Das Wichtigste in Kürze
- Honeywells Gewinne sind in den letzten Jahren nicht mehr gewachsen
- Die Aktien haben sich deutlich schlechter entwickelt als der US-Aktienmarkt
- Es wird in Produktlinien investiert, die die künftigen Erträge steigern dürften.
- Der Konsens an der Wall Street ist optimistisch
- Der vom Markt implizierte Ausblick ist optimistisch
Die Honeywell (NASDAQ:HON)-Aktien sind in den letzten 12 Monaten um 7,8 % gefallen. Im gleichen Zeitraum erzielte der US-Aktienmarkt insgesamt ein Plus von 12,3 %.
Die schlechte Performance spiegelt die geringen Erwartungen an das Gewinnwachstum in den nächsten Jahren wider. Honeywell befindet sich in einer Übergangsphase. Der Technologie- und Industriegigant investiert in Geschäftsbereiche mit voraussichtlich starkem Wachstum und potenziell höheren Gewinnspannen (u. a. Quantencomputer, Batterietechnologie, umweltfreundliche Kraftstoffe und Kohlenstoffabscheidung), doch das EPS-Wachstum ist gegenwärtig gering. Es stellt sich daher die Frage, ob es sich lohnt, gerade jetzt in dieses Unternehmen zu investieren.
Quelle: Investing.com
HON wechselt gegenwärtig den Besitzer für 194,44 Dollar und handelt damit 17 % unter dem Höchstkurs der letzten 12 Monate von 234,18 Dollar am 11. August.
Die Gesamtrendite der letzten drei Jahre von 8,72 % pro Jahr ist nicht einmal halb so hoch wie die Gesamtrendite des S&P 500 im gleichen Zeitraum. Über einen Zeitraum von 10 und 15 Jahren erzielten die Wertpapiere allerdings die gleiche Rendite wie der US-Aktienmarkt.
Quelle: Morningstar
Ein Blick auf die vergangenen Quartalsergebnisse erklärt, warum sich die Aktie des in Charlotte, North Carolina, ansässigen Mega-Cap-Unternehmens nicht so gut entwickelt hat. Auch wenn Honeywell über einen längeren Zeitraum die Erwartungen des Marktes erfüllt oder sogar geringfügig übertroffen hat, gibt es doch kein Wachstum. Mit einem EPS von 2,06 Dollar im Q4 2019, 2,07 Dollar im Q4 2020 und 2,09 Dollar im Q4 2021 sind die Werte fast identisch.
Quelle: E-Trade
Mit einer aktuellen Dividendenrendite von 2 % und einem Dividendenwachstum von 5,8 % bzw. 7,4 % in den nächsten drei und fünf Jahren ergibt sich nach dem Gordon Growth Model eine erwartete Gesamtrendite im Bereich von 8 bis 9 % jährlich. Die Konsensprognose für das EPS-Wachstum in den nächsten drei bis fünf Jahren liegt bei 9,65 % pro Jahr.
All diese Zahlen lassen auf ein stabiles Unternehmen schließen, das seine Dividende im Verhältnis zum erwarteten Gewinnwachstum in einem konservativen Tempo erhöht. Die entscheidende Frage ist: Kann Honeywell dieses erwartete Maß an Wachstum auch erreichen?
Am 18. Oktober 2021 stufte ich die Aktie als "buy" ein. Seitdem hat die Aktie um -10,9% an Wert eingebüßt, gegenüber +2% für den S&P 500.
Das Unternehmen meldete in diesem Zeitraum Gewinnzahlen für das 3. Quartal 2021 und das 4. Quartal 2021 und übertraf in beiden Fällen die EPS-Erwartungen nur knapp.
Meine optimistische Einschätzung im Oktober 2021 war durch die Erwartung begründet, dass Honeywell in der Lage sein würde, aus seiner Gewinnflaute herauszufinden. An der Wall Street herrschte unter den Analysten ein positiver Konsens mit einem 12-Monats-Kursziel von fast 240 USD, was etwa 8,7 % über dem damaligen Aktienkurs lag. Auch der Optionsmarkt deutete auf eine moderate Aufwärtsbewegung hin. Diese positiven Aussichten stützten meine Kaufempfehlung. Das erwartete Gewinnwachstum lässt allerdings noch auf sich warten, weshalb die Aktien im Vergleich zum breiteren Markt nachgegeben haben.
Für Leser, die mit dem Konzept der marktimplizierten Prognose noch nicht vertraut sind, ist eine kurze Erklärung erforderlich. Der Preis einer Aktienoption spiegelt die übereinstimmende Einschätzung des Marktes über die Wahrscheinlichkeit wider, dass der Aktienkurs bis zum Ablauf (dem Verfall) einer Option höher (Call-Option) oder niedriger (Put-Option) als ein bestimmtes Niveau (der Ausübungspreis der Option) sein wird. Die Analyse der Preise von Kauf- und Verkaufsoptionen mit unterschiedlichen Strikes (Ausübungspreisen), die aber alle das gleiche Verfallsdatum haben, ermöglicht eine probabilistische (auf der Wahrscheinlichkeitstheorie beruhende) Preisprognose unter Einbeziehung von Preisen im Optionsmarkt. Dies ist eine vereinfachte Zusammenfassung des Konzepts, das den impliziten Konsens von Käufern und Verkäufern von Optionen in Bezug auf eine Aktie darstellt. Lesern, die sich für diese Materie interessieren und mehr wissen wollen, empfehle ich die folgende hervorragende Monographie des CFA Institute (englischer Sprache). Sie ist beim CFA Institute kostenlos erhältlich.
