schule aus Öl und Erdgas versorgen. Die Dynamik bei US-Energieaktien lässt allmählich nach, aber die Nachfrage nach europäischen Energietiteln könnte anhalten.