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Fed Watch: Notenbanker ergreifen Mini-Schritte gegen Überhitzung der Inflation

Veröffentlicht am 21.03.2022, 10:42

Endlich hat jemand das Wort "absurd" in Bezug auf die von der US-Notenbank verfolgte Zinspolitik der schrittweisen Anhebung der Zinssätze zur Bekämpfung der himmelhohen Inflation in den Mund genommen, wo doch der Verbraucherpreisindex im Jahresvergleich kurz davor steht, die 8%-Schwelle zu überschreiten.

Man kann über Larry Summers sagen, was man will, aber der ehemalige Finanzminister und Direktor des National Economic Council, der einen Großteil seiner Zeit in Harvard verbringt, wenn er nicht gerade im Büro ist, zählt zu den smartesten Wirtschaftswissenschaftler der Welt.

Die Projektionen der Fed, aus denen eine Arbeitslosenquote von 3,5 % in den nächsten drei Jahren hervorgeht, bezeichnete er als "absolut unrealsistisch".

"Aber das ist nicht die zentrale Absurdität der Fed-Prognose. Das Kernproblem ist doch die Vorstellung, dass ein äußerst angespannter Arbeitsmarkt irgendwie mit einer sich rasch verlangsamenden Inflation einhergeht."

Das ist selbst in der keynesianischen Theorie, auf die sich die Ökonomen der Fed gerne stützen und die die Arbeitsmärkte zur Grundlage für Inflationsprognosen macht, ein wenig weit hergeholt. Innerhalb eines monetaristischen Rahmens, so Summers in der Washington Post, müssten die Realzinsen steigen, um die Inflation zu bekämpfen.

Der behutsame, schrittweise Plan der Fed, die Leitzinsen in aufeinander folgenden Sitzungen des Offenmarktausschusses um je einen Viertelpunkt anzuheben, führt jedoch zu einem Rückgang der Realzinsen, d. h. des Nominalzinses abzüglich der Inflation. Summers erklärte dazu:

"Die Pläne des FOMC gehen nicht einmal dahin, mit der wachsenden Inflationslücke Schritt zu halten. Es ist schwer vorstellbar, dass Zinsen, die selbst in drei Jahren noch etwa 2 Prozentpunkte unter den derzeitigen Inflationsraten liegen werden, als ausreichende Maßnahme zur Eindämmung der Inflation angesehen werden können."

Schon vor der FOMC-Sitzung in der vergangenen Woche hatte Summers gewarnt, dass die Fed mit ihrem Plan, die Zinsen nur um einen Viertelpunkt anzuheben, auf dem Holzweg sei.

"Ich bin der Meinung, dass die Fed das Ausmaß ihrer Fehler im vergangenen Jahr nicht erkannt hat, dass sie in einem unangemessenen und gefährlichen Rahmen agiert und dass sie weitaus konsequentere Maßnahmen zur Wahrung der Preisstabilität ergreifen muss, als es derzeit den Anschein hat."

Die Folgen sind seiner Ansicht nach eine jahrelange Stagflation mit einer Inflation von 5 % und einer Arbeitslosigkeit von 5 %, was schließlich in einer Rezession münden würde. Die Realzinsen müssten auf 2 oder 3 % steigen, wodurch die Nominalzinsen selbst im Best-Case-Szenario bei 5 % oder höher liegen würden, so Summers.

Der Chef der Fed von St. Louis, James Bullard, votierte in der vergangenen Woche gegen eine Anhebung um einen Viertelpunkt und war der Meinung, dass eine Erhöhung um einen halben Prozentpunkt angesichts der hohen Inflationsrate angebrachter gewesen wäre. Selbst wenn man die konservative Benchmark der Fed heranzieht - die Kerninflation auf Basis der persönlichen Verbrauchsausgaben ohne Lebensmittel- und Energiekosten - liegt die jährliche Inflationsrate bei 5,2 % und damit 320 Basispunkte über dem eigentlichen 2 %-Ziel.

Bullard plädiert für einen Leitzins von über 3 % bis Ende dieses Jahres anstelle des vom gesamten Ausschuss prognostizierten Zinsniveaus von 1,875 %.

"Die US-Geldpolitik lockert sich ungewollt weiter, weil die Inflation drastisch gestiegen ist, während der Leitzins extrem niedrig geblieben ist, was die Realzinsen nach unten drückt. Der Ausschuss muss nun schnell handeln, um diese Situation in den Griff zu bekommen, oder er riskiert, seine Glaubwürdigkeit in Bezug auf das Inflationsziel zu verlieren", sagte Bullard in einer Stellungnahme, in der er seine Einwände erklärte.

Diese Aussage sollte eigentlich in der Vergangenheitsform formuliert werden - denn die Fed hat bereits viel an Glaubwürdigkeit verloren.

Bullard glaubt, dass die US-Wirtschaft robust genug ist, um größere Zinsschritte zu verkraften. Der ehemalige Vermögensverwalter von Pimco, Bill Gross, der für sich und viele andere ein Vermögen mit der Steuerung der Zinsen in seinem riesigen Rentenfonds gemacht hat, ist jedoch anderer Meinung. In einem Interview mit der Financial Times erklärte Gross:

"Ich schätze, dass die Zinsen nicht über 2,5 bis 3 % steigen können, ehe die Wirtschaft wieder zusammenbricht. Wir haben uns einfach an immer niedrigere Zinssätze gewöhnt, und alles, was darüber hinausgeht, würde den Immobilienmarkt zum Einsturz bringen."

Selbst die eher moderarteren Mitglieder des FOMC rechnen bis Ende 2023 mit einem Zinssatz von 2,8 %, so dass die Prognose von Gross ihnen nicht viel Spielraum lässt.

Steht Powells Vermächtnis auf dem Spiel?

Der US-Senat hat letzte Woche ein Machtwort gesprochen und die Nominierung von Sarah Bloom Raskin für das Amt der Fed-Vizepräsidentin der Bankenaufsicht abgelehnt. Der Demokrat Joe Manchin aus West Virginia sprach sich gegen die Nominierung aus, weil sie sich klar gegen die Förderung von Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe durch US-Banken aussprach. Sämtliche Republikaner lehnten sie ab, so dass der einzige Abweichler unter den Demokraten das Zünglein an der Waage in dem paritätisch besetzten Senat war.

Raskin, die sich bereits zweimal im Senat für Posten bei der Fed und im Finanzministerium durchgesetzt hatte, sagte zwar bei ihrer letzten Anhörung, dass sie diese Position in ihrem neuen Amt nicht weiterverfolgen werde, aber ihre Gegner kauften ihr das nicht ab.

Ironischerweise machte ihr Ausscheiden aus dem Verfahren den Bankenausschuss des Senats, den die Republikaner ihretwegen boykottiert hatten, frei, um über die anderen vier anstehenden Fed-Nominierungen abzustimmen, darunter die des Vorsitzenden Jerome Powell für eine zweite Amtszeit.

Zwar ist es unwahrscheinlich, dass der Senat Powell die zweite Amtszeit verweigert, aber dennoch steht sein Vermächtnis auf dem Spiel. Sollten Summers und Bullard und andere Wirtschaftswissenschaftler Recht behalten, geht die Geschichte für Powell nicht gut aus.

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