Da seit meiner letzten Bewertung mehr als sechs Monate vergangen sind, habe ich die marktimplizite Prognose für HON bis Anfang 2023 aktualisiert und mit den aktuellen Konsensaussichten der Wall Street verglichen.
Der Wall Street-Konsensausblick für HON
E-Trade ermittelt den Konsensausblick der Wall Street für HON, indem es die Einschätzungen der 15 führenden Analysten zusammenfasst, die in den letzten 90 Tagen Ratings und Kursziele veröffentlicht haben. Das Konsensrating ist bullish und das Konsenskursziel für die nächsten 12 Monate liegt 16,1 % über dem aktuellen Aktienkurs.
Quelle: E-Trade
Der von Investing.com ermittelte Wall Street-Konsens umfasst die Kursziele und Einschätzungen von 28 Analysten und ergibt ein 12-Monats-Kursziel, das 12,7 % über dem aktuellen Aktienkurs liegt.
Auch wenn die Preisziele niedriger ausfallen als noch im Oktober, so ist der erwartete Kursanstieg aufgrund des Kursrückgangs in diesem Zeitraum höher. Bei einem erwarteten Kurszuwachs von durchschnittlich 14,4 % und einer Dividendenrendite von 2 % ergibt sich eine erwartete Gesamtrendite von 16,6 % für die nächsten 12 Monate.
Marktimplizierter Ausblick für HON
Ich habe die marktimplizierten Aussichten für HON für den Zeitraum von 9,5 Monaten von heute bis zum 20. Januar 2023 anhand der Optionspreise berechnet, die an diesem Datum auslaufen. Ich entschied ganz bewusst für dieses Verfallsdatum, um einen Ausblick bis Ende 2022 zu geben, und das Verfallsdatum im Januar entsprach ungefähr dem Jahresende.
Die Standarddarstellung der marktimplizierten Aussichten stellt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kursrendite dar, wobei die Wahrscheinlichkeit auf der vertikalen Achse und die Rendite auf der horizontalen verläuft.
Quelle: Berechnungen des Autors unter Einbeziehung der Optionspreise von E-Trade
Die marktimplizierten Aussichten für HON für die nächsten 9,5 Monate sind insgesamt symmetrisch, mit vergleichbaren Wahrscheinlichkeiten für positive und negative Renditen in der gleichen Größenordnung, aber die maximalen Wahrscheinlichkeiten tendieren zu Gunsten positiver Renditen. Die Maximalwahrscheinlichkeit entspricht einer Kursrendite von +4% in diesem Zeitraum. Die aus diesem Ausblick errechnete erwartete Volatilität beträgt 25% (auf Jahresbasis).
Um den direkten Vergleich der Wahrscheinlichkeiten für positive und negative Renditen zu erleichtern, habe ich den negativen Teil der Verteilung um die vertikale Achse gedreht (siehe Grafik unten).
Quelle: Berechnungen des Autors unter Einbeziehung der Optionspreise von E-Trade
Aus dieser Ansicht geht hervor, dass die Wahrscheinlichkeiten positiver Renditen durchweg höher sind als die Wahrscheinlichkeiten negativer Renditen derselben Größenordnung, und das über einen breiten Bereich der wahrscheinlichsten Ergebnisse (die durchgezogene blaue Linie liegt über der gestrichelten roten Linie im linken Dreiviertel des obigen Schaubilds). Daraus ergibt sich ein leicht positiver Ausblick für HON.
Zusammenfassung
Auch wenn Honeywell seine Gewinne in den letzten Jahren nicht steigern konnte, investiert das Unternehmen in Geschäftsbereiche mit höheren Margen, welche die Erträge steigern dürften.
Die Konsensprognose der Wall Street ist optimistisch, mit einem 12-Monats-Kursziel, das 16,6 % Gesamtrendite verspricht. Als Faustregel gilt, dass ich für eine Kaufempfehlung eine erwartete 12-Monats-Rendite sehen möchte, die mindestens die Hälfte der erwarteten annualisierten Volatilität beträgt.
Glaubt man dem Wall Street-Konsens, so liegt die Rendite von 16,6 % bei mehr als der Hälfte der erwarteten Volatilität von 25 %, die sich aus den Markterwartungen ableiten lässt. Die marktimplizierten Aussichten für HON bis Anfang 2023 sind leicht bullisch, daher halte ich an meiner bullischen Einschätzung für HON fest.