Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0740 (05:38 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0734 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 139,47. In der Folge notiert EUR-JPY bei 149,79. EUR-CHF oszilliert bei 0,9708.
Blick auf den Markt: USA stechen Europa aus
Weitgehend dominiert Stabilität das Geschehen an den internationalen Finanzmärkten zu Wochenbeginn. Die Marktveränderungen bewegen sich in den zuvor etablierten Bandbreiten.
Gleichwohl sind interessante Entwicklungen erkennbar. US-Aktienmärkte zeigten sich nicht nur am Freitag, sondern auch auf Wochensicht stärker als die europäischen Märkte. So legte der S&P 500 auf Wochensicht um knapp 0,5% zu, während der EURO STOXX50 es auf weniger als 0,1% brachte. Auch im Monatsvergleich (12. Mai) ergibt sich eine Divergenz zwischen dem US-Markt und dem europäischen Aktienmarkt. So sank der EUR STOXX50 um 0,4%, während der S&P 500 um 4,2% zunahm.
Auf den Punkt gebracht: Die Outperformance des europäischen Aktienmarkts gegenüber dem US-Markt, die vom Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 dominierte, scheint abgeschlossen zu sein. Unter fundamentalen ökonomischen Gesichtspunkten ist die Hinwendung zu den USA verständlich. Die Rahmendaten der Standortbedingungen sind deutlich attraktiver in den USA als in Europa. Versorgungssicherheit bei Energie, drastisch niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie und attraktivere Steuergesetzgebung als auch eine positivere Grundhaltung zu Leistung und Erfolg machen wesentliche Unterschiede.
Diese Entwicklung an den Aktienmärkten ging einher mit einer Befestigung des USD gegenüber dem EUR. Stand der EUR vor einem Monat noch bei 1,0916, so liegt er aktuell bei 1,0740. Es gibt hier eine offensichtliche Korrelation, die Ausdruck von Kapitalzuflüssen aus Europa in Richtung USA sind.
Sollte Europa die eingeschlagenen Wege fortsetzen, besteht das Risiko dauerhafter finanzieller (Finanzmärkte) als auch realwirtschaftlicher (Produktionsstättenverlagerungen) Kapitalabflüsse in Richtung USA.
An den Rentenmärkten kam es zu keiner klaren Tendenz. 10 jährige Bundesanleihen rentieren aktuell bei 2,38% (Freitag 2,42%), während 10 jährigen US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 3,75% abwerfen (Freitag 3,73%).
Neuer Weltbankpräsident will Privatsektor stärker einbeziehen
Der neue Präsident der Weltbank, Ajay Banga, will laut Welt am Sonntag den Privatsektor stärker in die Armutsbekämpfung und den Kampf gegen den Klimawandel einbeziehen. Er sagte, wenn man Armut bekämpfen und gleichzeitig einen lebenswerten Planeten haben wolle, dann reiche staatliches Geld nicht aus oder das Geld gemeinnütziger Organisationen. Auch nicht das multilateraler Banken, wie sehr man es auch immer versuche. Man brauche Billionen allein für erneuerbare Energien, jährlich. Da spreche man noch nicht mal von Armutsbekämpfung. Man müsse den Privatsektor einbeziehen.
Kommentar: Seitens der Weltbank als Teil des westlichen Machtorganigramms wird zunächst verbal in zarter Form ein neuer Finanzierungsweg vorbereitet, der die Inanspruchnahme der Privatwirtschaft und unter Umständen später der privaten Haushalte auf multilateraler Basis ins Auge fasst. Wie weit wird eine solche Inanspruchnahme gehen? Endet sie in Übergriffigkeit, die den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums in Frage stellen könnte? Was bedeutete das für die westlichen Finanzmärkte? Der Ansatz unterstellt zudem eine homogene Haltung der Nationen dieser Welt in der Klimafrage. Ist das der Fall?
Kritik, dass sich die Weltbank unter dem Ex-Chef von Master Card zu sehr auf den Kampf gegen den Klimawandel fokussieren könnte, wies Banga zurück. Man könne sich nicht auf den Klimawandel und dabei nicht auf Armut konzentrieren. Banga schloss nicht aus, dass die Weltbank mehr Geld von den Geberländern brauchen könnte.
