Aus den Gesprächen mit unseren Kunden in den vergangen Wochen ist mir klar geworden, dass das Jahr 2017 für viele Goldanleger sehr verwirrend gewesen sein muss. Während die Fachpresse mit rund 13 Prozent Wertzuwachs derzeit das zweite starke Jahr in Folge feiert, bietet der Blick auf die Entwicklung der An- und Verkaufskurse beim Händler in 2017 ein eher ernüchterndes Bild. Wer zum Jahresende verkaufen wollte hätte bei einem Kaufzeitpunkt zum Jahresanfang kaum eine Veränderung im Preis bemerkt und bei einem späteren Einstieg in der ersten Jahreshälfte rechnerisch sogar ein Minus von bis zu 10 Prozent verzeichnet!
Grund hierfür ist der Umstand, dass der Gold international in US-Dollar notiert wird, aber Münzen und Barren hierzulande natürlich in Euro bezahlt werden müssen. Daraus ergibt sich für Edelmetallkäufer eine unfreiwillige Abhängigkeit von dem Wechselkursverhältnis zwischen Euro und Dollar. Ist der Euro relativ stark, bekomme ich mehr Dollar für meine Euro und damit auch mehr Gold (bei gleichbleibenden USD-Goldkursen). Auf diese Weise hat also der 14 Prozente Wertzuwachs des Euro den ganzen theoretischen Gewinn des Goldkurses in US-Dollar für 2017 zu Nichte gemacht.
Auf der Gegenseite bedeutet diese Abhängigkeit jedoch für Goldbesitzer auch einen Schutz vor einem Wertverlust des Euro gegenüber dem Dollar. So hat der Rückgang des Wechselkurses um knapp 24 Prozent von 1,37 Dollar pro Euro Anfang 2014 auf nur noch 1,05 Ende 2016 dem europäischen Goldanleger ein sattes Plus von fast 17 Prozent in drei Jahren beschert, obwohl der Kurs in US-Dollar im gleichen Zeitraum sogar um 7 Prozent gefallen ist. Wer Gold oder Silber hält, ist also gegen das von so vielen Analysten vorhergesagte Scheitern des Euros abgesichert.
Doch was ist, wenn der Euro sich in den nächsten Jahren weiterhin so stark entwickeln sollte, wie er es in 2017 getan hat? Drohen dann Goldanlegern weitere Durststrecken ohne Wertzuwachs oder gar ernstzunehmende Verluste? Theoretisch schon, aber ich kann Sie beruhigen: Realistisch betrachtet ist die Antwort ein recht eindeutiges „Nein“. Eine solche alleinige Stärke des Euro wäre nämlich nach meiner Einschätzung nur möglich, sollte sich der Euro unerwartet als nachhaltig stabil sowie problem- und krisenfrei erweisen – eine Entwicklung, welche beim groben Blick auf die Überschuldung und die unlösbaren Konstruktionsfehler unserer Gemeinschaftswährung auf absehbare Zeit mehr als unwahrscheinlich erscheint. Zumal bei jeder spürbaren Aufwertung des Euros mit Gegenmaßnahmen der EZB gerechnet werden darf, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exportwirtschaft nicht zu gefährden.
Wenn also ein isoliertes Aufwerten des Euro gegenüber seinen Währungskonkurrenten nahezu ausgeschlossen werden kann, wie wäre es dann mit einer einseitigen Krise des US-Dollars, wie sie beispielsweise durch den Verlust des Petro-Dollar-Status drohen könnte? Nun, dann würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Goldkurs in Dollar überproportional ansteigen und mögliche Wechselkursverluste mehr als ausgleichen. Gold ist zum US-Dollar negativ korreliert, d.h. fällt der Greenback gegenüber seinen Währungskonkurrenten, steigt der Goldpreis in der Regel zeitgleich an. Dieser empirisch belegte Zusammenhang macht umso mehr Sinn wenn man sich verdeutlicht, dass internationale Goldkäufer bei fallendem Dollar plötzlich mehr Gold für ihre Euro, Yen oder Yuan bekommen, wodurch die Nachfrage nach Gold und in der Folge auch der Kurs in Dollar steigt.
Sie sehen also: Auch wenn die Euro-Dollar-Beziehung sich, wie im vergangenen Jahr, mal kurzfristig negativ auf ihr Edelmetallinvestment auswirken kann, bietet sie in der langen Frist eigentlich nur Vorteile: Wertet der Euro ab – beispielsweise in Folge einer erneuten Staatsschuldenkrise – steigt der Goldpreis in Euro. Gerät hingegen, wie seit Jahresbeginn, der Dollar international unter Druck, steigt der Goldpreis in Dollar und hebt damit den Wechselkursverlust in der Regel mindestens wieder auf. Selbst wenn die Hauptwährungen zueinander halbwegs stabil bleiben sollten, gleicht Gold durch seine natürlich Knappheit in der langen Frist die systembedingte Inflation dieser Kreditwährungen aus. Zu guter Letzt schützt es, als älteste und einzige Währung ohne Gegenparteirisiko, vor einem nie gänzlich auszuschließenden Totalausfall unseres krisenanfälligen Schuldgeldsystems – völlig unabhängig vom Einstandskurs.