Jahrelang haben die Immobilienverwalter von Grand City Properties (ETR:GYC) (GCP) von niedrigen Zinsen und steigenden Immobilienpreisen profitiert. Doch seit in Folge von Covid-Krise und Ukraine-Krieg Inflationsdruck besteht, wird der Aktienkurs erheblich belastet durch die restriktive Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Obwohl GCP nach wie vor solide Cashflows erwirtschaftet, hat die Notierung zwischenzeitlich 75 % der einstigen Höchstkurse wieder abgegeben, doch weitere Zinssenkungen könnten den Aktienkurs wieder beflügeln.
Immobilienverwalter aus Luxemburg – verdienen ihr Geld mit dem Erwerb und der Vermietung von Wohnimmobilien, mit Schwerpunkt auf deutsche Ballungsgebiete. Das Konzept besteht darin, die erworbenen Immobilien durch Umbaumaßnahmen erheblich aufzuwerten, um die Mieterlöse und Renditen zu maximieren. Neben den stetigen Einnahmen aus der Vermietung spiegelten sich im relativ hohen Bewertungsniveau der Aktie über die letzten 10 Jahre die Effekte aus der regelmäßigen bilanziellen Neubewertung des Immobilienbestands wider. In Zeiten von Null-Zinsen und steigender Nachfrage nach Immobilien quittierten Anleger den stetigen Wertzuwachs des Immobilien-Portfolios mit starken Kursanstiegen.
Als Anfang 2022 der Inflationsdruck in Folge von Covid-Krise und Ukraine-Krieg über Hand nahm und die EZB die Zinsen schrittweise von 0 auf 4,5 % erhöhte, wurde die Aktie von GCP (ISIN: LU0775917882) – die einst bei 24 EUR notierte – bis April 2023 ab verkauft auf 6 EUR (-75 %). Obwohl die Funds From Operations (FFO) – also die regelmäßigen operativen Einnahmen aus dem Vermietungsgeschäft – mit einer Leerstandsquote von gerade mal 3,9 % über die letzten Jahre nur unwesentlichen Schwankungen unterlagen, wirkte sich das deutlich höhere Zinsniveau erheblich negativ auf die regelmäßige Neubewertung des Immobilienbestands aus, da die künftigen Zahlungsströme bei der Wertermittlung mit einem höheren Diskontsatz abgezinst werden wenn der Leitzins steigt. Daraus resultierte letztlich auch eine Neubewertung der Aktie durch die Anleger.
Chancen und Risiken
Ein Blick auf die Vermögenslage und die Ertragsentwicklung lässt an der Solidität des Geschäftsmodells keine Zweifel aufkommen. Seit 2012 hat sich der Umsatz von GCP verzehnfacht von rund 60 auf zuletzt 597 Mio. EUR 2024. Allerdings stagniert die einst steile Wachstumsdynamik von GCP seit mehreren Jahren, was im Wesentlichen dem regulatorischen und gesamtwirtschaftlichen Umfeld geschuldet ist. Für solides Wachstum ist GCP darauf angewiesen, künftige Investitionen zu vorteilhaften Konditionen zu refinanzieren. Aktuell verfügt GCP über ein ausreichendes Liquiditätspolster und die Refinanzierung findet momentan noch zu moderaten 1,9 % statt. Doch Deutschlands jüngst beschlossene Schuldenorgie und die damit einhergehend gestiegenen Anleiherenditen – diese dienen als Basis für langfristige Finanzierungen am Kapitalmarkt – könnten das Ergebnis bei der Finanzierung künftiger Projekte stärker belasten. Hinzu kommen gestiegene Kosten für Personal, Energie und Umbaukosten von Neuimmobilien.
Dem gegenüber steht jedoch die Chance, dass die Aktie in Folge weiterer Zinssenkungen der EZB wieder alte Bewertungsniveaus erreichen könnte. Aktuell liegt der Einlagensatz der EZB bei 2,5 %, Analysten rechnen bis Ende 2025 jedoch mit einem Leitzinsniveau zwischen 1,5 und 2 %. Sie sehen die EZB unter Zugzwang den Leitzins weiter zu senken, um ein Unterschreiten des Inflationsziels von 2 % zu verhindern, als Folge der anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche im Euro-Raum. Auf dieser Basis könnte eine Neubewertung des Immobilienbestands den Gewinn wieder deutlich steigern und damit würde auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass sich das stark gesunkene Bewertungsniveau erholt.
