
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Wahrscheinlich das Letzte, was der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, sehen wollte, als seine Wiederernennung auf dem Prüfstand steht, ist eine Ethik-Kontroverse darüber, dass Fed-Mitglieder Gewinne aus Investitionen in Märkten machen, die von der expansiven Geldpolitik angeheizt werden.
Zunächst stellte sich heraus, dass zwei regionale Bankpräsidenten, Robert Kaplan in Dallas und Eric Rosengren in Boston, im vergangenen Jahr aktiv mit Aktien spekuliert haben - und zwar zu einer Zeit, als die Fed ihr Notfallprogramm verabschiedete, das die Aktienmärkte auf zahlreiche Rekordhochs getrieben hat.
Kaplan, ein ehemaliger Vizechef von Goldman Sachs (NYSE:GS), hat Trades im Umfang von mehr als 1 Million Dollar in 22 einzelnen Unternehmensaktien oder Investmentfonds, darunter Apple (NASDAQ:AAPL), Alibaba (NYSE:BABA), Amazon (NASDAQ:AMZN), General Electric (NYSE:GE) und Chevron (NYSE:CVX), getätigt. Rosengrens Geschäfte mit Immobilienfonds (REITs) waren da weitaus bescheidener.
Die beiden Herren versprachen, ihre Aktien bis Ende September zu verkaufen und den Erlös in liquiden Mitteln oder passiven Anlagen zu halten, um jeden Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden.
Powell ordnete eine Überprüfung der Ethikrichtlinien für den Aktienhandel durch hochrangige Fed-Mitarbeiter an, und die Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren, forderte in einem Schreiben an jede der 12 regionalen Banken eine Verschärfung der Regeln für den Aktienhandel.
Doch wie sich herausstellte, ist Powells eigenes Investmentportfolio im vergangenen Jahr enorm gewachsen und nähert sich nun der 100-Millionen-Dollar-Marke (ohne Berücksichtigung seines Immobilienvermögens). Powell war mehrere Jahre lang Partner der Carlyle Group und gründete dann seine eigene Investmentfirma, bevor er 2012 in den Gouverneursrat der Fed berufen wurde. Er gilt als einer der reichsten Zentralbanker der Welt.
Das meiste Geld von Powell liegt in den Händen unabhängiger Vermögensverwalter, über die er keine direkte Kontrolle hat. CNBC enthüllte jedoch, dass Powell im vergangenen Jahr bis zu 2,5 Millionen Dollar in Kommunalanleihen auf einem gemeinsamen Konto unter seiner Kontrolle hielt, als die Fed für 5 Milliarden Dollar solche Wertpapiere aufkaufte.
Der Präsident der Richmond Fed, Thomas Barkin, hielt bis zu 3 Millionen Dollar in Unternehmensanleihen, als die Fed Unternehmensanleihen im Wert von 46,5 Milliarden Dollar erwarb. Rosengren besaß bis zu 800.000 Dollar in REITs, die Mortgage-Backed-Securities hielten, mit denen er 37 Mal handelte, während die Fed Hypothekenpapiere im Wert von 700 Milliarden Dollar kaufte.
Powell hat stets betont, dass die Fed ihre monatlichen Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar fortsetzen müsse, weil die USA noch keine Maximalbeschäftigung erreicht haben. Die neue Kontroverse entsteht gerade jetzt, als die Anleger auf Hinweise der Fed warten, wann sie mit der Reduzierung ihrer Anleihekäufe beginnen wird.
Die Fed könnte ihre Absichten nach der Sitzung des Offenmarktausschusses (Federal Open Market Committee, FOMC) in dieser Woche offenlegen und die ethische Kontroverse erhöht wahrscheinlich den Druck, einen Zeitplan für die Drosselung des Stimulus festzulegen.
Einige Analysten kritisieren, dass die Anleihekäufe zu sozialer Ungleichheit führen, da sie in erster Linie den Reichen durch die Inflation der Finanzmärkte zugute kommen. Ein prominenter Kritiker der Fed, Dennis Kelleher, der CEO von Better Markets, erklärte gegenüber CNBC, dass die Argumente, mit denen die Zentralbanker ihre Geschäfte verteidigen, insbesondere, dass sie nicht gegen bestehende Ethikrichtlinien verstoßen, nur zeigen, wie "mangelhaft" diese Richtlinien sind.
US-Präsident Joe Biden muss bald entscheiden, ob er Powell als Fed-Chef behalten will. Der Präsident sieht sich bereits erheblichem Druck seitens progressiver Demokraten ausgesetzt, ihn zu ersetzen und jemanden zu ernennen, der die Fed-Führung vielfältiger und aufgeschlossener gegenüber Themen wie Klimawandel und Bankenregulierung macht.
Unterdessen ist die Europäische Zentralbank zunehmend hin- und hergerissen über ihre eigenen geldpolitischen Impulse. Mehrere Mitglieder des EZB-Rats äußerten in der vergangenen Woche die Sorge, dass die Inflation über den Erwartungen liegt und eine Reduzierung des Stimulus erzwingen könnte.
Die Financial Times goss Öl ins Feuer, als sie berichtete, EZB-Chefvolkswirt Philip Lane habe deutschen Bankvolkswirten gesagt, die Zentralbank der Eurozone werde ihr 2%-Inflationsziel im Jahr 2025 erreichen. Dies bedeutet, dass die EZB ihren Einlagensatz von minus 0,5 % im Jahr 2023 anheben könnte, also ein Jahr früher als erwartet.
Die EZB dementierte den Bericht mit der Begründung, er entspreche nicht der aktuellen Forward Guidance der Bank, und deutete an, dass Lanes Äußerungen missverstanden worden seien. Angesichts der wachsenden Inflationssorgen trieb der Bericht die Renditen für Staatsanleihen der Eurozone jedoch in die Höhe.
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