Am Mittwoch, den 28. Juli, beließ die Federal Reserve die Geldpolitik unverändert. Die Notenbank hat angedeutet, dass sich die Wirtschaft allmählich den Zielen nähert, die eine Änderung der Politik nach sich ziehen würden, hat aber darauf hingewiesen, dass es noch viel mehr braucht. Wir gehen indes davon aus, dass die Fed zu gegebener Zeit wahrscheinlich sehr viel aggressiver handeln muss als erwartet.
Während der Pressekonferenz wurde deutlich, dass das Problem, das die Fed zurückhält, der Arbeitsmarkt ist. Die jüngsten Wirtschaftsdaten sprechen dafür, dass die Inflation über dem Trend liegt, und Jay Powell wies darauf hin, dass die Teuerung oberhalb des 2 %-Ziels der Fed rangiert. Die Federal Reserve hat bereits mehrfach betont, dass sie sich eine Reihe solider Arbeitsmarktdaten wünscht. Wenn man über diese Aussage nachdenkt und noch einen Schritt weiter geht, scheint die Fed so zuversichtlich zu sein, dass die Inflationsraten wieder auf ihr Ziel zurückgehen werden, dass sie bereit ist, auf die Inflation zu wetten, während sie auf eine rasche Erholung am Arbeitsmarkt wartet.
Seit der Juni-Sitzung wirkt der Anleihemarkt nervös, und diese Nervosität hat sich nach der FOMC-Sitzung im Juli offenbar noch einmal bestätigt. Die Reaktion, dass die langfristigen Zinsen in den letzten Wochen gesunken und die kurzfristigen Zinsen gestiegen sind, hat zu einer drastischen Abflachung der Renditekurve geführt. Wie wir wissen, ist eine Abflachung der Kurve ein Zeichen dafür, dass der Anleihemarkt für die Zukunft ein langsameres Wirtschaftswachstum erwartet.
Interessanter ist jedoch, dass die Fed, wenn sie sich auf die Beschäftigungskomponente ihres doppelten Mandats beschränkt, das Risiko eingeht, dass die Inflationsraten noch weiter ansteigen werden. Der Anleihemarkt vermittelt den Eindruck, dass die US-Notenbank bei der Beendigung der derzeitigen Geldpolitik und dem Übergang zu einem strafferen Kurs sehr viel aggressiver vorgehen muss, was das Wirtschaftswachstum verlangsamt, sobald dieser Zyklus beginnt.
Es ist zwar nicht klar, wann die Fed zu dem Schluss kommen wird, dass weitere Fortschritte erzielt worden sind, da es offenbar kein konkretes Ziel gibt, aber man kann davon ausgehen, dass eine Reihe von robusten Arbeitsmarktberichten den Ausschlag dafür gibt, dass die Fed den Straffungszyklus in Angriff nimmt. Sollte die Zentralbank tatsächlich auf ein solches Signal warten, so könnte es bereits im September oder Oktober dazu kommen.
Viele Staaten haben bereits im Juli damit begonnen, das erweiterte Arbeitslosengeld einzustellen. Bis September werden die übrigen Bundesstaaten die zusätzlichen Programme beenden. In diesem Falle dürfte sich der starke Beschäftigungsbericht vom Juni auf den Juli übertragen, gefolgt von einem starken Bericht im August und September. Damit hätte die Fed bis zur September-Sitzung drei und bis Oktober vier Arbeitsmarktberichte zur Hand. Sollte die Fed eine Reihe von robusten Beschäftigungsberichten wünschen, so dürfte Powell bis September oder Oktober über diese Reihe von Berichten verfügen.
Das große Risiko besteht hier jedoch eindeutig darin, dass die Fed, wenn sie mit ihren geldpolitischen Maßnahmen wartet und nicht damit beginnt, ihre Bilanz etwas zu verringern, das Wagnis eingeht, dass sich die Inflationsraten noch weiter vom 2 %-Ziel entfernen werden. Derzeit liegen die 10-jährigen Breakeven-Inflationserwartungen bei etwa 2,4 % und schon seit einiger Zeit deutlich über 2 %, während die fünfjährigen Breakeven-Inflationsraten mit fast 2,6 % noch höher liegen.
Wenn der Anleihemarkt Recht behält, dürfte sich das Wirtschaftswachstum künftig verlangsamen, und zwar schneller, als die meisten denken. Der Grund dafür ist, dass die Fed eine Aufholjagd starten muss, die zu einer sehr viel aggressiveren Geldpolitik führt, die jedoch hätte vermieden werden können, wenn das Tapering früher in Angriff genommen worden wäre.