Ein weiteres Argument: Auf der Suche nach Alternativen zum stark gebeutelten US-Aktienmarkt könnten Anleger wieder verstärkt investieren in deutsche Small Caps, die unabhängiger sind vom US-Markt und der Zoll-Thematik. Bereits seit einigen Monaten ist eine Kapitalverschiebung raus aus US-Aktien in den europäischen Aktienmarkt erkennbar und statistisch betrachtet profitieren gerade Small Caps erheblich stärker von sinkenden Leitzinsen als große Unternehmen. Die Analystenstimmen für GCP sind insgesamt gemischt, wobei 7 von 15 befragten Analysten die Aktie zum Kauf empfehlen. 6 Analysten raten hingegen zum Halten und immerhin 2 raten zum Verkauf. Die Kursziele liegen zwischen 10 und 19,70 EUR.
Bewertung auf Basis der Funds From Operations (FFO I)
Für unsere Bewertung ziehen wir das Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) auf Basis der Funds From Operations (FFO I) heran, wie sie von GCP regelmäßig bekannt gegeben werden. Seit 2022 ist ein deutliches Absinken des KCV zu erkennen, bei einem leicht rückläufigen FFO I, der sich 2023 und 2024 bei 1,07 bis 1,08 EUR je Aktie stabilisiert hat (2022: 1,14 EUR).In Relation zum FFO I lag der jährliche Tiefstkurs 2022 bis 2024 im Mittel bei einem KCV von 7.
In den Jahren 2019 bis 2021 lag der Wert am Jahrestief noch regelmäßig über 17 und am Jahreshoch im Durchschnitt beim 22-Fachen. In den letzten beiden Jahren lag das KCV am Jahreshoch im Durchschnitt nur noch beim 11,6-Fachen des FFO I. GCP prognostiziert für 2025 ein Umsatzwachstum von 3,5 % auf vergleichbarer Basis (like for like) und einen FFO I von 1,05 EUR je Aktie. Auf Basis der zuvor genannten KCVs von 7 und 11,6 berechnen wir damit einen Einstiegskurs von 7,40 EUR und ein Kursziel von 12,10 EUR.
Charttechnik
In dem seit Oktober 2024 laufenden Abwärtstrend vollzieht die Notierung von GCP aktuell den Versuch einer Bodenbildung im Bereich von 9 bis 9,20 EUR, knapp unterhalb des oberen Trendverlaufs bei ca. 10,30 EUR, der vorletzte Woche zunächst erfolglos getestet wurde. Hält der Boden und gelingt der Trendbruch, dann dürfte zunächst mit einem Test der 200-Tage-Linie (11,50 EUR) zu rechnen sein. Oberhalb der 200-Tage-Linie wird das Aufwärtspotenzial anschließend durch eine langfristige Trendlinie (grau) begrenzt, die aus mehreren markanten Punkten im Kursverlauf seit 2020 resultiert.
Unterhalb der Unterstützung von 9 EUR liegt eine weitere langfristige Trendlinie (blau), die im Bereich von 8 bis 8,50 EUR Halt bieten dürfte. Im Verlauf der relativen Stärke (RSI) auf Basis von 14 Wochen ist bereits ein Bruch des Abwärtstrends erkennbar, der allerdings noch nicht nachhaltig erscheint. Die Entwicklung weist jedoch schon eine leichte Divergenz zum Kursverlauf auf. Ein Kaufsignal ergibt sich frühestens mit dem Bruch des Abwärtstrends der Kursnotierung.
Fazit
Zwar ist der Kauf der Aktie im Wesentlichen eine Wette auf die Entwicklung der Leitzinsen, allerdings ist das Bewertungsniveau im historischen Vergleich schon extrem niedrig, was das Abwärtspotenzial begrenzen dürfte. Zinssenkungen der EZB sollten das Bewertungsniveau eher wieder beflügeln. Auf Basis der FFO I-Prognose von 1,05 EUR je Aktie für 2025 halten wir die Aktie für fair bewertet. Ein positiver Impuls für die Kursentwicklung wurde aus unserer Sicht mit dem Jahresabschluss 2024 geliefert, mit dem GCP die Erwartungen des Marktes übertroffen hat. Wir sehen die Aktie daher als Kauf, unter der zwingenden Bedingung, dass charttechnisch der seit Oktober 2024 bestehende Abwärtstrend zunächst überwunden wird. Bis zu unserem Kursziel von 12,10 EUR besteht aktuell eine Gewinnchance von 26 %. Teilkäufe sind ratsam, um bei weiteren Kursrückgängen von Cost-Average-Effekten zu profitieren.
Investmentidee(n) auf GCP
Einen vorsichtigen Einstieg in die GCP-Aktie bieten auch Discount-Zertifikate, etwa das neutral ausgerichtete Papier mit der WKN DE000DJ70104 Wird der Cap (Höchstauszahlungsbetrag) von 10 EUR bei Fälligkeit im Dezember 2025 erreicht oder überschritten, erzielen Anleger die Maximalrendite von 16,1 % (23,4 % p.a.). Der Cap liegt derzeit 4,5 % über dem aktuellen Kurs. Bleibt der Aktienkurs unter dem Cap, verringert sich der Gewinn, der Break-Even liegt bei 8,49 EUR.