Weniger als vier Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl am 3. November ist sehr deutlich geworden, dass die Investoren der Überzeugung sind, dass es der Wirtschaft unabhängig davon, wer ins Weiße haus einziehen wird, im Jahr 2021 besser gehen wird als im Jahr 2020, vorausgesetzt, es kommt nicht zu einem weiteren vollständigen Shutdown der US-Wirtschaft, was so gut wie sicher sein dürfte. Rückblickend ist 2020 eines der düstersten Jahre der jüngeren Geschichte, aber die medizinischen Fortschritte in den vergangenen Monaten werden 2021 zu einem Jahr der wirtschaftlichen Erholung machen. Noch wichtiger ist, dass Präsident Donald Trump und der demokratische Kandidat Joe Biden bereit sind, die Wirtschaft im neuen Jahr mit großen fiskalpolitischen Impulsen anzukurbeln. Dennoch dürfte die Volatilität in den nächsten Wochen mit größeren Handelsspannen und wilden Ausschlägen an den Devisen- und Aktienmärkten zunehmen. Die Gespräche über fiskalische Stützungsmaßnahmen in den USA und die Brexit-Verhandlungen befinden sich immer noch im Start-Stop-Modus, und bis eine Einigung erzielt wird, sind neue Schlagzeilen das größte Risiko. Ein Impfstoff steht ebenfalls vor der Tür, aber eine Ankündigung für ein Heilmittel vor den Wahlen bleibt ungewiss.
In der kommenden Woche werden wir uns, abgesehen von neuen Meldungen hinsichtlich des Konjunkturprogramms und anderen Tweets aus dem Weißen Haus, darauf konzentrieren, wie es um die Erholung in den USA bestellt ist. Die Einzelhandelsumsätze sollen zusammen mit der Empire-State-Umfrage und dem Philly-Fed-Index veröffentlicht werden. Viele Amerikaner haben im September weniger Arbeitslosenunterstützung erhalten, daher ist es wichtig, die Auswirkungen auf die Konsumausgaben zu beobachten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Konsum angesichts der Volatilität an den Aktienmärkten und der Unsicherheit hinsichtlich der Wahlen zurückgegangen ist. Die Umfragen im verarbeitenden Gewerbe werden auch einen wichtigen Einblick in die Dynamik der Wirtschaft geben, aber in vielerlei Hinsicht wird der Index des Verbrauchervertrauens der University of Michigan am aussagekräftigsten sein, was die Stimmung der Amerikaner angeht. Die Inflationszahlen stehen ebenfalls zur Veröffentlichung an, aber die Fed hat deutlich gemacht, dass die Inflation zu niedrig ist, und die jüngsten Daten sollten dies widerspiegeln. Der Dollar fiel am Freitag im Vergleich zu den meisten Währungen, und während er sich in der kommenden Woche aufgrund von Safe-Hafen-Strömen erholen könnte, drohen dem USD/JPY und dem USD/CHF weitere Verluste.
Wie wir am Donnerstag dargelegt haben, sollte der Euro viel niedriger gehandelt werden, und die deutsche ZEW-Umfrage, die nächste Woche veröffentlicht wird, könnte der perfekte Katalysator für diese Bewegung sein. Die Virus-Fälle steigen in ganz Europa an und zwingen die Regierungen, neue Restriktionen anzukündigen, die die Erholung der Region in der zweiten Jahreshälfte stark beeinträchtigen werden. Wenn man bedenkt, dass die ZEW-Umfrage die Anlegerstimmung misst, wäre eine deutliche Eintrübung nicht überraschend, aber es sind die wachsenden Restriktionen und die zunehmende Besorgnis der Zentralbank und der regionalen Regierungen, die Investoren aus dem Euro vertreiben könnten.
Das Pfund Sterling wird sich an dem Verlauf der Brexit-Gespräche orientieren, die nächste Woche fortgesetzt werden. Der EU-Gipfel am 15. Oktober war die vom Vereinigten Königreich gesetzte Frist für die Einigung auf ein Brexit-Abkommen. Premierminister Boris Johnson ist der Überzeugung, dass beide Seiten "nach vorne schauen" sollten, wenn es bis dahin keine Einigung gibt. Bedauerlicherweise erscheint eine Einigung derzeit nur schwer vorstellbar, da Brexit-Minister Michel Barnier die Gespräche am Freitag vorzeitig verließ. Die Downing Street selbst bezeichnete das letzte Treffen als hilfreich, aber wie wir bereits vorher anmerkten, kommen die meisten positiven Schlagzeilen aus Großbritannien und die meisten negativen aus der EU. Abgesehen von den Brexit-Gesprächen werden nächste Woche auch die Zahlen für den britischen Arbeitsmarkt erwartet. Das Sterling geriet am Freitag aufgrund schwächerer BIP-, Industrieproduktions- und Handelsdaten unter Verkaufsdruck.
Alle drei Rohstoffwährungen (AUD, NZD, CAD) legten am Freitag zu. Die Hauskredite aus Australien waren überraschend robust, aber die größte Überraschung kam aus Kanada, das atemberaubende Arbeitsmarktdaten meldete. Ökonomen hatten ein schwächeres Arbeitsplatzwachstum erwartet, aber mehr als 378.000 Kanadier fanden im September einen neuen Arbeitsplatz. Damit wurden die Erwartungen um mehr als das Doppelte übertroffen. Auch die Arbeitslosenquote fiel von 10,2% auf 9%, aber das Beste an dem Bericht war die Tatsache, dass fast alle neu geschaffenen Arbeitsplätze Vollzeitarbeitsplätze waren. Für die kommende Woche sind keine relevanten kanadischen Wirtschaftsberichte geplant, aber Australien wird seinen Arbeitsmarktbericht veröffentlichen und Neuseeland seinen PMI.