Das Jahr fing gut an. Die Konjunkturindikatoren jagten von einem Rekordhoch zum nächsten, während die US-Steuersenkungen die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Abkühlung der US-Wirtschaft weiter reduziert haben. Solange hohes Wachstum wie in den letzten Jahren mit unterdurchschnittlichen Inflationsraten einhergeht, brauchen sich Anleger keine Sorgen zu machen. Dies wird sich vor allem dann ändern, wenn die boomende US-Wirtschaft zusätzlich noch durch Ausgabenprogramme stimuliert wird. Eine Notenbank kann dann im Zweifelsfall nicht akkommodierend bleiben, sondern muss tendenziell restriktiver werden.
Höhere Zinsen sind derzeit nicht das einzige Problem für die Finanzmärkte. Sie können sich zudem nicht mehr darauf verlassen, dass Zentralbanken die Volatilität an den Märkten künstlich niedrig halten, in dem sie jegliche Unsicherheit über ihre Geldpolitik durch ihre vorausschauende Kommunikation beseitigen. Die sehr geringen Risikoprämien und das starke Wachstum machen es auch unwahrscheinlicher, dass die Zentralbanken wie früher Marktrückschläge sofort mittels einer expansiveren Politik abfedern würden. Der Begriff „Powell-Put“ hat sich jedenfalls anders als bei Greenspan und Bernanke noch nicht etabliert.
Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben in den USA werden dazu beitragen, dass die Nachfrage in den USA stärker steigt als in den Handelspartnern der USA. Dies wird zu einem höheren Handelsbilanzdefizit der USA und einem stärkeren US-Dollar-Angebot führen. Dies dürfte den US-Dollar belasten. Zu befürchten ist vor allem, dass ein höheres Handelsdefizit auch die protektionistischen Instinkte der US-Regierung weiter beflügelt. Bereits die derzeit diskutierten Zölle auf Stahl und möglicherweise die auf deutsche Autos tragen dazu bei, dass viel über Jahrzehnte aufgebautes Vertrauen zwischen den Alliierten zerstört wird. Dazu kommt das Vertrauen in ein ebenfalls über Jahrzehnte aufgebautes Vertrauen in ein internationales Regelwerk und Institutionen wie die Welthandelsorganisation.
Ein Handelskrieg mit den USA kommt für Europa zu einem schlechten Zeitpunkt, da es derzeit wenige Gemeinsamkeiten finden kann. Auf den Flüchtlingszustrom kann es keine gemeinsame Antwort finden. Die Brexit-Verhandlungen separieren UK von Kontinentaleuropa. Schliesslich macht der italienische Wahlausgang eine Vertiefung der Währungsunion schwieriger. Dies liegt zum einen an der europakritischen Haltung der Wahlgewinner, zum anderen aber auch an ihrem Populismus. Dieser ist eine schlechte Voraussetzung für Reformen, die bei einer Vertiefung der Währungsunion notwendig würden. Ohne Reformen, die beispielsweise die Risiken im italienischen Bankensystem reduzierten, werden sich vor allem die nordeuropäischen Länder kaum auf eine stärkere Risikoteilung beispielsweise mittels einer gemeinsamen Einlagenversicherung einlassen. Die Bankenunion wird so weiter auf sich warten lassen, unabhängig davon, dass die neue Regierung in Berlin sich vermutlich stärker auf die französischen Vorschläge zur Entwicklung der Währungsunion einlassen würde.
In diesem Umfeld haben wir unsere Wachstumsprognosen erhöht und prognostizieren für dieses Jahr einen BIP-Anstieg von 2,5% im Euroraum und 2,1% in der Schweiz. In den USA erwarten wir nun vier Zinserhöhung durch die Fed und einen Anstieg zehnjähriger Staatsanleihen auf knapp 3% zum Jahresende. Normalerweise sollte das auch zu einem stärkeren US-Dollar beitragen. Wir gehen bei jedoch bei langlaufenden Anleihen von einem noch stärkeren Zinsanstieg in Europa aus, der zehnjährige deutsche Bundesanleihen auf 0,9% hieven sollte und sehen das Doppeldefizit im US-Haushalt und der Leistungsbilanz als Dollar-belastend. Per Saldo erwarten wir nun einen EUR-USD Kurs von 1,25 zum Jahresende. Unsere Aktienmarktprognosen haben wir wie folgt reduziert: Beim Eurostoxx 50 von 3900 auf 3600, beim SMI von 9750 auf 9400, beim DAX von 14500 auf 13500 und beim S&P 500 von 2900 auf 2800. Diese Kursziele liegen in der Regel über den aktuellen Werten. Wir würden für eine Aufstockung der Aktienquoten dennoch bis Ende des zweiten Quartals warten. Allein unsere Aktienmarktprognosen für den MSCI Emerging Markets haben wir nicht reduziert. Dank eines unverändert starken Wachstums und einer niedrigen Bewertung bleiben sie unverändert gut.