Kommentar: Das Thema Klimawandel bedingt eine massive Umverteilung. Das Thema Klimawandel und die im Raum stehenden Forderungen unterstreichen, dass es starker Ökonomien bedarf, um diese finanziellen Herausforderungen zu meistern. Wie passt dazu die Politik in Deutschland? Stärkt oder schwächt die Politik die wirtschaftliche Basis? Ist sie pragmatisch oder ideologisch?
Banga wolle aber auch die von Deutschland geforderte Reform der Bank vorantreiben und dazu auch Vorschläge der G20 überprüfen.
Kommentar: Im IWF und der Weltbank halten die USA Sperrminoritäten (16% des Votums). Solange das der Fall ist, wird der Emanzipationsprozess des Globalen Südens via AIIB (Asian Infrastructure Investment Bank) und NDB (New Development Bank) sich fortsetzen und der Bedeutungsverlust der Weltbank und des IWF zunehmen. Auch hier ist die Teilung der Welt kontinuierlich offenkundiger.
Banga sprach sich des Weiteren für eine Schuldenrestrukturierung für arme Länder aus. Solche Abkommen seien harte Arbeit und es müsse sichergestellt werden, dass Erleichterungen gerecht verteilt würden.
Kommentar: Damit bewegt sich Banga auf den Spuren Alfred Herrhausens (Sprecher der Deutschen Bank (ETR:DBKGn)), der diese Agenda bereits 1989 vertrat und auf massiven Widerstand in den Finanzzentren in New York und London traf (Herrhausen verstarb 1989 nach einem bis heute ungeklärten Terroranschlag).
Als Fazit lässt sich ziehen, dass die zunehmende Heterogenität in der Weltpolitik und der Weltwirtschaft die Erreichung der zuvor genannten Ziele untergräbt. Dieser Graben wird tiefer. Im Westen nimmt zudem im Zuge der Konfrontationen/Probleme die Infragestellung der Determinanten der freien Gesellschaften zu (beispielsweise Schutz des Eigentums, Politisierung des Rechtsstaats, "Framing", Meinungsopportunismus untergräbt Pluralismus). Ich erinnere an meine Einlassungen in dem Buch "Endlich Klartext" (2008): "Zuerst verlieren wir die freien Märkte, dann die Demokratie". Seinerzeit schrieb ich, dass ich besorgt bin. Die Sorge hat nicht nachgelassen. Es geht um Klima/Armut, aber auch um unsere eigene Verfasstheit.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Italiens IP schwach – Griechenland sticht mit Daten positiv heraus
Italien: Die Industrieproduktion sank per April im Monatsvergleich um 1,9% (Prognose +0,1%) nach zuvor -0,6%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 7,2% (Prognose -4,1%) nach -3,2%.
Griechenland: Die Industrieproduktion legte per April im Jahresvergleich um 4,2% nach zuvor 0,1% (revidiert von -0,2%) zu. Die Verbraucherpreise stiegen per Mai im Jahresvergleich um 2,8% nach zuvor 3,0%.
Indien: Devisenreserven nehmen zu
Die Devisenreserven stellte sich per Berichtszeitpunkt 2. Juni 2023 auf 595,07 Mrd. USD nach zuvor 589,14 Mrd. USD.
Russland: Leitzins unverändert bei 7,50% - CPI (J) bei 2,5%
Die Notenbank Russlands hat den Leitzins unverändert bei 7,50% belassen. Das entsprach den Erwartungen. Der Unterton ist trotz der entspannten Inflationslage in Richtung möglicher Zinserhöhungen ausgerichtet. Die Verbraucherpreise nahmen per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,4% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 2,5% (Prognose 2,4%) nach 2,3%.
Japan: Erzeugerpreise niedriger
Die Erzeugerpreise verzeichneten per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich einen Rückgang um 0,7% (Prognose -0,2%) nach zuvor +0,3% (revidiert von +0,2%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 5,1% (Prognose 5,5%) nach zuvor 5,9% (revidiert von 5,8%).
Aktuell ergibt sich für das Währungspaar EUR-USD eine neutrale Einschätzung.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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